Wie nordbayern.de zum führenden Medium der Region wurde
7.10.2016, 16:00 Uhr20 Jahre ist all das her, seitdem hat sich viel getan in der Welt, aber auch im Kosmos von nordbayern.de. "Am Anfang waren wir – bildlich gesprochen – ein zartes Pflänzchen und es war nicht klar, was daraus werden würde", sagt Michael Husarek, einer der beiden Chefredakteure der Nürnberger Nachrichten. "Heute sind wir ein absolut verwurzelter Baum im journalistischen Wald."
1996, da ist das Internet noch völliges Neuland für die meisten Menschen, erst drei Jahre zuvor haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Cern die erste Website öffentlich zugänglich gemacht. Kaum jemand besitzt zu Hause einen Zugang und die wenigen, die sich über piepsende Modems einwählten, nutzen es nur sporadisch – surfen war teuer. "Wir waren damals als einer der Vorreiter mit unserer Seite absolut früh dran", sagt Toni Schnell, Geschäftsführer von nordbayern.de.
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Entsprechend simpel muten heute die Anfänge an. Die ersten sechs Wochen konzipiert das Online-Team den künftigen Auftritt noch ohne Rechner und Internetverbindung. Die besteht dann aus zwei ISDN-Kanälen mit einer Übertragungsrate von je 64 kbit/s – ein heutiger DSL-Anschluss ist 500 Mal schneller.
"Die Print-Kollegen im Haus haben uns schon mit etwas Skepsis beobachtet", erinnert sich Matthias Oberth, der kurz nach Gründung des Portals zu nordbayern.de gestoßen ist und heute einer der beiden Leiter ist. "Viele wussten nicht, was wir da oben so genau treiben." Jeden Abend um 22.30 Uhr – außer Samstag – wird das Angebot bestückt: Die Text-Manuskripte kommen aus der Redaktion, dann scannt man die Bilder der Fotografen mühsam ein, damit sie auf die Seite überstellt werden können. Bald werden dann die ersten Meldungen von Nachrichtenagenturen eingebunden und die Seite zumindest mehrfach am Tag auf den neuesten Stand gebracht.
"Plötzlich fing es an zu regnen"
Gleichzeitig wird das Service Angebot ausgebaut, Seiten zu Rock im Park, dem Christkindlesmarkt oder der Bergkirchweih eingerichtet. Nordbayern.de sei auch das erste Team gewesen, das vom Berg live berichtete, erinnert sich Matthias Oberth – mit denkbar einfachen Mitteln: "Plötzlich fing es an zu regnen, wir hatten aber keinen passenden Schutz für die Kamera. Also sind die Jungs in ein Haushaltswarengeschäft, haben eine Käseglocke gekauft, eine Öffnung für die Kameralinse hineingesägt und dann ging‘s mit der Übertragung weiter."
Doch nach der Euphorie der Anfangsjahre, "haben wir unser hohes Entwicklungstempo verloren", sagt Toni Schnell. Nicht nur im Verlag Nürnberger Presse, sondern in der ganzen Medienlandschaft fürchtete man sich vor Kannibalisierungs-Effekten. Denn das Internet wurde als eine echten Konkurrenz für das Printprodukt gesehen. Also tritt der Verlag auf die Bremse, wartet ab und beobachtet den Markt.
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2009 nimmt nordbayern.de wieder verstärkt an Fahrt auf, "wir haben da von unseren langjährigen Erfahrungen im Olympia-Verlag und seinem digitalen Kompetenz-Team profitiert". Der publiziert nicht nur das Kicker Sportmagazin, sondern betreibt auch die Seite kicker.de, die bereits damals eines der wichtigsten Portale für Sportfans ist. Heute liegt kicker.de bundesweit unangefochten auf dem ersten Platz.
"Was der Kicker im Sport ist, wollten wir mit nordbayern.de im Regionalen auch schaffen", sagt Schnell. Es soll die Informationswebsite in der Metropolregion werden. Dafür investiert das Haus viel, präsentiert 2010 einen Relaunch der Seite, seit 2012 passt die sich dem Ausspielgerät an. Dieses responsive Design ist in einer Zeit, in der nordbayern.de immer seltener am Computer genutzt wird, ein Meilenstein.
Smartphone und Tablet werden immer wichtiger – inzwischen kommen 50 Prozent aller Aufrufe von mobilen Geräten. Auch die Newsapp von nordbayern.de, die in diesem Jahr vorgestellt wurde, trägt dem Rechnung – sie ist für Handynutzer konzipiert. "Wir haben deutlich an mobiler Reichweite gewonnen", so Schnell.
Über eine Million Menschen pro Monat
Heute erreicht nordbayern.de jeden Monat über eine Million Menschen, nimmt man die Tageszeitungen Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung mit ihren jeweiligen Lokal- und Heimatausgaben dazu, nutzen über zwei Millionen Menschen das Angebot des Verlags Nürnberger Presse und der Nordbayerische Verlagsgesellschaft. Und das bei drei Millionen Bewohnern, die über 14 Jahre alt sind. "Wir sind das mit Abstand relevanteste Medium in der Metropolregion", sagt Toni Schnell. "Reichweitenstark und meinungsführend."
Mit der Seite hat sich auch die Redaktion gewandelt. Nordbayern.de besteht selber aus einem etwa 20-köpfigen Team, das an sieben Tagen die Woche von 6 bis 22 Uhr im Schichtdienst arbeitet. Zudem liefert die Print-Redaktion Texte zu. Im Gegensatz zur Anfangszeit werden sie in der Regel nicht mehr 1:1 ins Netz gestellt, stattdessen gibt es eine Online-Fassung. Und passiert etwas in der Region, wird erst die Onlinemeldung geschrieben, bevor der ausführliche Print-Text für den nächsten Tag verfasst wird.
Die Strategie des Hauses ist klar: "Themen sollen medienadäquat aufbereitet werden", sagt Toni Schnell. Die Nürnberger Nachrichten mit ihren Lokalausgaben und Heimatzeitungen bieten einordnende analysierende und hintergründige Stücke, hier gibt es Reportagen und große Interviews. Online bietet die schnelle Information, unterfüttert mit mehr Bildern und auch Videos.
Zudem einen großen Fundus an Service: Ein umfangreiches Terminbuch aus der Metropolregion, Kinotipps und – eine der gern genutzten Rubriken – das Gastro-Portal. "Wir müssen nicht wissen, wo man in Hamburg oder Berlin gut essen gehen kann", sagt Matthias Oberth, "aber wenn User nach einem schönen Restaurant in der Metropolregion Nürnberg suchen, sind wir der erste Ansprechpartner." Und natürlich gibt es eine umfangreiche Berichterstattung zu den Sportveranstaltungen der Region – besonders zu den Fußballvereinen 1. FC Nürnberg und SpVgg Greuther Fürth.
Der Leser profitiert von dem breiten Angebot, glaubt Michael Husarek. "Wir können ihn in jedem seiner Informationsbedürfnisse und Nutzungssituationen entsprechend abholen", sagt der NN-Chefredakteur. Dabei hat der Nutzer immer mehr Mitsprachemöglichkeiten. Früher habe der Redakteur gerne von oben herab Positionen bezogen und sie präsentiert, sagt Husarek. "Heute lässt sich das nicht mehr halten."
Egal ob über soziale Netzwerke oder direkt auf nordbayern.de – die Redaktion ist immer ansprechbar, der Dialog findet auf Augenhöhe statt. "Für uns ist das auch von Vorteil", betont Matthias Oberth. Denn allen Hinweisen wird nachgegangen, mitunter verbirgt sich hinter ihnen eine Geschichte, die es dann auf die Homepage oder auch ins Printprodukt schafft.
"Wir wollen die Diskussion"
Gleichzeitig hat man sich für Kritik geöffnet, "wir wollen die Diskussion", sagt Toni Schnell. Über das Netz könne man Menschen erreichen, die nicht mehr regelmäßig die Zeitung lesen. "Sie wollen wir mit unserer Kompetenz und Glaubwürdigkeit überzeugen", sagt er. "Und wir wollen als Medienunternehmen für demokratische Werte kämpfen und sie an den Menschen bringen – online, wie auch im Print."
Auch wenn die Themen online etwas leichter als im Print sein können, "so wollen wir die Glaubwürdigkeit der Zeitung auf die digitalen Produkte übertragen", sagt Schnell. Was auf nordbayern.de erscheint, entspricht journalistischen Ansprüchen, es ist von Experten geprüft und wird dann erst veröffentlicht – im Gegensatz zu manchem Blog, der ohne Faktencheck jedes Gerücht publiziert.
All das ist natürlich aufwändig – und muss finanziert werden. Entsprechend macht man sich auch bei nordbayern.de Gedanken über die Monetarisierung. Sie soll über eine erhöhte Relevanz und somit steigende Reichweite des Produkts erreicht werden. Doch allein werde das nicht ausreichen, die aufwändigen Produkte des Hauses zu finanzieren, betont Toni Schnell.
Deswegen setzt man verstärkt auf Premiumprodukte, eines ist mit dem digitalen Wochenmagazin Samson bereits Ende 2014 an den Start gegangen. Beim deutschen Lokaljournalistenpreis wurde es in der Kategorie "Digitale Innovation" ausgezeichnet. Weitere, kostenpflichtige Produkte werden folgen, so ist eine digitale Abendausgabe der Zeitung in Planung. "Diese kostet dann natürlich Geld", sagt Chefredakteur Michael Husarek freimütig. "Wir sind aber davon überzeugt, dass unsere Produkte es wert sind."
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