Wieviel Gift steckt im Ei?
04.01.2011, 17:24 UhrWelche Zutaten sind im Futter – etwa für Legehennen – eigentlich drin?
Das kommt ganz darauf an, ob ein Betrieb Futtermittel als Nahrungsergänzung oder als Alleinfutter – also als Vollkost – verwendet. Die meisten Betriebe in Deutschland arbeiten mit Alleinfutter, das heißt, sie ernähren ihre Tiere mit einem kompletten Futtermittelgemisch. „Die Hauptkomponenten des Kraftfutters sind in der Regel eiweißhaltiges Sojaextraktionsschrot, gelber Mais, Weizen als Energielieferant und Kalk“, erklärt Svetlana Peganova von den Raiffeisenkraftwerken Süd, einem der größten Futtermittellieferanten Deutschlands. Hinzu kommen Vitamine, Mineralstoffe sowie ein bestimmter Anteil an Ölen beziehungsweise ein Ölgemisch aus Fettsäuren und Ölen. Die genaue Zusammensetzung hänge stets auch vom Budget des jeweiligen Abnehmers ab, sagt Peganova.
Weshalb sind die Öle bei der Ernährung der Tiere so wichtig?
„Ein Huhn“, erklärt ein Vertriebsmitarbeiter eines regionalen Tiermittelherstellers, der seinen Namen lieber nicht in der Presse lesen mag, „hat nur eine begrenzte Kapazität, was es an Futter aufnehmen kann, deshalb braucht es energiereiche Nahrung.“ Die kalziumhaltigen Pflanzenöle dienen als wertvolle Energiespeicher. Außerdem ist das Futter dadurch nicht ganz so trocken. Öle enthalten außerdem wertvolle Linolsäuren, die wiederum Einfluss auf die Größe und die Beschaffenheit der Schale haben.
Wie sind die giftigen Industrieöle überhaupt in die Futtermittel gelangt?
Exakt kann man das noch nicht sagen. Auch nicht, wer genau die Verantwortung für die verseuchten Eier zu tragen hat. Ausgangspunkt der Verunreinigung soll der Futtermittelproduzent Harles & Jentzsch aus Uetersen in Schleswig-Holstein gewesen sein. Das Unternehmen bekam nach eigenen Angaben über einen niederländischen Händler dioxinbelastete Mischfettsäure geliefert. Zu den Lieferanten zählt unter anderem der Biodieselhersteller Petrotec aus Nordrhein-Westfalen.
Was sind Dioxine und wie gefährlich sind sie für den Menschen?
Bei Dioxinen handelt es sich laut Angaben des Umweltbundesamtes um chemisch ähnlich aufgebaute Verbindungen, die unterschiedlich giftig sind. Dioxin entsteht als unerwünschtes Nebenprodukt bei Verbrennungsprozessen in Anwesenheit von Chlor und organischem Kohlenstoff. Dioxin entsteht bei 300 Grad Celsius und mehr und wird bei 900 Grad Celsius und höher zerstört. Etwa 200 Arten von Dioxinen und chemisch verwandten Stoffen gibt es. Nicht alle Dioxine sind giftig, einige werden jedoch als krebserregend eingestuft. Langzeitwirkungen können außerdem Störungen des Immunsystems, schwere Erkrankungen der Haut, der Atemwege, Schilddrüse und des Verdauungstraktes sein.
Wie werden Futtermittel in Deutschland kontrolliert?
In Deutschland werden Lebensmittelkontrollen generell stichprobenartig sowie Risiko-orientiert durchgeführt. Das heißt, dass zum Beispiel Frischfleisch häufiger kontrolliert wird als abgepackte Ware, weil es ein höheres Risiko auf Verunreinigungen trägt. Verantwortlich für die Überwachung sind die Länder, das Prozedere jedoch sei bundesweit abgestimmt, sagt Claudia Schuller vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) der NZ. Etwa 70
Sind von dem aktuellen Dioxin-Skandal auch bayerische Eier betroffen?
Laut Angaben des LGL hat bislang mindestens ein Großhändler im Freistaat Eier von einem betroffenen Erzeuger in Niedersachsen erhalten. Ein großer Teil der Lieferung sei beim Großhändler sichergestellt worden. Beim Rest, der bereits an verarbeitende Betriebe weitergegangen sei, ermittle man derzeit die Lieferketten und ziehe auch diese Eier aus dem Verkehr. In den Einzelhandel können die Eier dem LGL zufolge aber nicht gelangt sein. Nach aktuellem Kenntnisstand sei nach Bayern auch kein verseuchtes Futter geliefert worden. Ob die sichergestellten Eier mit Dioxin belastet sind und wie hoch diese Belastung möglicherweise ausfällt, soll nun durch die Untersuchung von Proben geklärt werden.
Sollten Verbraucher vorerst auf ihr Frühstücksei verzichten?
Grund zur Panik besteht nach Ansicht der Experten nicht. Zwar gehöre Dioxin nicht in Lebensmittel, allerdings sehen Bundesbehörden wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie das Bundesinstitut für Risikobewertung keine akute Gesundheitsgefahr bei gesunden Erwachsenen.
Haben Kinder ein höheres Risiko?
Zumindest rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn Kindern sicherheitshalber davon ab, jeden Tag Eiergerichte zu Essen. Aufgrund ihres geringeren Körpergewichtes erreichten sie schneller die kritische Aufnahmemenge. Ein oder zwei Eier pro Woche sind laut DGE jedoch völlig unbedenklich.
Welche Konsequenzen fordern Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen nun?
Die Organisation „Foodwatch“ fordert ganz klare „politische Veränderungen“, wie ein Unternehmenssprecher auf NZ-Anfrage mitteilt. „Statt der auf Stichproben basierenden Kontrolle sind deutlich mehr verpflichtende Kontrollen notwendig.“ Dazu gehöre auch eine routinemäßige Kontrolle der Futtermittel auf Dioxine. Außerdem fordert die Organisation eine umfassende Haftung der Futtermittelhersteller, wenn sie Umweltgifte in die Nahrungskette einbringen.
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