Rund 300 Zollfahnder im Einsatz

Steuerschaden in Millionenhöhe: Razzia auch in Franken - Schmieröl als Dieselkraftstoff verkauft

Georgios Tsakiridis

E-Mail zur Autorenseite

20.11.2024, 07:59 Uhr
Probenentnahme durch Kräfte des Hauptzollamtes.

© Zollfahndungsamt München Probenentnahme durch Kräfte des Hauptzollamtes.

Am Donnerstag, dem 14. November, hat eine Zollrazzia bei mehreren Tankstellen in der Nähe von Hof für Aufsehen gesorgt. Die Hintergründe seien bislang unklar, der Oberstaatsanwalt aus Hof könne den Einsatz lediglich bestätigen, hieß es zu dem Zeitpunkt. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung nähere Details zu der Aktion durchsickern lassen und bringt Licht ins Dunkel: Weil über 37 Millionen Liter Schmieröl im Wert von rund 52 Millionen Euro "zweckwidrig und unversteuert als Dieselkraftstoff an Gewerbekunden und über Tankstellen an Endverbraucher im Bundesgebiet verkauft worden sein sollen", durchsuchten am 14.11.2024 rund 230 Zollfahnderinnen und Zollfahnder im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hof bundesweit an 32 Standorten Wohn- und Geschäftsräume.

Nach monatelangen, verdeckt geführten Ermittlungen des Zollfahndungsamtes München wurden demnach sechs Haftbefehle gegen "Mitglieder von Gruppierungen vollstreckt, die im Verdacht stehen im großen Stil steuerfreies Schmieröl aus Osteuropa an ein in Oberfranken ansässiges Unternehmen geliefert zu haben, das dann als steuerpflichtiger Dieselkraftstoff über eigene Tanklastwagen an eine Vielzahl von Empfängern im Bundesgebiet abgegeben wurde." Zudem wird der oberfränkische Unternehmer verdächtigt, den unversteuerten Dieselkraftstoff über firmeneigene Tankstellen im Landkreis Hof und im Vogtlandkreis an Endverbraucher verkauft zu haben. Gegen den Mann habe der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Hof ebenfalls Haftbefehl erlassen.

Über 21 Millionen Euro Steuerschaden vermutet

Die Ermittler gehen davon aus, dass seit Anfang 2023 täglich bis zu 16 Tanklastwagen zu Dieselkraftstoff umdeklarierten Schmieröls in die Lager des oberfränkischen Unternehmens abgepumpt worden sein könnten. Als Lieferanten bzw. Rechnungssteller des Schmieröls traten mitunter Firmen aus Hamburg, Amberg und Falkensee und vor allem Berlin in Erscheinung. Der vorläufige Steuerschaden wird auf rund 18 Millionen Euro geschätzt. Die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter Bayreuth, Berlin, Potsdam und Braunschweig ermitteln zudem wegen Verdachts der Hinterziehung der Umsatzsteuer. Der vorläufig geschätzte Schaden könnte bei zusätzlich rund 3,6 Millionen Euro liegen.

Am Durchsuchungstag stellten die Ermittlerinnen und Ermittler des Zolls umfangreiches Beweismittel wie Geschäftsunterlagen, schriftliche Aufzeichnungen, Notebooks, Tablett-PCs, Handys und über 30.000 Euro Bargeld, aber auch 12.500 Euro Falschgeld sicher. Außerdem haben die Beatmen 15 Tankfahrzeuge unterschiedlicher Größen, sechs Lastkraftwagen, sechs Anhänger und zehn Autos beschlagnahmt. Der Wert eines noch am 15.11.2024 im Nachhinein gepfändeten Tanklastwagens wird auf knapp 400.000 Euro geschätzt.

Rund 300 Fahnder im Einsatz

An sieben Tankstellen wurden die Dieselzapfsäulen gesperrt, auf dem Firmengelände der Inhalt der Lagertanks durch Verplombung gesichert. Während der laufenden Maßnahmen befanden sich fünf polnische Tanklastwagen auf dem unmittelbaren Weg zum Firmengelände. Kurz davor stoppten Zollfahnder die Transporte und stellten die rund 150.000 Liter umfassenden Transporte sicher. Es wird davon ausgegangen, dass Frachtpapiere und Gefahrgutwarntafeln unterwegs bereits auf Dieselkraftstoff "umgemünzt" worden sein könnten.

Am Durchsuchungstag waren rund 300 Kräfte der Zollfahndungsämter München, Berlin, Hamburg, Dresden und Frankfurt am Main im Einsatz. Sie wurden unterstützt durch Gutachter des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundeszollverwaltung sowie Kräften der Hauptzollämter Schweinfurt, Nürnberg, Erfurt und Regensburg. Daneben beteiligten sich die Steuerfahndungen Bayreuth, Berlin, Potsdam und Braunschweig bei den Durchsuchungen. Die Staatsanwaltschaft Hof übernahm vor Ort mit zwei Staatsanwälten den Vollzug der durch das Amtsgericht Hof angeordneten Maßnahmen. Das Verfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen bzw. der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei dauert an. Weitere Details könnten aus ermittlungstaktischen und persönlichkeitsrechtlichen Gründen sowie wegen des Steuergeheimnisses derzeit nicht mitgeteilt werden.