Tierschutzbund erstattete Anzeige

Schockierende Vorwürfe gegen Erlanger: Hat er seine Hündin sexuell missbraucht?

Sara Denndorf

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21.9.2024, 09:59 Uhr
Eine Hündin aus dem Raum Erlangen-Höchstadt soll von ihrem Halter sexuell missbraucht und zudem nicht im notwendigen Maße versorgt worden sein (Symbolbild).

© IMAGO/Petra Schneider Eine Hündin aus dem Raum Erlangen-Höchstadt soll von ihrem Halter sexuell missbraucht und zudem nicht im notwendigen Maße versorgt worden sein (Symbolbild).

Es ist nicht strafbar, sich sexuell zu Tieren hingezogen zu fühlen - aber es ist strafbar, diese Neigung, die als "Zoophilie" bekannt ist, auszuleben. Genau das, so zumindest der Vorwurf, soll ein Herrchen aus dem Raum Erlangen-Höchstadt getan haben: Der Mann soll seine Hündin sexuell missbraucht und zudem hungern lassen haben. Konkret soll der Halter sexuelle Handlungen an dem Tier vorgenommen haben, was auch entsprechende Verletzungen und Entzündungen nahelegen.

Missbrauch und Unterversorgung: Tierschutzbund erstattet Anzeige

Ein entsprechende Anzeige erstattete der Deutsche Tierschutzbund bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Anfang September. Nachdem die "erheblich unterversorgte" Hündin im Juli durch die zuständige Behörde sichergestellt wurde und eine verantwortliche Hundephysiotherapeutin den Tierschutz-Landesverband Bayern in Kenntnis setzte, veranlassten die Tierschützer aus dem Freistaat eine Anzeige. Das teilte der Landesverband Bayern des Deutschen Tierschutzbundes auf Anfrage unserer Redaktion mit. Ihre Anzeige stützten die Tierschützer aus dem Freistaat auf Gutachten und die übermittelten Informationen von Hundepsychologen, Hundetrainern, Hundephysiotherapeuten und einer Tierärztin. Laut dem Vorwurf soll der Halter aus dem Raum Erlangen-Höchstadt gegen gleich drei verschiedene Paragraphen des Tierschutzgesetzes verstoßen haben.

"Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen", heißt es etwa in Paragraph 2.1. Die zweite Rechtsnorm, die der Halter offenbar verletzt haben soll, wurde erst vor wenigen Jahren aktualisiert: Laut Paragraph 3.13 des Tierschutzgesetzes ist es verboten, "ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen" oder es für ebendiese zur Verfügung zu stellen und "dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen". Gemäß des dritten Paragraphs, welcher gemäß der Vorwürfe in dieser Causa zu prüfen sei, drohe eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe, wenn einem Wirbeltier entweder "aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden" oder "länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt" werden.

Der Zustand der Hündin legt offenbar nahe, dass derartige Vergehen an ihr begangen worden sein könnten. Laut den bayerischen Tierschützern war die Hündin zunächst "physisch und psychisch erheblich geschädigt". Inzwischen hat sich der körperliche Zustand zwar "weitgehend verbessert und stabilisiert", psychisch leide die Hündin "trotz medikamentöser Einstellung aber weiterhin unter krankhaften Angststörungen und Panikattacken", schreibt der Landesverband Bayern des Tierschutzbundes Deutschland. Aktuell befinde sich die Hündin nach Informationen der bayerischen Tierschützer in Betreuung und Pflege einer zertifizierten Hundephysiotherapeutin.

Zoophilie in Deutschland

So schockierend der Fall scheinen mag, so überraschend häufig ist das dahinterstehende Problem: Zoophilie ist tatsächlich weiter verbreitet, als man vielleicht auf Anhieb vermuten würde. Amerikanischen Studien zufolge sollen rund acht Prozent der Männer und über drei Prozent der Frauen mindestens einmal in ihrem Leben eine zoophile Erfahrung gemacht haben, wie die Stiftung "Für das Tier im Recht" auf ihrer Website informiert.

Fälle des sexuellen Missbrauchs verursachen bei Tieren sowohl akut als auch langfristig "einen erheblichen physischen und psychischen Schaden", meint Nadia Wattad vom Deutschen Tierschutzbund. Ein solcher Übergriff sorgt bei den Tieren für extreme Angst, Stress und starke Schmerzen; Kleintiere werden bei der Penetration mitunter erheblich verletzt und sterben qualvoll.

In vielen Fällen wurden die Tiere, bevor sie sexuell missbraucht werden, Opfer von länger anhaltenden, sich wiederholenden physischen und psychischen Misshandlungen. Wie der Deutsche Tierschutzbund mitteilte, umfassen die Praktiken unter anderem "Analverkehr, Oralverkehr, das Einführen von Gegenständen in die Genitalien bis hin zur Tötung des Tieres". Je nach Größe des betroffenen Tieres sei auch Vaginalverkehr möglich. Zu den Opfern gehören laut dem Deutschen Tierschutzbund "Katzen, Schafe, Schweine, Ziegen, Pferde, Esel, Kühe aber auch Tiere wie Hühner".

Wissenschaftler unterscheiden laut dem Deutschen Tierschutzbund drei Arten des sexuellen Vergehens an Tieren: Beim sogenannten Zoosadismus besteht ein sadistisches Motiv, die Täter erregen sich also durch das Quälen, Verletzen oder Töten der Tiere. Zu einem Missbrauch kann es aber auch aus rein sexuellen Absichten kommen: Dabei entsteht zwar keine Erregung durch das Quälen der Tiere, dennoch ziehen die sexuellen Handlungen bei den Vierbeinern in der Regel erhebliche Schmerzen und Leiden nach sich. In die dritte Kategorie, in welche sich die Fälle des sexuellen Missbrauchs an Tieren einsortieren lassen, gehören jene Vergehen, in welchen beide Motive erfüllt sind.

Bei sexuellem Missbrauch drohen Bußgelder bis 25.000 Euro

Menschen mit einer Neigung zur Zoophilie sammeln sich in entsprechenden Foren im Internet. Wie Edmund Haterkeck, Manager der Wissenschafts- und Rechtsabteitung von Peta im Interview mit der "Märkische Allgemeine Zeitung" erklärte, gebe es allein in Deutschland 10.000 bis 15.000 Menschen, die sich konkret in dieser Szene bewegen.

Dies ließe sich anhand von Chatforen einschätzen, in denen sich seine Organisation anonym bewege. Offizielle, belastbare Zahlen zu Fällen der Zoophilie existieren allerdings nicht. Wie der Deutsche Tierschutzbund auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte, finden die sexuellen Übergriffe in der Regel im Verborgenen statt und gelangen nur selten an die Öffentlichkeit - zumal die Vergehen inzwischen strafbar sind.

Seit der Änderung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2013 ist Zoophilie in den Verbotskatalog des Paragrafen 3 Satz 1 Nummer 14 aufgenommen worden. Damit ist es nun grundsätzlich verboten, Tiere für sexuelle Handlungen zu missbrauchen oder dafür zur Verfügung zu stellen. Ein Verstoß gegen dieses Verbot stellt eine Ordnungswidrigkeit nach sich und kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro nach sich ziehen.

Die Neigung ist nicht strafbar, das Ausleben allerdings schon

Wichtig ist es hierbei zwischen Zoophilie und dem sexuellen Missbrauch von Tieren zu unterscheiden. Letzterer ist wie erwähnt seit der Gesetzesänderung vor gut zehn Jahren per se strafbar. Die Neigung an sich stellt aber nicht grundsätzlich eine Straftat dar.

Früher, das berichtet das Portal "PetBeek", galt Zoophilie noch als Perversion und "psychische Entartung". Heutzutage spricht man eher von einer erotischen Gefühlsbezogenheit zum Tier, einer sexuellen Neigung, die an und für sich nicht strafbar ist.

Es sei eine "zivilisationskulturelle Errungenschaft in unserer Kultur", dass kein Mensch für sein "So-Sein" bestraft, diskriminiert oder ausgegrenzt werden dürfe, konstatierte Sexualwissenschaftler und -psychologe Christoph Ahlers im Interview mit dem Magazin "Zeit". Also: Die Neigung ist nicht per se strafbar, es sei denn, sie wird in Form eines sexuellen Missbrauchs gegen ein Tier auch tatsächlich ausgelebt - so, wie es dem Hundehalter aus dem Raum Erlangen-Höchstadt nun vorgeworfen wird.