Übersterblichkeit in der Pandemie
Statistikamt zeigt Zahlen: Das sind die Corona-Toten des vergangenen Jahres
12.1.2023, 11:20 UhrEs sind mehr als sonst. Und zum ersten Mal ist der Anstieg bei den Frauen höher als bei den Männern. Auch im dritten Jahr der Pandemie sind die Sterbezahlen erneut gestiegen. Das Statistische Bundesamt hat nun in eine Sonderauswertung für 2022 veröffentlicht.
"Der Anstieg geht auch im Jahr 2022 über den Alterungseffekt hinaus", heißt es in dem Bericht. Weil die Menschen grundsätzlich immer älter werden, rechnen die Statistiker seit etwa 20 Jahren mit einer kontinuierlich steigenden Zahl der Sterbefälle. In Deutschland sind das etwa ein bis zwei Prozent pro Jahr. Bereits in den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie sind allerdings mehr Menschen gestorben als dadurch zu erwarten gewesen wäre.
Todesfälle in zwei Pandemie-Jahren
In Jahr 2020 ist die Zahl im Vergleich zu 2019 um fünf Prozent und 2021 um weitere vier Prozent gestiegen. Das sind zusammengefasst etwa 70.000 bis 100.000 Menschen. Beim Robert Koch-Institut wurden in diesen beiden Jahren rund 115 000 Corona-Todesfälle gemeldet.
Aktuell meldet das Bundesamt für 2022 eine weitere Steigerung um 3,4 Prozent, also 35.000 Sterbefälle mehr als im Vorjahr. Und sogar 88.500 Tote mehr als im Vergleich zum mittleren Wert der vier Vorjahre. Insgesamt sind im vergangenen Jahr hierzulande 1,06 Millionen Menschen gestorben.
"Die Zunahme geht über die durchschnittliche Erwartung hinaus", sagen die Experten. Nach vorläufigen Berechnungen könne nur etwa ein Fünftel des gesamten Anstiegs im vergangenen Jahr mit der steigenden Zahl älterer Menschen erklärt werden.
Vorläufig sind die Werte deshalb, weil das Bundesamt aus den letzten neun Wochen des Jahres bislang nur Rohdaten ausgewertet hat. So nennen sie alle eingegangenen Meldungen der lokalen Standesämtern. Für gewöhnlich prüfen die Statistiker erst, ob sie vollständig und plausibel sind, weil sich die Melderegeln und Verfahren in den Kommunen leicht unterscheiden. Wegen der "hohen Relevanz in der Corona-Pandemie" habe man jedoch ein Schätzmodell zur Hochrechnung entwickelt, damit die Angaben schneller verfügbar sind. Damit lassen sich bundesweite Sterbefallzahlen bereits nach etwa einer Woche bereitstellen.
Regionale Zahlen erst im Februar
Große Änderungen seien dann aber nicht mehr zu erwarten. "Die Schätzung basiert auf beobachteten Mustern im Meldeverzug, die sich regional zum Teil deutlich unterscheiden." Miteinander vergleichbare Ergebnisse für die Bundesländer liegen deshalb erst nach etwa vier Wochen vor. Das für Bayern zuständige Landesamt für Statistik in Fürth etwa wird an diesem Freitag zunächst die Zahlen für November 2022 veröffentlichen. Mit der Auswertung für Dezember und damit auch für das gesamte vergangene Jahr sei dann Mitte Februar zu rechnen, teilt eine Sprecherin mit.
Das Bundesamt aktualisiert seine Sonderauswertung jeden Dienstag. Die Zahlen sind auf der Internetseite www.destatis.de in der Rubrik „Sterbefälle und Lebenserwartung“ öffentlich abrufbar.
Bei ihrer Auswertung ist den Statistikern vor allem aufgefallen, dass die Zahl der gestorbenen Frauen im Jahr 2022 mit 4,3 Prozent stärker zugenommen hat als die der Männer mit 2,5 Prozent. In den Jahren 2020 und 2021 war das noch umgekehrt. Ein möglicher Grund könnte sein, dass Männer zum Beginn der Pandemie stärker von den akuten Symptomen einer Corona-Infektion betroffen waren und Frauen eher von Langzeitfolgen.
Hitzerekorde im Sommer
Auch den Jahresverlauf hat das Bundesamt analysiert. "Nach den außergewöhnlich hohen Sterbefallzahlen im Dezember 2021 hatte sich das Geschehen im Januar und Februar 2022 annähernd normalisiert", schreiben die Experten. Im März, April und Mai lagen die Werte mit sieben bis acht Prozent über dem mittleren Vergleichswert der vier Vorjahre.
Die besonders hohen Zahlen von Juni bis August führen die Statistiker vor allem auf die Hitzerekorde zurück. Der September überschritt den Vergleichswert um elf Prozent, der Oktober um 20 Prozent und der November um sieben Prozent. Im Dezember lagen die Sterbefallzahlen um 19 Prozent darüber - das sind mehr als 110.000 Fälle und gehe über das von Grippewellen bekannte Ausmaß hinaus.
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