Deutschland macht Schlagzeilen

„Starke Demokratie ist Vergangenheit“: Das schreibt die Presse weltweit nach der Bundestagswahl 2025

24.02.2025, 11:17 Uhr
Auch die internationale Presse berichtet über die Bundestagswahl - das sagen die Gazetten weltweit zum Wahlergebnis in Deutschland (Symbolbild).

© Lutz Wallroth via www.imago-imag/IMAGO/Shotshop Auch die internationale Presse berichtet über die Bundestagswahl - das sagen die Gazetten weltweit zum Wahlergebnis in Deutschland (Symbolbild).

Die Union hat die Bundestagswahl klar gewonnen und dürfte mit Friedrich Merz den nächsten Kanzler stellen. Nach dem vorläufigen Ergebnis kommt die rechte AfD auf Platz zwei. Dazu schreibt die internationale Presse:

Österreich

"Der Standard": "Die deutsche Bundestagswahl zeigt Europa, dass die Zukunft des Kontinents keinesfalls rechtsextrem ist. (...) Dass Alice Weidel eine Verdopplung in den vergangenen vier Jahren gelungen ist, spricht Bände: Die Migrationsfrage, die im deutschen Parteiendiskurs traditionell am liebsten ausgeklammert wurde, spielt ihr in die Hände. (...) Die AfD bleibt für die nächste Wahl 2029 brandgefährlich, kann jetzt aber nicht die Macht übernehmen und nichts zerstören – wenn die CDU nicht so umkippt wie zwischenzeitlich die ÖVP."

"Die Presse": "Der CDU-Chef wird auch daran gemessen werden, den Höhenflug der Rechtspopulisten, mit denen er keinesfalls gemeinsame Sache machen will, zu stoppen und ihren Einfluss zurückzudrängen. (...) Merz muss den Mutmacher spielen, der die deutsche Wirtschaft nach oben zieht und dem Land das Gewicht zurückgibt, um im Kampf der Großen zu bestehen. Erste außenpolitische Ansagen an die Adresse Donald Trumps und Elon Musks waren durchaus vielversprechend."

Schweiz

"Neue Zürcher Zeitung": "Mit linkem Populismus und dem Schüren irrationaler Ängste vor einer vermeintlichen Rückkehr des Faschismus lassen sich in Deutschland ganz offensichtlich gute Ergebnisse erzielen. (…) Dabei darbt die Wirtschaft und tiefgreifende Reformen sind wichtiger denn je. Die Parteien am linken Rand und ihre Wähler haben das offenbar nicht mitbekommen. Das ist keine gute Nachricht."

"Tages-Anzeiger": "Wäre die AfD eine normale Partei, könnte der konservative Merz mit ihr jetzt eine Regierung bilden. Doch Merz hält die AfD nicht nur für rechtsradikal, ausländerfeindlich und antisemitisch, sondern auch für umstürzlerisch, nach innen wie nach außen. Friedrich Merz‘ bevorzugter Regierungspartner wäre die SPD. Ob sie seine Asylpolitik mitträgt, ist unklar. Es wird für ihn also schwierig, eine Koalition zu bilden. Scheitert er, könnte sein Traum von der Kanzlerschaft doch noch platzen."

Großbritannien

"Guardian": "Es scheint praktisch sicher zu sein, dass Friedrich Merz - ein ehemaliger Banker, der noch nie Minister war - der nächste Bundeskanzler Deutschlands wird (...). So schwierig die innenpolitische und wirtschaftliche Lage Deutschlands selbst auch sein mag, viele der drängendsten Herausforderungen, vor denen Merz steht, dürften aus dem Ausland kommen. Der Mann, der einst Beifall für die Behauptung bekam, er könne das Leben von Millionen von Menschen verbessern, indem er die Steuerregeln so weit vereinfacht, dass sie auf einen Bierdeckel passen, ist heute mit einer weitaus komplexeren Realität konfrontiert."

Dänemark

"Politiken": "Viel zu lange lag Deutschland im Dornröschenschlaf. Jetzt muss es aufwachen. Deutschland und ganz Europa stehen massiven Veränderungen gegenüber, die Mut, Handlung und politisches Geschick erfordern. Friedrich Merz war bislang nicht gerade für seine politische Flexibilität bekannt, aber jetzt ist es entscheidend, dass er dazu imstande ist, die notwendigen Kompromisse einzugehen."

Norwegen

"Verdens Gang": "Die politische Mitte ist in der Lage, mit der Bedrohung durch die extreme Rechte umzugehen. Die liberale Demokratie ist in Deutschland stark. Doch der Zuwachs der AfD ist ein Gefahrensignal. Sie nutzen Unzufriedenheit und Misstrauen effektiv aus. Wenn Merz nicht liefert, kann die AfD bei der nächsten Wahl noch stärker werden."

Niederlande

"De Telegraaf": "Das für Asylfragen zuständige Mitglied der neuen deutschen Regierung wird bald als Mitentscheider in Brüssel am Tisch sitzen und eine gewichtige Stimme haben. (...) Natürlich hängt alles davon ab, ob die künftige Regierungskoalition in Berlin stabil ist. Für eine parlamentarische Mehrheit wird sich Merz mit ziemlicher Sicherheit nach links orientieren, aber zugleich wird er beim Thema Migration in den kommenden Jahren den heißen Atem der erheblich gestärkten rechtsextremistischen AfD im Nacken spüren. Mit anderen Worten: Der neue Bundeskanzler kann sich keine politische Schwäche erlauben."

Polen

"Gazeta Wyborcza": "Wir haben uns daran gewöhnt, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene deutsche Demokratie als stark und unveränderlich wahrzunehmen. (...) Doch das ist nun Vergangenheit. Die Regierung des Sozialdemokraten Olaf Scholz brach Ende letzten Jahres auseinander, weil die Parteien, die sie bildeten, den Herausforderungen, vor denen das Land steht, nicht gewachsen waren. (...) Vieles in Europa wird davon abhängen, mit wem Merz regiert und wie er regiert. Ein schwaches Deutschland bedeutet eine schwache EU. Genau darauf setzen (Russlands Präsident Wladimir) Putin und Trump."

Spanien

"La Vanguardia": "Deutschland braucht eine stabile Regierung, die Lösungen bietet für Herausforderungen wie Einwanderung, Sicherheit, Wohnraummangel, die zunehmende Polarisierung, die Suche nach Alternativen zu einem überholten Wirtschafts- und Industrie-Modell, das zwei Jahre Rezession verursacht hat, sowie auch für die neuen geopolitischen Herausforderungen, die durch Trump aufgeworfen werden. Wenn die zukünftige Regierung in Berlin nicht stabil und stark ist und diese Probleme nicht löst, könnte der Rechtsruck eines Teils der Wählerschaft sich verstärken - und die AfD 2029 zur meistgewählten Partei in Deutschland werden."

Portugal

"Correio da Manhã": "Der zukünftige Kanzler, Friedrich Merz, ein sehr erfahrener Politiker, wird sich der tiefen Wirtschaftskrise stellen müssen, die das Land durchlebt. Und das in einem äußerst ungünstigen internationalen Kontext, der geprägt ist von der Wahl Trumps und dem Druck der US-Regierung, Russland im Ukraine-Konflikt einen politischen und territorialen Sieg zu ermöglichen. Aber nicht nur das. Er (Merz) wird auch den permanenten Druck einer wachsenden extremen Rechten sowie eines Wirtschafts-, Politik- und Diplomatie-Modells spüren, das von (Angela) Merkel entworfen wurde und kläglich gescheitert ist."

USA

"Wall Street Journal": "Trotz allem, was Sie von Elon Musk und J. D. Vance gehört haben, ist die AfD eine antiamerikanische, prorussische Partei. Etwa 80 Prozent der deutschen Wähler, einschließlich der 29 Prozent, die sich für Merz entschieden haben, unterstützen die AfD nicht. Der proamerikanische Merz könnte die Unterstützung der USA gebrauchen, keine Zollflut."

Australien

"Sydney Morning Herald": "Deutschlands proamerikanischster Politiker in seiner Geschichte wird die Regierung zu einem Zeitpunkt übernehmen, an dem er vor drei Herausforderungen steht: die Einheit der Nation zu bewahren, Europas Verteidigung zu stärken und zu verhindern, dass das Bündnis mit den Vereinigten Staaten weiter zerbröckelt. Auf den ersten Blick ist jede dieser Aufgaben schon monumental. Alle drei zu bewältigen, scheint unmöglich."

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