Was steht da eigentlich drin? Fakten zum Migrationspakt

10.12.2018, 13:01 Uhr
Das Papier wurde am Montag von den Vereinigten Nationen gebilligt: Der UN-Migrationspakt. Fragen und Antworten zu einem Abkommen, das wohl kaum Auswirkungen haben wird. Was genau sind die Ziele des "Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration"? Insgesamt werden in dem Papier auf 32 Seiten 23 einzelne Ziele formuliert. Zentral erscheinen die beiden folgenden: Da geht es zum einen um Information. Nach der Vorstellung der Verfasser sollen Migranten über alles Wichtige Bescheid wissen, was ihre Wanderung betrifft, bevor sie sich auf den Weg machen. Das beinhaltet explizit die damit verbundenen Risiken. Auch die Menschen in den Transit- und Aufnahmeländern bräuchten "objektive und faktengestützte Informationen" über Vor- und Nachteile von Migration, so die UN — um politischen Agitatoren, die Wanderungsbewegungen per se für schlecht halten und für ihre Zwecke instrumentalisieren, etwas entgegenzusetzen.
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Was genau sind die Ziele des "Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration"?

Das Papier wurde am Montag von den Vereinigten Nationen gebilligt: Der UN-Migrationspakt. Fragen und Antworten zu einem Abkommen, das wohl kaum Auswirkungen haben wird.

Was genau sind die Ziele des "Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration"?

Insgesamt werden in dem Papier auf 32 Seiten 23 einzelne Ziele formuliert. Zentral erscheinen die beiden folgenden: Da geht es zum einen um Information. Nach der Vorstellung der Verfasser sollen Migranten über alles Wichtige Bescheid wissen, was ihre Wanderung betrifft, bevor sie sich auf den Weg machen. Das beinhaltet explizit die damit verbundenen Risiken. Auch die Menschen in den Transit- und Aufnahmeländern bräuchten "objektive und faktengestützte Informationen" über Vor- und Nachteile von Migration, so die UN — um politischen Agitatoren, die Wanderungsbewegungen per se für schlecht halten und für ihre Zwecke instrumentalisieren, etwas entgegenzusetzen. © Km Asad/ZUMA Wire/dpa

Weiteres wichtiges Ziel des Pakts ist es, "die nachteiligen Triebkräfte und strukturellen Faktoren zu minimieren, die Menschen daran hindern, in ihren Herkunftsländern eine nachhaltige Existenzgrundlage aufzubauen und aufrechtzuerhalten, und die sie dazu veranlassen, anderswo nach einer besseren Zukunft zu suchen". Das bedeutet klarer formuliert, dass sich die Unterzeichnerstaaten mehr anstrengen sollen, jene Umstände zu bekämpfen, welche die Menschen überhaupt erst zur Flucht veranlassen – Kriege, Hunger, Armut, Klimawandel. Wenn es denn aber doch zur Flucht kommt, dann sollen wenigstens gewisse Standards eingehalten werden. Migranten sollen "Fürsorge und Unterstützung" erhalten und Zugang zur Justiz, um ihre Rechte notfalls zu erstreiten — diese Vorgaben erfüllt Deutschland ohnehin längst.
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Was genau sind die Ziele des "Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration"?

Weiteres wichtiges Ziel des Pakts ist es, "die nachteiligen Triebkräfte und strukturellen Faktoren zu minimieren, die Menschen daran hindern, in ihren Herkunftsländern eine nachhaltige Existenzgrundlage aufzubauen und aufrechtzuerhalten, und die sie dazu veranlassen, anderswo nach einer besseren Zukunft zu suchen". Das bedeutet klarer formuliert, dass sich die Unterzeichnerstaaten mehr anstrengen sollen, jene Umstände zu bekämpfen, welche die Menschen überhaupt erst zur Flucht veranlassen – Kriege, Hunger, Armut, Klimawandel. Wenn es denn aber doch zur Flucht kommt, dann sollen wenigstens gewisse Standards eingehalten werden. Migranten sollen "Fürsorge und Unterstützung" erhalten und Zugang zur Justiz, um ihre Rechte notfalls zu erstreiten — diese Vorgaben erfüllt Deutschland ohnehin längst. © Omar Martinez/dpa

Gibt die Bundesregierung mit der Unterzeichnung des Pakts ein Stück ihrer Souveränität in Flüchtlingsangelegenheiten auf? Absolut nicht. Schon in der Präambel des Vertragstextes steht, dass der UN-Migrationspakt "einen Kooperationsrahmen zur Migration in allen ihren Dimensionen" bieten soll. Nicht mehr und nicht weniger. Die UNMigrationsbeauftragte Louise Arbour hat das einmal so auf den Punkt gebracht: "Es geht ja nicht darum, ob man Migration für gut oder schlecht hält. Es gibt sie, und es wird mehr davon geben." Der Pakt ist letztlich der Erkenntnis geschuldet, dass die Migrationsproblematik von keinem Staat allein gelöst werden kann. Deswegen wollen die UN die internationale Zusammenarbeit auf diesem schwierigen Sektor intensivieren.
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Souveränität der Regierung

Gibt die Bundesregierung mit der Unterzeichnung des Pakts ein Stück ihrer Souveränität in Flüchtlingsangelegenheiten auf?

Absolut nicht. Schon in der Präambel des Vertragstextes steht, dass der UN-Migrationspakt "einen Kooperationsrahmen zur Migration in allen ihren Dimensionen" bieten soll. Nicht mehr und nicht weniger. Die UNMigrationsbeauftragte Louise Arbour hat das einmal so auf den Punkt gebracht: "Es geht ja nicht darum, ob man Migration für gut oder schlecht hält. Es gibt sie, und es wird mehr davon geben." Der Pakt ist letztlich der Erkenntnis geschuldet, dass die Migrationsproblematik von keinem Staat allein gelöst werden kann. Deswegen wollen die UN die internationale Zusammenarbeit auf diesem schwierigen Sektor intensivieren. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Aber ist der Text nicht sehr einseitig gehalten und blendet die Schattenseiten der globalen Migration geflissentlich aus? Bei der Lektüre kann durchaus der Eindruck entstehen, dass die Verfasser Migration grundsätzlich eher positiv sehen. Manche stören sich an folgender Passage: "Migration war schon immer Teil der Menschheitsgeschichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt (...)." Das ist unglücklich formuliert, da nicht klar zwischen gewünschter Migration einerseits (etwa der Einwanderung benötigter Arbeitskräfte) und Flüchtlingswellen (aufgrund von Kriegen oder Naturkatastrophen) andererseits unterschieden wird.
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Schattenseiten außen vor gelassen?

Aber ist der Text nicht sehr einseitig gehalten und blendet die Schattenseiten der globalen Migration geflissentlich aus?

Bei der Lektüre kann durchaus der Eindruck entstehen, dass die Verfasser Migration grundsätzlich eher positiv sehen. Manche stören sich an folgender Passage: "Migration war schon immer Teil der Menschheitsgeschichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt (...)." Das ist unglücklich formuliert, da nicht klar zwischen gewünschter Migration einerseits (etwa der Einwanderung benötigter Arbeitskräfte) und Flüchtlingswellen (aufgrund von Kriegen oder Naturkatastrophen) andererseits unterschieden wird. © Santi Palacios/AP/dpa

Weiter hinten sind, etwas verklausuliert, kritische Töne zu lesen. Demnach kann Migration "unbestreitbar sehr unterschiedliche und manchmal unvorhersehbare Auswirkungen auf unsere Länder und Gemeinschaften" haben. Es sei aber daran erinnert, dass alle Unterzeichner weiterhin vollständige Souveränität über ihre Grenzen und Einreisepolitik behalten, das ist im Pakt festgehalten. Jeder Staat entscheidet also selbst, in welchem Maß er solche eventuellen negativen Auswirkungen auf sich nehmen will.
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Schattenseiten außen vor gelassen?

Weiter hinten sind, etwas verklausuliert, kritische Töne zu lesen. Demnach kann Migration "unbestreitbar sehr unterschiedliche und manchmal unvorhersehbare Auswirkungen auf unsere Länder und Gemeinschaften" haben. Es sei aber daran erinnert, dass alle Unterzeichner weiterhin vollständige Souveränität über ihre Grenzen und Einreisepolitik behalten, das ist im Pakt festgehalten. Jeder Staat entscheidet also selbst, in welchem Maß er solche eventuellen negativen Auswirkungen auf sich nehmen will. © Khalil Dawood/XinHua/dpa

Sowohl der Migrations- als auch der mit ihm zusammenhängende Flüchtlingspakt wurden weitgehend geheim debattiert. Wollten Politik und Medien, dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis davon bekam? Nein. Es gab mehrere Sitzungen und Konferenzen unter Beteiligung der Bundesregierung. Zu den Gesprächen in New York waren sämtliche Fraktionen im Bundestag eingeladen, doch kaum ein Abgeordneter kam. Zudem wird seit 2016 in deutschen Medien über den Pakt berichtet. Doch ein großes Thema ist er erst, seit die AfD entdeckt hat, dass sie mit ihrer Kritik daran jede Menge Aufmerksamkeit generieren kann.
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Mit Absicht geheim debattiert?

Sowohl der Migrations- als auch der mit ihm zusammenhängende Flüchtlingspakt wurden weitgehend geheim debattiert. Wollten Politik und Medien, dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis davon bekam?

Nein. Es gab mehrere Sitzungen und Konferenzen unter Beteiligung der Bundesregierung. Zu den Gesprächen in New York waren sämtliche Fraktionen im Bundestag eingeladen, doch kaum ein Abgeordneter kam. Zudem wird seit 2016 in deutschen Medien über den Pakt berichtet. Doch ein großes Thema ist er erst, seit die AfD entdeckt hat, dass sie mit ihrer Kritik daran jede Menge Aufmerksamkeit generieren kann. © ODD ANDERSEN / AFP

Also wurde das vorher vonseiten des Bundes schlecht kommuniziert? Das kann man so sagen. Viel zu spät haben die zuständigen Stellen erkannt, wie groß die Verunsicherung im Land bezüglich der Folgen dieses — noch einmal: rechtlich nicht bindenden — Pakts ist. Selten gab es in Deutschland ein Thema, über das mehr Fake News und verzerrte Fakten verbreitet wurden — dagegen wäre die Bundesregierung besser von Beginn an offensiv vorgegangen.
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Also wurde das vorher vonseiten des Bundes schlecht kommuniziert?

Also wurde das vorher vonseiten des Bundes schlecht kommuniziert?

Das kann man so sagen. Viel zu spät haben die zuständigen Stellen erkannt, wie groß die Verunsicherung im Land bezüglich der Folgen dieses — noch einmal: rechtlich nicht bindenden — Pakts ist. Selten gab es in Deutschland ein Thema, über das mehr Fake News und verzerrte Fakten verbreitet wurden — dagegen wäre die Bundesregierung besser von Beginn an offensiv vorgegangen. © Sebastian Kahnert/dpa

Fakt ist aber doch, dass es eine Petition zum Pakt gabt, den der zuständige Ausschuss des Bundestags nicht veröffentlichte. Also doch Geheimniskrämerei und Täuschung der Bürger? Dieses Argument wird schnell entkräftet, wenn man weiß, dass das Sekretariat des Ausschusses dies bewusst getan und dem Petenten, dem Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten, auch eine Begründung dazu mitgeteilt hat. Nach den gängigen Regeln wird eine Petition dann nicht veröffentlicht, sobald sie "geeignet scheint, den sozialen Frieden, die internationalen Beziehungen oder den interkulturellen Dialog zu belasten."
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Täuschung der Bürger?

Fakt ist aber doch, dass es eine Petition zum Pakt gabt, den der zuständige Ausschuss des Bundestags nicht veröffentlichte. Also doch Geheimniskrämerei und Täuschung der Bürger?

Dieses Argument wird schnell entkräftet, wenn man weiß, dass das Sekretariat des Ausschusses dies bewusst getan und dem Petenten, dem Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten, auch eine Begründung dazu mitgeteilt hat. Nach den gängigen Regeln wird eine Petition dann nicht veröffentlicht, sobald sie "geeignet scheint, den sozialen Frieden, die internationalen Beziehungen oder den interkulturellen Dialog zu belasten." © Sebastian Gollnow/dpa

Das hielt das Sekretariat angesichts einiger Passagen der Petition (etwa "Dieser Pakt ist ein Instrument zur allmählichen Auslöschung unserer Identität") für gegeben und handelte dementsprechend. Stattdessen hätte das Gremium aber sehr wohl den Text einer anderer Petition zu dem Pakt veröffentlichen können, es gibt mehrere. Das hätte den Vorwurf der "Geheimniskrämerei" und "versuchten Vertuschung" entkräftet. Da hat der Bund erneut eine Chance vertan, die Sache sauber zu kommunizieren und die Debatte zu versachlichen.
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Täuschung der Bürger?

Das hielt das Sekretariat angesichts einiger Passagen der Petition (etwa "Dieser Pakt ist ein Instrument zur allmählichen Auslöschung unserer Identität") für gegeben und handelte dementsprechend. Stattdessen hätte das Gremium aber sehr wohl den Text einer anderer Petition zu dem Pakt veröffentlichen können, es gibt mehrere. Das hätte den Vorwurf der "Geheimniskrämerei" und "versuchten Vertuschung" entkräftet. Da hat der Bund erneut eine Chance vertan, die Sache sauber zu kommunizieren und die Debatte zu versachlichen. © Christoph Soeder/dpa

Wenn der Pakt wirklich so unverbindlich ist, wieso ist dann darin ständig von einer "Verpflichtung" der Staaten die Rede? In der Tat stehen die Worte "verpflichten" oder "Verpflichtung" an fast 100 Stellen im Vertragstext. Doch man muss schon weiterlesen. Einer Passage beispielsweise, in der das Wort vorkommt, müssen sicherlich auch die schärfsten Kritiker des Pakts vorbehaltlos zustimmen. Dort heißt es: "Wir verpflichten uns, das Management unserer nationalen Grenzen zu koordinieren, die (...) Zusammenarbeit zu fördern, (...) reguläre Grenzübertritte zu ermöglichen und gleichzeitig irreguläre Migration zu verhindern." Schlepperbanden soll also das Handwerk gelegt werden. Ferner sollen sich die Unterzeichner verpflichten, die Menschenrechte einzuhalten — das ist für viele ohnehin bereits selbstverständlich.
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Pakt verpflichtend?

Wenn der Pakt wirklich so unverbindlich ist, wieso ist dann darin ständig von einer "Verpflichtung" der Staaten die Rede?

In der Tat stehen die Worte "verpflichten" oder "Verpflichtung" an fast 100 Stellen im Vertragstext. Doch man muss schon weiterlesen. Einer Passage beispielsweise, in der das Wort vorkommt, müssen sicherlich auch die schärfsten Kritiker des Pakts vorbehaltlos zustimmen. Dort heißt es: "Wir verpflichten uns, das Management unserer nationalen Grenzen zu koordinieren, die (...) Zusammenarbeit zu fördern, (...) reguläre Grenzübertritte zu ermöglichen und gleichzeitig irreguläre Migration zu verhindern." Schlepperbanden soll also das Handwerk gelegt werden. Ferner sollen sich die Unterzeichner verpflichten, die Menschenrechte einzuhalten — das ist für viele ohnehin bereits selbstverständlich. © Javier Fergo/AP/dpa

Der Pakt ist also unverbindlich, wieso brauchen wir ihn dann überhaupt? Weil die Vereinten Nationen nun mal so arbeiten. Es gibt ein globales Problem, und als Weltorganisation nehmen sie sich dessen an. Dann muss ein Papier her, das die Mehrheit der Mitgliedstaaten unterzeichnen kann. Entsprechend verwässert sind die Texte manchmal, was aber nichts an der Notwendigkeit ändert, ein globales Problem auch global anzugehen — man denke etwa an die Klimaabkommen. Ganz ähnlich wie der Migrationspakt sind viele UN-Abkommen nicht rechtsverbindlich. Sie zählen bestenfalls als "soft law" (weiches Recht), als eine Konvention, die viele gut finden, deren Durchsetzung aber nicht eingeklagt werden kann.
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Der Pakt ist also unverbindlich, wieso brauchen wir ihn dann überhaupt?

Der Pakt ist also unverbindlich, wieso brauchen wir ihn dann überhaupt?

Weil die Vereinten Nationen nun mal so arbeiten. Es gibt ein globales Problem, und als Weltorganisation nehmen sie sich dessen an. Dann muss ein Papier her, das die Mehrheit der Mitgliedstaaten unterzeichnen kann. Entsprechend verwässert sind die Texte manchmal, was aber nichts an der Notwendigkeit ändert, ein globales Problem auch global anzugehen — man denke etwa an die Klimaabkommen. Ganz ähnlich wie der Migrationspakt sind viele UN-Abkommen nicht rechtsverbindlich. Sie zählen bestenfalls als "soft law" (weiches Recht), als eine Konvention, die viele gut finden, deren Durchsetzung aber nicht eingeklagt werden kann. © Michael Kappeler/dpa

Kritiker fürchten, dass ein solches "soft law" dennoch den Erklärungsoder Rechtfertigungsdruck auf eine Regierung erhöhen kann, falls sie dem Pakt zuwiderhandelt — dass also ein völkerrechtlich nicht bindendes Abkommen sozusagen schleichend das Rechtsgefühl und das Legitimitätsbewusstsein verändert. Diese Möglichkeit besteht, das Bewusstsein einer Gesellschaft wird jeden einzelnen Tag schließlich durch viele äußere Faktoren beeinflusst. Aber von einem einklagbaren "Rechtsanspruch auf Ansiedlung in Deutschland", vor dem die Pakt-Gegner warnen, kann auf keinen Fall die Rede sein. Es ist vorstellbar, dass Verwaltungen oder Gerichte auf den Vertrag blicken, wenn sie die ein oder andere strittige Entscheidung fällen müssen. An der Asylvergabepraxis wird sich aber nichts ändern, das nationale Recht wird vom UN-Pakt nicht angetastet.
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Der Pakt ist also unverbindlich, wieso brauchen wir ihn dann überhaupt?

Kritiker fürchten, dass ein solches "soft law" dennoch den Erklärungsoder Rechtfertigungsdruck auf eine Regierung erhöhen kann, falls sie dem Pakt zuwiderhandelt — dass also ein völkerrechtlich nicht bindendes Abkommen sozusagen schleichend das Rechtsgefühl und das Legitimitätsbewusstsein verändert. Diese Möglichkeit besteht, das Bewusstsein einer Gesellschaft wird jeden einzelnen Tag schließlich durch viele äußere Faktoren beeinflusst. Aber von einem einklagbaren "Rechtsanspruch auf Ansiedlung in Deutschland", vor dem die Pakt-Gegner warnen, kann auf keinen Fall die Rede sein. Es ist vorstellbar, dass Verwaltungen oder Gerichte auf den Vertrag blicken, wenn sie die ein oder andere strittige Entscheidung fällen müssen. An der Asylvergabepraxis wird sich aber nichts ändern, das nationale Recht wird vom UN-Pakt nicht angetastet. © Uli Deck/dpa

Aber wenn Deutschland sich an die Buchstaben des Vertrags hält, wird es doch attraktiver für Migranten. Ist der Pakt also, wie von der AfD behauptet, ein Anreiz für Unentschlossene, sich rasch hierher aufzumachen? Das wäre der Fall, wenn sich durch die Ratifikation des Pakts hierzulande etwas verändern würde. Bloß: Deutschland erfüllt bereits jetzt alle darin angesprochenen Standards — auf Zugang zu Grundleistungen gibt es einen Rechtsanspruch, der auch eingeklagt werden kann. Ferner erhalten Migranten hier Unterkunft, Gesundheitsfürsorge und Verpflegung. Sollten andere Staaten ihr Niveau in diesem Bereich anheben — und genau darauf zielt dieser Pakt ja ab — könnte Deutschland am Ende sogar entlastet werden.
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Anreiz für Migranten?

Aber wenn Deutschland sich an die Buchstaben des Vertrags hält, wird es doch attraktiver für Migranten. Ist der Pakt also, wie von der AfD behauptet, ein Anreiz für Unentschlossene, sich rasch hierher aufzumachen?

Das wäre der Fall, wenn sich durch die Ratifikation des Pakts hierzulande etwas verändern würde. Bloß: Deutschland erfüllt bereits jetzt alle darin angesprochenen Standards — auf Zugang zu Grundleistungen gibt es einen Rechtsanspruch, der auch eingeklagt werden kann. Ferner erhalten Migranten hier Unterkunft, Gesundheitsfürsorge und Verpflegung. Sollten andere Staaten ihr Niveau in diesem Bereich anheben — und genau darauf zielt dieser Pakt ja ab — könnte Deutschland am Ende sogar entlastet werden. © Oliver Berg/dpa

Tatsächlich steht genau das Gegenteil in dem UN-Papier — illegale Migration soll weltweit eingedämmt und bekämpft werden. So soll beispielsweise Schluss sein mit der "Straflosigkeit gegen Schleusernetzwerke". Zu diesem Zweck ist angedacht, die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Grenzschützern und den Geheimdiensten aller Unterzeichner auszubauen, damit im Fall illegaler Migration die benötigten Informationen schnell dorthin gelangen, wo dann auch gehandelt werden kann.
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Die AfD behauptet, dass illegale Migration durch den Pakt gefördert wird. Wie steht es damit?

Tatsächlich steht genau das Gegenteil in dem UN-Papier — illegale Migration soll weltweit eingedämmt und bekämpft werden. So soll beispielsweise Schluss sein mit der "Straflosigkeit gegen Schleusernetzwerke". Zu diesem Zweck ist angedacht, die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Grenzschützern und den Geheimdiensten aller Unterzeichner auszubauen, damit im Fall illegaler Migration die benötigten Informationen schnell dorthin gelangen, wo dann auch gehandelt werden kann. © Felix Marquez/AP/dpa

Stimmt es, dass es in dem Pakt eine Passage gibt, welche die Pressefreiheit einschränkt, wenn es um Berichte über Migranten geht? Das wäre falsch interpretiert. Diese Debatte bezieht sich aufs Ziel Nummer 17 des Pakts; darin geht es um "die Förderung eines auf nachweisbaren Fakten beruhenden öffentlichen Diskurses zur Gestaltung der Wahrnehmung von Migration". Dazu brauche es eine objektive, hochwertige Berichterstattung. Das ist sicher unstrittig, zielt aber nicht auf Länder wie Deutschland mit ohnehin hohen Standards bei der Pressefreiheit ab, sondern auf Länder, wo die meisten Medien dem Staat hörig sind.
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Eingeschränkte Pressefreiheit?

Stimmt es, dass es in dem Pakt eine Passage gibt, welche die Pressefreiheit einschränkt, wenn es um Berichte über Migranten geht?

Das wäre falsch interpretiert. Diese Debatte bezieht sich aufs Ziel Nummer 17 des Pakts; darin geht es um "die Förderung eines auf nachweisbaren Fakten beruhenden öffentlichen Diskurses zur Gestaltung der Wahrnehmung von Migration". Dazu brauche es eine objektive, hochwertige Berichterstattung. Das ist sicher unstrittig, zielt aber nicht auf Länder wie Deutschland mit ohnehin hohen Standards bei der Pressefreiheit ab, sondern auf Länder, wo die meisten Medien dem Staat hörig sind. © Jens Kalaene/dpa