Möglicher Präzedenzfall
Gerichtsentscheid: Polizei darf Handys über Fingerabdruck öffnen - ohne Zustimmung des Besitzers
22.1.2025, 17:04 UhrDas Oberlandesgericht Bremen hat in einem Beschluss vom 8. Januar 2025 die zwangsweise Entsperrung des Handys eines Angeklagten über den Fingerabdrucksensor legitimiert. Diese Entscheidung könnte deutschlandweit als Präzedenzfall angesehen werden.
Am 1. Februar 2023 durchsuchte die Polizei die Wohnung eines Angeklagten in Bremen, der unter Verdacht stand, kinderpornografische Schriften verteilt zu haben. Gegenüber den Beamten gab der Verdächtige an, kein Smartphone zu besitzen. Die Polizisten fanden dennoch ein funktionstüchtiges Gerät und forderten den Mann auf, das Telefon zu entsperren. Weil er sich weigerte, entsperrten die Polizisten das Smartphone durch Auflegen des Fingers des Angeklagten auf den Fingerabdrucksensor gegen seinen Willen.
Maßnahme muss verhältnismäßig sein
Der Verdächtige legte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bremen ein, doch nun lehnte das Oberlandesgericht Bremen (OLG) diesen Einspruch ab. Das OLG begründet seine Entscheidung damit, dass die Maßnahme ähnlich anzusehen sei, wie die Aufnahme eines Fingerabdrucks durch die Polizei. Im Vergleich zur Aufnahme eines Fingerabdrucks sei die Eingriffsintensität sogar geringer, da diese Daten nicht dauerhaft gespeichert werden können, so das Gericht. Ähnliches gelte für eine Entsperrung über Gesichtserkennung (Face-ID) oder einen Irisscan.
In diesem Fall bezeichneten die Richter das Vorgehen der Beamten als verhältnismäßig, weil der Tatvorwurf besonders schwer sei und sich den Polizisten bei der Durchsuchung keine mildere Alternative für die Sicherung von Beweisen geboten habe. Das Gericht betont jedoch die klare Trennung zwischen der Entsperrung des Smartphones und der anschließenden Datensicherung. Beide Maßnahmen stützen sich demnach auf unterschiedliche Paragrafen und Vorschriften. Die Entsperrung des Handys unter Zwang diente im Bremer Fall der weiteren Aufklärung des Vorwurfs, außerdem wertete das Gericht die Wahrscheinlichkeit, dort Beweismaterial zu finden, als ausreichend wahrscheinlich.
Dem IT-Portal "Golem" zufolge könnte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen Auswirkungen auf die Strafverfolgungspraxis haben. Das Gericht gebe den Ermittlungsbehörden mit seiner Entscheidung ein rechtliches Instrument, um auf verschlüsselte Beweise zuzugreifen.
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