Wie Trump den deutschen Wahlkampf verändert

28.1.2017, 16:49 Uhr
Trump. Schon wieder Trump. Es geht kaum anders in diesen Tagen, und das wird so bleiben.

© dpa Trump. Schon wieder Trump. Es geht kaum anders in diesen Tagen, und das wird so bleiben.

Trump und seine Art, Politik zu machen, zwingt die Wahlkämpfer zu mehr Klarheit: Sie müssen zeigen, wie sie auf einen US-Präsidenten reagieren, der offensichtlich fest entschlossen ist, ohne jede Rücksicht auf historische Entwicklungen, Traditionen und diplomatische Gepflogenheiten buchstäblich die gesamte Weltpolitik zur Disposition zu stellen, sofern diese sich nicht nach seinen Vorstellungen eines "Deals" für Amerika richtet.

Weltuntergangsuhr verstellt

Wohin diese unberechenbare Art der Einmannpolitik führt, ist offen. Grund zur Sorge besteht - auch wegen Trump sehen Wissenschaftler eine höhere Bedrohung für die Menschheit: Das Gremium der "Doomsday Clock", der Weltuntergangsuhr, stellte deren Zeiger nun vor - um 30 Sekunden von bisher drei auf nur noch zweieinhalb Minuten vor Mitternacht. So nah an der Zwölf war die Uhr zuletzt 1953, als die USA und die Sowjetunion Wasserstoffbomben testeten. Die Experten begründeten ihren Schritt auch mit der Position Trumps zum Klimawandel, den er nicht bekämpfen will, und zu Atomwaffen, wo er nukleare Aufrüstung angedeutet hat.

Was er davon wie umsetzt? Die Art, mit der er ans (Durch-)Regieren geht, lässt erwarten, dass er für Überraschungen gut ist und nicht lange fackelt: Noch kein US-Präsident hat derart rasch derart massiv und folgenreich auf das Anordnen von teils drastischen Kurswechseln per Dekret gesetzt wie Trump - siehe die binnen einer Woche zerrütteten Beziehungen zwischen den USA und Mexiko.

Demokratisch ist so ein Verfahren nicht. Dabei müsste Trump kaum fürchten, dass seine Projekte gestoppt würden, wenn er sie die parlamentarischen Hürden nehmen lassen würde: Die Republikaner haben die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Aber er scheint die Mühsal solch anstrengender Prozesse umgehen zu wollen - auch, weil die Kritiker in den eigenen Reihen lauter werden.

Mehr Demokratie wagen

Was können deutsche, was können europäische Demokraten dem entgegenhalten? Letztlich Willy Brandts alten Spruch: Mehr Demokratie wagen - und sie vor allem vorleben, mit wieder härteren, kontroverseren Debatten, mit einem wagemutigeren Ringen um die bessere Politik. Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem letzten Auftritt als Außenminister am Rednerpult des Bundestags gesagt: "Nutzen Sie dieses Pult - ich werde es vermissen!"

Das war wohl auch als Kritik an einem ermatteten Politikbetrieb zu verstehen, der das Parlament gerade in Zeiten der Großen Koalition zu oft entmachtete - was, das ist hinzuzufügen, die meisten Abgeordneten auch mit sich geschehen ließen. Die schleichende Entmündigung des Bundestags schadet der Politik: Wenn viele den Eindruck haben, die wirklich wichtigen Fragen würden von oben herab, am Parlament vorbei und im stillschweigenden Konsens der größeren Parteien entschieden, schürt das den Verdruss und stärkt die Populisten.

Merkel muss mehr kämpfen

Da kann die Personalie Martin Schulz Bewegung bringen: Auch er zwingt - ähnlich wie Trump, aber aus einer ganz anderen, demokratischeren Richtung - alle Akteure zu eindeutigeren Positionen. Angela Merkel muss da mehr kämpfen, weil Schulz ein schwierigerer Gegner für sie ist als Sigmar Gabriel.

Aber auch Schulz selbst muss erst einmal zeigen, wofür er und wofür jene SPD steht, deren Vorsitz er übernehmen will. Die Vorschusslorbeeren, die er nun als erst mal interessanter Neuling auf der Berliner Bühne bekam - er muss sie sich erst wirklich dauerhaft und hart erarbeiten, mit klarerem Profil.

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