Von Polizisten abgeführt

Video geht viral: 77-jährige Jelena Osipowa bei Anti-Kriegs-Demo in Russland festgenommen

Johanna Mielich

Online-Redaktion

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4.3.2022, 15:38 Uhr
Auch in etlichen Städten in Deutschland sind Menschen aufgrund des Kriegs in der Ukraine auf die Straßen gegangen - wie hier in Stuttgart. 

© Christoph Schmidt/dpa Auch in etlichen Städten in Deutschland sind Menschen aufgrund des Kriegs in der Ukraine auf die Straßen gegangen - wie hier in Stuttgart. 

Es sind Aufnahmen, die wohl sehr viele Menschen sprachlos zurücklassen: Eine ältere Frau mit Baskenmütze und kariertem Schal demonstriert in St. Petersburg. Sie ist umringt von klatschenden Demonstranten und hält zwei selbstbemalte Plakate in die Höhe. Auf einem soll stehen "Soldaten, lasst eure Waffen fallen und ihr werdet echte Helden sein", so der Stern. Dann wird sie festgenommen. Die Frau ist Elena Andreevna Osipova, sie ist Künstlerin und in Russland als Kreml-kritische Aktivistin bekannt.

Die St. Petersburgerin ist jedoch keine Überlebende der Leningrader Blockade, wie es zunächst in verschiedenen Medienberichten hieß. Sie ist im November 1945 geboren – also fast zwei Jahre nach dem Ende der Belagerung. Wie unter anderem der Tagesspiegel weiß, gilt die 77-Jährige in ihrer Heimatstadt dennoch als Legende, weil sie seit 20 Jahren mit kunstvollen Plakaten gegen Krieg, Gewalt und Machtmissbrauch protestiert. Eigenen Angaben zufolge wurde sie schon mehrfach bei Protesten abgeführt.

Die Aufnahmen von ihrer mutmaßlichen Festnahme bei dem Protest am Mittwoch in St. Petersburg verbreiten sich mit rasender Geschwindigkeit im Netz, bei YouTube und Twitter bekunden viele Menschen ihre Solidarität mit Osipova. In dem Video treten zwei bewaffnete Polizisten mit Helmen an die 77-Jährige heran, sprechen kurz mit ihr und führen sie dann ab. Osipova leistete augenscheinlich keinen Widerstand.

Lauterbach: "Was für eine Schande"

Viele Journalisten und Politiker melden sich auf Twitter zu Wort, so auch Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach. "Was für eine Schande. Menschen mit Charakter, die den Krieg erlebt haben, wollen ihn anderen ersparen. Diese alte Frau weiß, weshalb man keine Zivilisten töten darf", twittert der Minister am Mittwoch.

Das Entsetzen über den Krieg gegen die Ukraine treibt in Russland viele Menschen zu Protesten auf die Straße. Allerdings gehen die russischen Sicherheitskräfte überaus brutal gegen Demonstranten vor. Die russischen Behörden warnen eindringlich vor einer Teilnahme an den nicht genehmigten Kundgebungen. So werden unter dem Vorwand der Sicherheit vor Ansteckung in der Corona-Pandemie Demonstrationen nicht erlaubt. Seit Beginn der Anti-Kriegs-Demonstrationen sind bereits Tausende Menschen festgenommen worden.

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