Streit um Gillette-Werbung: Die bedrohte Männlichkeit?
17.1.2019, 11:36 UhrAuf Twitter kursieren sie bereits, die ersten Fotos von Männern, die demonstrativ ihre Gillette-Rasierer entsorgen. Grund für ihre Empörung: Ein Werbeclip des Unternehmens, den mancher - darunter der konservative US-Kolumnist Todd Starnes - als Teil eines "Krieges gegen die Männlichkeit" auffasst.
In dem Spot verweist Gillette den glatt rasierten Mann mit Modelmaße, an den sich eine Frau schmiegt, den Mann also, den man jahrelang in der Gillette-Werbung sah, auf den Müllhaufen der Geschichte. Männer von heute, so die Aussage, sollten solche Rollenklischees hinter sich lassen.
Die Reaktion des Netzes - oder anders formuliert: einer wohl eher überschaubaren Gruppe im Netz mit viel Zeit - ist angesichts dessen völlig übertrieben, ja geradezu lächerlich. Wer nun die ganz große Kanone herausholt und über die Abschaffung des Mannes fabuliert, der muss sich die Frage gefallen lassen: Wer lässt sich denn bitte von einem Rasierklingen-Hersteller vorschreiben, wie er Männlichkeit definiert? Die Vermutung liegt nahe, dass der Gillette-Spot nur der Auslöser ist für einen tief sitzenden Frust, den viele mit sich herumtragen.
Der Gewinner heißt Gillette
Soll, ja muss man den Werbespot also loben? Nein.
Denn darin zeichnet Gillette das Bild übergriffiger, gewalttätiger und sexistischer Männer, die ihr Verhalten mit dem Spruch "Jungs sind nun mal Jungs" rechtfertigen. Daraus wird dann die Forderung abgeleitet, solch "toxische Männlichkeit" hinter sich zu lassen. So als ob die überragende Mehrheit der Männer das gezeigte Verhalten gutheißen würde.
Gillette zeichnet also ein Zerrbild von Männlichkeit - und bedient damit Rollenklischees, um dann dazu aufzurufen, Rollenklischees hinter sich zu lassen. Das kann man sachlich-nüchtern kritisieren und diskutieren. Wer darin gleich einen Krieg gegen die Männlichkeit sieht, hat an einer solchen Diskussion aber offenbar kein Interesse.
Der Gewinner bei alledem steht ohnehin schon fest: Es ist Gillette. Das Unternehmen hat mit dem Clip aus Marketingsicht alles richtig gemacht. Denn so große Aufmerksamkeit hat ein Rasierklingen-Hersteller wohl noch nie für sich gehabt.
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