Hände aufgeschnitten
„Nicht für möglich gehalten“: Insasse startet filmreifen Fluchtversuch aus der Nürnberger JVA
13.11.2024, 08:38 UhrEs sollte ein Tag wie jeder andere in der Nürnberger Justizvollzugsanstalt werden - als es am Freitag plötzlich zu einem drehbuchartigen Fluchtversuch kam. Während alle anderen Insassen des Jugendarrests nach ihrem Hofgang gegen 14.30 Uhr wieder ins Gebäude zurückkehrten, soll ein junger Mann auf einmal eine waghalsige Aktion im Hof des Jugendarrest-Bereichs gestartet haben, wie Leiter der Nürnberger Justizvollzugsanstalt Thomas Vogt am Montag gegenüber unserer Redaktion berichtet.
Zunächst sei er auf einen über vier Meter hohen Ordnungszaun geklettert, welcher im rechten Winkel an die Anstaltsmauer grenzt und laut Vogt mit einer Stacheldraht-Rolle und Metallspießen gesichert ist. "Dann hat er den Stacheldraht an der Mauer verbogen, sodass er dadurch hindurchschlüpfen konnte und stand dann auf der Mauer zur Mannertstraße hin und hat sich dort in östliche Richtung hinbewegt", so Vogt weiter.
"Hätte keiner für möglich gehalten"
Dass jemand es schafft, "zur Mauer zu klettern oder dort zu balancieren, hätte keiner für möglich gehalten", betont der Anstaltsleiter. Nicht einmal etwas annähernd ähnliches sei ihm in seinen zehn Jahren als Leiter der JVA in Nürnberg untergekommen.
Der junge Insasse soll dann auf rund 4,50 Meter Höhe balanciert sein, um von dort aus weiter auf die sechs Meter hohe Mauer zu kommen. Die Ordnungshüter vor Ort hätten allerdings schnell reagiert und eine Alarmierungs-Kette in den Gang gesetzt, sodass mehrere Bedienstete aus den anderen Gebäude-Trakten heraneilten. Parallel hätten sie einen Notruf abgesetzt, Kräfte der Feuerwehr, der Polizei und des Rettungsdienstes rückten daraufhin zur Mannertstraße aus. Die Feuerwehr bereitete sicherheitshalber ein Luftkissen vor, zum Einsatz kam es allerdings nicht.
"Er konnte dann von einem Kollegen, der mit einer Drehleiter zu ihm hochgefahren war, dazu bewegt werden, von der Mauer herunterzukommen." Der Leiter spricht von "Glück", dass der junge Mann nicht gesprungen ist, da er sich beim Sprung auf den Gehweg wohl "ganz erhebliche Verletzungen" zugezogen hätte. "Es ist Gott sei Dank beim Versuch des Ausbruchs geblieben". Bei seiner waghalsigen Fluchtaktion habe der junge Mann aber dennoch schwere Schnittverletzungen erlitten.
JVA plant Nachbesserungen
Was den jungen Insassen dazu bewegt hat zu flüchten, sei derzeit noch unklar. Immerhin habe er insgesamt nur eine Jugendarreststrafe von 14 Tagen zu verbüßen, von denen er bereits vier Tage einsaß. "Es ist für uns alle ein Rätsel, warum so jemand etwas versucht, mit so großen Gefahren für ihn", erklärt der Anstaltsleiter weiter. Zuvor sei der Arrestant völlig unauffällig im Jugendarrest gewesen, auch ein psychologisches Gutachten im Nachgang habe keine Auffälligkeiten ergeben.
Um Nachahmungen zu umgehen, soll der junge Mann nun für die restliche Zeit in eine andere Anstalt verlegt werden - auch, um ihm nicht zu ermöglichen, sich als Held darzustellen. Doch auch im Jugendarrest-Bereich der Nürnberger Justizvollzugsanstalt selbst soll es Änderungen und Nachbesserungen geben: Der Hofgang wurde am Wochenende bereits in einen anderen Bereich der Anstalt verlegt. "Wir werden auf jeden Fall Maßnahmen ergreifen, damit so etwas, das wir für nicht möglich gehalten haben, auch in Zukunft nicht passieren kann", so Vogt.
Die Justizvollzugsanstalt Nürnberg ist mit insgesamt 985 Haftplätzen nach München die zweitgrößte Justizvollzugsanstalt des Freistaates Bayern. Ihre Abteilungen erstrecken sich über ein rund acht Hektar großes Gelände, das direkt an den Justizpalast grenzt.
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