Schlankheitskur fürs Parlament
Bundestagswahl 2025: Diese Regelungen sind neu
11.12.2024, 07:30 UhrEigentlich war die nächste Bundestagswahl erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 angesetzt. Nachdem sich die Koalition aus SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP frühzeitig aufgelöst hatte, wird aber bereits im Februar wieder abgestimmt. Durch die Wahlrechtsreform von 2023 werden dabei zum ersten Mal einige Neuerungen greifen.
Das wachsende Parlament: Darum kam es zur Reform
In den letzten Legislaturperioden ist der Bundestag nach jeder Wahl gewachsen. Die Regelung sah bisher vor, dass Direktmandate auf jeden Fall in den Bundestag einziehen, auch wenn die jeweilige Partei eigentlich nicht genug Sitze bekam (Überhangmandate). Damit die Sitzverteilung trotzdem noch die Wahlergebnisse aus den Zweitstimmen widerspiegeln konnte, bekamen die anderen Parteien dann gegebenenfalls zusätzliche Sitze (Ausgleichsmandate).
Bestand der Bundestag nach der Wahl am Anfang des Jahrtausends, bei der Wahl 2002, noch aus 601 Sitzen, so war er nach der letzten Bundestagswahl 2021 bereits auf 736 Sitze angeschwollen. Dieser Entwicklung soll mit der Wahlrechtsreform 2023 Einhalt geboten werden.
Ein ständig wachsender Bundestag bringt mehrere Probleme mit sich. Je größer ein Gremium ist, umso aufwendiger wird die Organisation des ganzen. Zentraler Punkt der Kritik sind aber vor allem die Diäten der Abgeordneten des Bundestags, also im Grunde deren Gehalt. Auch die Abgeordnetenentschädigung, also die Pension der Mitglieder des Bundestages, wird nicht weniger.
Außerdem gibt es noch einen ganz praktischen Grund: Der Plenarsaal des Bundestages hat irgendwann seine räumlichen Kapazitäten erreicht. Alle Abgeordneten brauchen einen Platz im Saal, auch wenn selten alle Abgeordneten zu jeder Bundestagssitzung anwesend sind, schließlich ist der Deutsche Bundestag ein Arbeitsparlament und kein Redeparlament.
Bundestagswahl 2025: Das ist neu
Ausreichend Gründe also, dem ständigen Wachstum des Bundestags Einhalt zu gebieten. Zu diesem Zweck hat die Ampelkoalition 2023 eine Wahlrechtsreform durchgesetzt. Zentrale Punkte sind:
- Der Bundestag ist auf eine Maximalgröße von 630 Sitzen beschränkt
- Überhangmandate fallen weg
- Ausgleichsmandate ebenso
- Auch die Grundmandatsklausel entfällt
Das hat einige Folgen. Zum einen wird aller Voraussicht nach nicht mehr jeder Wahlkreis im Bundestag vertreten sein. Auch mit einem Direktmandat kann es sein, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat nicht in den Bundestag einziehen kann, wenn die zugehörige Partei nicht genügend Sitze erhält.
Grundmandatsklausel: Ja oder Nein?
Durch das Wegfallen der Grundmandatsklausel wird die Fünf-Prozent-Hürde gestärkt. Diese besagt, dass Parteien mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen bekommen müssen, um in den Bundestag einziehen zu dürfen. Bekam eine Partei aber mindestens drei Direktmandate, wurde die Regelung gemäß der Grundmandatsklausel ausgesetzt. Dann konnten die gewählten Mandatsträgerinnen und -träger auch mit weniger als fünf Prozent Zweitstimmenanteil in den Bundestag einziehen.
Nutznießer der Grundmandatsklausel war zuletzt die Linke, aber auch der CSU dürfte die Abschaffung Kopfschmerzen bereiten. Mit nur 4,9 Prozent Zweitstimmen schaffte es die Linke zur Bundestagswahl 2021 zwar nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern, konnte aber mit ausreichend Direktmandaten dennoch einziehen. Die CSU agiert auf Bundesebene üblicherweise mit ihrer Schwesternpartei CDU, ist aber dennoch eine eigenständige Partei, die aus eigener Kraft den Einzug in den Bundestag schaffen muss. Die CSU ist allerdings nur in Bayern vertreten, hier dafür sehr stark. Genügend Direktmandate hatte die Partei also immer sicher, bewegte sich aber in der Regel nur relativ knapp oberhalb der fünf Prozent.
Aufatmen für Linke und CSU
Faktisch gilt die Grundmandatsklausel tatsächlich auch noch bei der Bundestagswahl 2025. Im Wesentlichen hat das Bundesverfassungsgericht die Wahlrechtsreform gebilligt, mit der Sperrklausel war sie allerdings nicht zufrieden. Stattdessen ist sie laut Gericht verfassungswidrig. Zumindest in der Ausführung, die der Gesetzgeber in der Wahlrechtsreform vorgesehen hatte.
Der Sinn der Fünf-Prozent-Hürde ist im Grunde der, das Parlament in einem handlungsfähigen Zustand zu halten. Ohne sie könnte sich der Bundestag in eine Vielzahl von kleinen Fraktionen aufteilen. Diese Funktionsbedingungen erfordern es aber laut Bundesverfassungsgericht nicht, eine Partei nicht im Bundestag aufzunehmen, nur weil sie keine fünf Prozent der Zweitstimmen ergattern konnte, solange diese Partei einer Fraktion fest angehört, in der die Parteien gemeinsam über fünf Prozent kommen.
Im Deutschen Bundestag ist das bis dato genau ein Mal der Fall, nämlich bei der Unionsfraktion aus CDU und CSU.
Die Christ-Sozialen sind also aus dem Schneider, die Wahlrechtsreform muss angepasst werden. Da die nächste Bundestagswahl aber auch schon bei dem betreffenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts weniger als ein Jahr entfernt war, traf das Gericht die Entscheidung, an der Regelung der Grundmandatsklausel vorerst festzuhalten. Solange, bis ein Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hat.
Sollte die Linke also ein ähnliches Ergebnis wie bei der Bundestagswahl 2021 einfahren, so kann sie zumindest bei der kommenden Wahl weiterhin in den Bundestag einziehen.