Fernsehen
Zoff zwischen Frei und Stegner: Lanz-Gast wird sauer: "Sie müssen eine Regierung aufstellen!"
28.02.2025, 07:39 Uhr
Insgesamt 551 Fragen hat die Union an die Bundesregierung zur Finanzierung von gemeinnützigen Organisationen geschickt. Darunter befinden sich mit Organisationen wie "Omas gegen rechts" auch solche NGOs, die zu den jüngsten Demos gegen rechts aufgerufen hatten.
War es ein "rachsüchtiger Reflex nach den Demos gegen Merz oder ein ganz normaler parlamentarischer Vorgang?" - das wollte Markus Lanz von Thorsten Frei (CDU) wissen, und vor allem: "Warum jetzt?"
"551 Fragen schreibt man nicht über Nacht", monierte Lanz. Freis Argumentation ließ den Moderator aufhorchen: "Nicht Ihr ernst, oder?", konnte er es kaum fassen. Dass sich der erste Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion auf die Debatte nicht einlassen wollte, war offensichtlich. Lanz aber zeigte die gewohnte Beharrlichkeit: "Sie haben sie losgetreten!"
Ralf Stegner: "Eher friert die Hölle zu ..."
"Klug war das nicht", kommentierte ein weiterer "Markus Lanz"-Gast, der Journalist Robin Alexander ("Welt"), den Vorgang, denn: "Gefühlt ist Merz Kanzler." Daher solle er sich nicht eines Oppositionsinstruments bedienen und sich mit Organisationen wie "Omas gegen Rechts" beschäftigen, "sondern mit Trump und Putin verhandeln".
Oder mit der SPD, schließlich muss der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD erst noch verhandelt werden.
Doch der "Weg dahin ist weit", das stellte Ralf Stegner (SPD) im ZDF-Talk klar: "Weder gibt es SPD im Winterschlussverkauf zu Discountpreisen, noch sind unsere Ansichten flexibel." Eine dieser Ansichten: Mit der AfD könne man nicht zusammenarbeiten. Damit wetterte Stegner erneut gegen die Abstimmung der Union im Bundestag mit der AfD - ein Thema, "das spätestens nach 30 Sekunden auf den Tisch kommt", wie Lanz bemerkte.
Wenn ich "mit Rechtsradikalen gemeinsame Sache mache, darf ich mich nicht wundern, dass die Leute auf die Straße gehen", konnte Stegner die Proteste gegen die Union und Merz nachvollziehen. "Haben wir nicht", wollte Frei das nicht auf sich sitzen lassen. Er sähe das anders, beharrte Stegner und setzte nach: "Eher friert die Hölle zu, als dass wir mit den Rechtsradikalen gemeinsame Sachen machen."
Robin Alexander ermahnt die Union: "Sie machen es der SPD unnötig schwer!"
Zwar sei die AfD-Abstimmung ein Fehler gewesen, doch auch die SPD trage Verantwortung fürs Erstarken der Ränder, meinte Robin Alexander. Dass sich die Mitte nicht geeinigt hätte, zeige sich "schwarz auf weiß im Wahlergebnis". Das "Irre" sei seiner Meinung nach aber, Frei und Stegner "setzen sich hin bei Markus Lanz und machen weiter", statt sich zusammenzuraufen. "Sie müssen eine Regierung für Deutschland aufstellen, alles andere ist egal", erinnerte er die beiden Politiker und appellierte an die Wahlgewinner: "Die Union müsste ab Sonntag, 18 Uhr, das komplette Schonprogramm für die SPD auflegen, weil es schwer genug ist für die SPD, Merz die Hand aufzulegen."
Aktionen wie die 500 Fragen, aber auch Fotos von Männerrunden passten dazu genauso wenig wie ein Memorandum of Understanding, das Merz an Scholz geschickt hatte. "Sie machen es der SPD unnötig schwer", warnte Alexander: "Die Ausgangslage ist auf so vielen Ebenen schwer. Ich mache mir Sorgen und rate spießig, solche Nichtigkeiten zu unterlassen."
Das war seiner Kollegin Melanie Amann zwar zu strategisch gedacht, in der Sache gab sie ihm aber recht. Robin Alexander sah sich bestätigt: "Dass Amann und ich einig sind, sollte Ihnen zeigen, wie gefährlich die Lage ist." Ganz vereinnahmen lassen wollte sich die "Spiegel"-Journalistin dann aber doch nicht: "Färben Sie mich nicht", meinte sie, "Uneinigkeit gäbe es schon." Zum Beispiel beim Umgang mit eventuellen Sperrminoritäten der AfD und der Linkspartei.
Thorsten Frei (CDU) beharrt auf Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei: "Der bleibt!"
Der CDU-Unvereinbarkeitsbeschlusses mit der Linkspartei: "Der bleibt", betonte Frei ganz klar. Sein potenzieller Koalitionspartner sieht das anders: Würden sich angesichts einer starken AfD die "demokratischen Parteien nicht verständigen, dann ist die Demokratie gefährdet", warb Ralf Stegner darum, mit "Nie-Sätzen" vorsichtig zu sein. Zwar würde er mit der Linkspartei nicht über die NATO sprechen, aber man sollte sorgfältig darüber nachdenken, in einzelnen Bereichen wie der Schuldenbremse zusammenzuarbeiten.
Amann sah das ähnlich: Man müsste überlegen, welche Mehrheiten man bräuchte und dann in der Lage sein, mit den Linken zu reden "und sich nicht hinter Beschlüssen von vor zehn Jahren verbergen", denn: "Wir als Land können doch nicht in verfassungsrechtliche Geiselhaft genommen werden." Man dürfe nicht nur in den Befindlichkeiten der Union denken.
Nicht die Union oder die SPD müsste auf die Linkspartei zugehen, sondern umgekehrt: "Sie müssen sich bewegen, nicht die Parteien in der Mitte", widersprach Alexander.
Melanie Amann warnt CDU: "Jetzt laufen Sie in die nächste Falle hinein"
Wer sich auf wen zubewegt, das könnte schneller als gedacht wichtig werden: In Kürze soll über das Sondervermögen für die Bundeswehr abgestimmt werden, wie Markus Lanz die Anwesenden erinnerte. Der Bundestag benötigt eine Zweidrittelmehrheit, um die Verfassung zu ändern. Ob die 200 Milliarden Euro für die Aufrüstung nur mit den Stimmen der AfD zustande kämen, fragte der Moderator in die Runde - und erhielt sofort Antwort. "Never!", kam es von Robin Alexander wie aus der Pistole geschossen, "das würde die Union nicht tun." Stattdessen könnte man alle Jahre eine Notlage ausrufen.
Die Sperrminorität habe nicht nur für das Sondervermögen oder die Schuldenbremse Konsequenzen, gab Frei zu bedenken. An Letzerer wolle er in jedem Fall festhalten: "Meine Güte, wir nehmen in Deutschland 1.000 Milliarden Euro Steuern ein, und wir kommen damit nicht zurecht? Das kann nicht sein, das müssen wir hinkriegen."
Als "rote Linie für die SPD" wollte Stegner dieses Nein nicht verstanden wissen, im Gegenteil: "Sie kommt nicht weg", vielmehr gehe es darum, die Schuldenbremse zu reformieren, und da sähe er sehr wohl Bewegung in der Union. Auch Frei hatte dann plötzlich doch Optionen offen: "Etwas tun" müsse man, aber er wolle die Schuldenbremse nicht lösen, um Gelder umzuverteilen.
"Jetzt laufen Sie in die nächste Falle hinein", warnte Amann, "in einem halben Jahr werden Sie dastehen und auch mit dem Geld nicht auskommen und dann sagen, jetzt müssen wir wirklich an die Schuldenbremse." Die derzeitige Mauer dazu mache die "Einigung in der bürgerlichen Mitte schwer".