Söder muss nicht in den Knast, aber die Diesel müssen raus

Daniel Hertwig

E-Mail

27.8.2018, 11:27 Uhr
Als Markus Söder den Amtseid ablegte, ahnte er wohl noch nicht, dass ein paar Monate später über einen Gefängnisaufenthalt spekuliert werden würde (Archivbild).

© Peter Kneffel/dpa Als Markus Söder den Amtseid ablegte, ahnte er wohl noch nicht, dass ein paar Monate später über einen Gefängnisaufenthalt spekuliert werden würde (Archivbild).

Falls Ministerpräsident Markus Söder oder sein Umweltminister Marcel Huber kurz vor der Landtagswahl ins Gefängnis müssten, wäre das a) eine Katastrophe für die CSU im Ringen um Wählerstimmen, oder b) ein Vorteil, da die Opferrolle ihr sogar hilft? Noch ist das alles Spekulation - ob es wirklich so weit kommt, werden Juristen entscheiden.

Zumindest erwägt aber der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, von EU-Richtern prüfen zu lassen, ob eine "Erzwingungshaft gegen Amtsträger" rechtlich machbar wäre. Zwar genießt in Deutschland nur der Bundespräsident von Amts wegen Immunität, die Kanzlerin, Ministerpräsidenten und Kabinettsmitglieder nicht. Da sie aber fast immer auch Abgeordnete im Parlament sind, sind sie trotzdem abgesichert. Ob eine Erzwingungshaft bei ihnen möglich ist, können nur Rechtsexperten beantworten. Fraglich ist das auch, weil das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil vor 20 Jahren nicht ausdrücklich die Beugehaft gegen Amtsträger erlaubt hat, heißt es in einem Schreiben der Verwaltungsrichter an die Deutsche Umwelthilfe, die den Prozess ins Rollen gebracht hatte.

Bayern verstößt gegen geltendes Recht

Fakt ist: Der Freistaat Bayern verstößt seit vergangenem Jahr gegen geltendes Recht, indem er rechtskräftige Gerichtsurteile nicht umsetzt. Zwangsgelder von 10.000 Euro wurden deshalb bereits festgesetzt - die der Staat zahlte, um seine Politik nicht ändern zu müssen. Im Mittelpunkt steht die Stickstoffdioxidbelastung durch Dieselmotoren in München: Bayern weigert sich, über einen Luftqualitätsplan für Abhilfe zu sorgen und so Gesundheitsrisiken von den Bewohnern der Landeshauptstadt abzuwenden.

Obwohl eigentlich die Regierung von Oberbayern zuständig ist, erwägt das Gericht ausdrücklich auch die Erzwingungshaft gegen Söder, da von ihm abgegebene Erklärungen darauf hindeuteten, dass er in diesem Fall seine Richtlinienkompetenz ausübte.

Gesundheit geht vor Individualverkehr

Wie auch immer die Geschichte ausgeht, Bayern muss endlich mehr gegen gesundheitschädliche Luftverschmutzung tun. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wurde in München vergangenes Jahr klar gerissen, mit einem Jahresmittel von 78 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch Nürnberg liegt seit Jahren über dem erlaubten Stickstoffdioxidwert.

Wenn alles andere nicht fruchtet, müssen Fahrverbote für Diesel-Pkw folgen. Ausnahmen für bestimmte Nutzer, beispielsweise Handwerker, wären sicherlich drin, wenn dafür viele andere Privatautos nicht mehr in die Stadtzentren dürften. Saubere Luft und damit die Gesundheit von Hunderttausenden Städtern sind ein höheres Gut als das individuelle Mobilitätsbedürfnis und die Gewinnmargen der Autokonzerne.

20 Kommentare