Neue Details der Polizei

Nach mutmaßlich islamistischem Anschlag in München: Kind schwebt in Lebensgefahr - Fahrer in U-Haft

Johanna Mielich

Online-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

14.02.2025, 17:41 Uhr
Die Polizei äußert sich am Freitag in einer Pressekonferenz zum mutmaßlichen Anschlag in München.

© Polizei Müchen/dpa Die Polizei äußert sich am Freitag in einer Pressekonferenz zum mutmaßlichen Anschlag in München.

Nach dem mutmaßlichen Anschlag in München sind weiter viele Fragen vor allem zu den Hintergründen und zum Motiv des Tatverdächtigen offen. Die Polizei gab am Freitagmorgen weitere Details bekannt:

Verletzte: Die Zahl der Verletzten ist mittlerweile auf 36 gestiegen, wie die Polizei am Freitagvormittag in der Pressekonferenz erklärte.

Ein zweijähriges Mädchen im zum LMU Klinikum gehörenden Haunerschen Kinderspital befindet sich in kritischem Zustand auf der Intensivstation. "Nach einer Notfall-Operation gestern liegt das Kind in stabilem, aber kritischem Zustand weiter auf der Intensivstation", sagt Oliver Muensterer, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie. "Eine Prognose über den weiteren Verlauf können wir derzeit nicht abgeben."

Auch am TUM Klinikum rechts der Isar behandeln die Ärztinnen und Ärzte weiter eine schwerst verletzte Person. "Ihr Zustand ist weiterhin als äußerst kritisch einzustufen", sagte eine Sprecherin des TUM Klinikums rechts der Isar. Dort waren fünf Menschen behandelt worden, vier wurden bereits entlassen.

Am LMU Klinikum wurden an den beiden Standorten Großhadern und Innenstadt insgesamt 14 Verletzte behandelt. Einige Patienten waren schwer verletzt, vier mussten den Angaben zufolge umgehend operiert werden.

Sechs Personen waren in Notfallzentren der München Klinik in Schwabing und Bogenhausen gebracht worden. Die Verletzungen reichten von leicht bis schwer, sagte ein Sprecher. Drei weitere Verletzte wurden laut einer Sprecherin am Klinikum Dritter Orden behandelt, vier am Rotkreuzklinikum München. Diese vier Patienten wurden inzwischen entlassen, wie eine Sprecherin mitteilte.

Die Polizei appelliert an alle Betroffenen, die Betreuungsmöglichkeiten und Kriseninterventionsdienste zu nutzen.

Untersuchungshaft: Fahrer des Wagens sitzt seit Freitagnachmittag in Untersuchungshaft. Das habe ein Ermittlungsrichter unter anderem wegen dringenden Verdachts auf versuchten Mord angeordnet, teilte die Generalstaatsanwaltschaft München mit.

Polizei äußert sich in Pressekonferenz zu Hintergründen

Hier können Sie die Pressekonferenz der Polizei vom Freitag einsehen:

Tatverdächtiger: Der 24 Jahre alte Afghane war am Donnerstag festgenommen worden, nachdem er mit einem Auto in eine Gruppe von Demonstranten gefahren war. Dabei hatte die Polizei auch auf seinen Wagen geschossen.

Er war nach Auskunft der Behörden bislang nicht vorbestraft. Der 24-Jährige habe keine Vorstrafen, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann in München. Es habe nur einmal in Bayern ein Verfahren wegen Arbeitsamtsbetrugs gegeben. Er habe sich arbeitslos gemeldet, dann eine Tätigkeit begonnen und sich nicht rechtzeitig wieder abgemeldet, sagte Tilmann. Das Verfahren sei gegen eine Geldauflage eingestellt worden, weil es nur ein sehr kurzer Zeitraum gewesen sei. Dies sei das einzige Ermittlungsverfahren in Bayern gewesen, das es gab.

"Der Täter kam 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland", erklärt Gabriele Tielmann. Der 24-Jährige hatte zudem eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, so war er zuletzt als Ladendetektiv beschäftigt und lebte in einer Mietwohnung in München.

Verdächtiger äußert sich in Vernehmung

Motiv: Die Ermittler gehen von einem islamistischen Motiv des Autofahrers aus. Das sagte die Leitende Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München, Gabriele Tilmann. Es gebe aber bisher keine Hinweise darauf, dass der 24 Jahre alte Afghane in ein Netzwerk wie den IS eingebunden gewesen sei.

Als Anhaltspunkte für eine islamistische Motivation nannte Tilmann unter anderem die Aussage von Polizisten, der Fahrer habe nach der Tat "Allahu Akbar" gerufen.

Genauere Details zum Motiv und warum der Verdächtige genau die Verdi-Demo für seine Tat ausgesucht hatte, seien bislang aber noch unklar. "Wir sind gerade dabei, die elektronischen Medien auszuwerten und die Aktivitäten auf Social Media zu prüfen", so Tielmann. In den Sozialen Netzwerken habe sich der 24-Jährige als Athlet und Fitness-Model bezeichnet, postete verschiedene Beiträge auch mit religiösem Bezug. "Es gibt auch WhatsApp-Chats in denen sich der Täter religiös äußerte", so Tielmann weiter.

Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Verdächtigen liegen der Polizei derzeit nicht vor. " Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass der Mann psychische Probleme hatte, die Auswirkungen auf die Tat hatten", so Tielmann.

Erste Vernehmung: Er habe in einer Vernehmung auch eingeräumt, den Wagen absichtlich in das Ende eines Verdi-Demonstrationszugs gesteuert zu haben. Die Aussagen deuteten auf eine religiöse Motivation hin, sagte Tilmann.

Zwar stünden die Ermittlungen noch am Anfang, betonte Tilmann. Sie traue sich aber, nach derzeitigem Stand von der Annahme eines islamistischen Hintergrunds zu sprechen.

Ermittlungen: Wie Vizepräsidenten des LKA, Guido Limmer, erklärt, wurde inzwischen einen Soko mit dem Namen "Seidelstaße" gegründet, welche derzeit aus 140 Beamtinnen und Beamten besteht.

Die Polizei ist unter anderem gerade dabei zahlreiche Videos vom Tatort auszuwerten "Über 50 Videos sind schon vorhanden", so Limmer weiter.

Auch die Auswertung des Handys des Beschuldigten sei bereits nachts gestartet, die Kommunikation habe vor allem in arabischer Sprache stattgefunden. In einem Chat mit einem Angehörigen soll sich der 24-Jährige verabschiedet haben mit den Worten "vielleicht bin ich morgen nicht mehr da!".

Konkret habe er sich allerdings in den Chatverläufen nicht zu Tat geäußert. Auch die Wohnungsdurchsuchung habe bislang noch keine konkreten Anhaltspunkte für die Tat gebracht.

Gab es Mitwisser?: Der Verdächtige sei laut Polizeiangaben bei der Ausführung der Tat alleine gewesen. Derzeit würden seine Kontakte überprüft. Ziel sei es herauszufinden, ob weitere Menschen von der Tat Kenntnis hatten oder involviert waren. "Wir werden weiter versuchen, die Persönlichkeit des Täters aufzuklären und die Umstände der Tat insbesondere der Tatmotivation aufzuklären", betont Tielmann.


Hier geht es zu allen aktuellen Polizeimeldungen.