Beziehung

Zum Tag der bisexuellen Sichtbarkeit: Was bedeutet bisexuell eigentlich?

Elias Thiel

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23.9.2024, 08:22 Uhr
Bisexuelle sind Teil der queeren Community und kämpfen jährlich am Pride für mehr Sichtbarkeit.

© Astrobobo, Pixabay, LizenzCC Bisexuelle sind Teil der queeren Community und kämpfen jährlich am Pride für mehr Sichtbarkeit.

Bisexualität wird häufig missverstanden, sodass viele Menschen ihre bisexuelle Orientierung verschweigen. Bisexualität ist klar von Homosexualität unterscheidbar, jedoch ebenfalls mit verschiedenen Vorurteilen behaftet.

Definition: Was bedeutet bisexuell?

Im Gegensatz zur Heterosexualität, bei der sich die Anziehung nur auf ein Geschlecht bezieht, handelt es sich bei Bisexualität um die Anziehung durch mehrere Geschlechter. Bisexualität bezeichnet somit eine sexuelle Neigung oder Orientierung, bei der sich Menschen zu Männern oder Frauen emotional oder sexuell hingezogen fühlen. Abgekürzt wird der Begriff "Bisexualität" häufig mit "bi".

Sigmund Freud ging zu Beginn des 20. Jahrhunderts davon aus, dass jeder Mensch ursprünglich bisexuell veranlagt ist und sich im Laufe der Entwicklung dann einschränkt.

Für einige Menschen ist die Bisexualität eine kurze Phase in der Jugend, während sie für andere Menschen zu einem festen Bestandteil ihrer Identität wird. Die Grenzen zwischen Bisexualität und Pansexualität sind fließend, denn auch pansexuelle Menschen fühlen sich nicht nur zu einem Geschlecht hingezogen.

Worin liegt der Unterschied zwischen bisexuell und pansexuell?

Bisexuelle Menschen haben Interesse an Personen beider biologischer Geschlechter, sodass sie sich von Männern und Frauen angezogen fühlen. Teilweise haben Bisexuelle auch eine Präferenz für eines der beiden Geschlechter.

Pansexuelle Menschen verspüren eine Anziehung unabhängig von dem biologischen oder sozialen Geschlecht. Zudem können sie sich von allen Geschlechtern gleichermaßen angezogen fühlen (Männer, Frauen, Intersexuelle oder nicht-binäre Geschlechtsidentitäten). Für Pansexuelle spielt die Geschlechtsidentität bei der Partnerwahl keine Rolle, während sie für bisexuellen Menschen durchaus wichtig sein kann. Die Abgrenzung ist hier aber nicht immer eindeutig, viele Menschen verwenden die Begriffe auch als eine Art Synonym.

Bisexuell: Welche Merkmale gibt es?

Aber woran erkennt man, dass man selbst bisexuell ist? Es gibt keinen festen Zeitpunkt, an dem Menschen merken, dass sie sich zu mehr als einem Geschlecht hingezogen fühlen. Einige Personen spüren die Zuneigung bereits im Kindesalter oder der Pubertät, andere Menschen entdecken im Erwachsenenalter ihre sexuelle Orientierung zu beiden Geschlechtern. Wieder andere fühlen diese Zuneigung nur phasenhaft. Allerdings gibt es verschiedene Anzeichen, die darauf hindeuten können, dass eine bisexuelle Orientierung vorliegt:

  • das Gefühl, zu Frauen und Männern emotional oder körperlich angezogen zu werden
  • sexuelle oder romantische Fantasien zu Männern und Frauen
  • gleichgeschlechtliche Körper attraktiv finden
  • sexuelle Andersartigkeit faszinierend finden
  • Gefühle für das gleiche Geschlecht entwickeln

Die Erkenntnis kommt meist nicht plötzlich. Meistens ist es ein langer Prozess, bis Menschen ihre Bisexualität erkennen und akzeptieren. Viele Menschen probieren sich auch erst einmal aus und finden dadurch ihre sexuelle Orientierung.

Diskriminierung gegenüber Bisexuellen

Bisexualität ist mit diversen Vorurteilen behaftet. Wer auf der Straße zwei Frauen sieht, die sich küssen, geht davon aus, dass sie ein homosexuelles Paar sind. Die Annahme, dass sie ein bisexuelles Paar sein könnten, kommt vielen Menschen gar nicht in den Sinn. Während für homosexuelle Menschen mittlerweile die gesellschaftliche Akzeptanz steigt, ist Bisexualität oftmals noch ein Tabu-Thema, woraus Stigmatisierungen resultieren. Dies macht es bisexuellen Menschen nicht einfach, sich zu ihrer sexuellen Orientierung zu bekennen.

Wenn der gesellschaftliche Druck zu stark oder das direkte Umfeld nicht aufgeschlossen ist, kann es sein, dass bisexuelle Menschen ihre Gefühle unterdrücken. Dies kann ernsthafte psychische Probleme bedingen. Viele bisexuelle Menschen fühlen sich nicht verstanden, ausgeschlossen oder nicht ernst genommen. Das Risiko einer psychischen Erkrankung steigt. Dabei können Angstzustände oder Depressionen auftreten.

Mit welchen Vorurteilen haben bisexuelle Menschen zu kämpfen?

Bisexuelle Menschen müssen sich nicht selten Sätze wie "Entscheid' dich doch mal für ein Geschlecht" anhören. Folgende Klischees bestehen gegenüber bisexuellen Menschen.

Sexuell freizügig

Bisexuelle Menschen hören oft den Satz, sie hätten bestimmt einen freizügigen Lebensstil mit vielen wechselnden Partnern. Nur weil sich die Optionen theoretisch verdoppeln, bedeutet dies aber nicht, dass auch die Anzahl der sexuellen Partnerschaften stark ansteigt.

Bisexuelle leben nicht monogam

In gleicher Weise ist die Annahme absurd, dass alle bisexuellen Menschen auch in polyamoren Beziehungen leben. Bisexualität bedeutet nicht, dass die Personen auch mit mehreren Menschen gleichzeitig zusammen sind. Die sexuelle Orientierung bedeutet lediglich, dass sich die Anziehung auf beide Geschlechter beziehen kann. Somit können bisexuelle Menschen (genau wie homosexuelle oder heterosexuelle Menschen) sowohl in monogamen als auch in polyamoren Beziehungen leben.

Bisexuelle wollen Aufmerksamkeit

Häufig müssen sich bisexuelle Menschen anhören, dass sie lediglich Aufmerksamkeit suchen. In der Regel wollen sie aber nicht mehr Aufmerksamkeit als die meisten heterosexuelle Menschen.

Bisexuelle wollen einen "Dreier"

Sobald jemand seine Bisexualität bekundet, unterstellen andere Menschen, dass Bisexuelle auf einen Dreier aus sind. Diese Unterstellung ist ernüchternd. Denn bisexuelle Menschen wollen oftmals nur mit ihrem geliebten Partner zusammen sein – unabhängig davon, ob es sich um eine gleichgeschlechtliche oder gemischtgeschlechtliche Beziehung handelt.

Bisexualität ist nur eine Phase

Bisexualität ist keine Phase, sondern eine reale sexuelle Orientierung. Teilweise wird Bisexualität lediglich als Vorstufe zur Homosexualität verstanden.

Tipps für das Coming-out bei Bisexualität

Jedes Coming-out verläuft unterschiedlich. Diese Tipps können allerdings dabei helfen, den geliebten Menschen, Freunden und der Familie die eigene Sexualität zu offenbaren:

1) Gute Erfahrungen sammeln

Zuerst sollte man sich bei Menschen outen, die höchstwahrscheinlich positiv auf das Coming-out reagieren. Dies wirkt bestärkend und gibt ein gutes Gefühl.

2) Reaktion einschätzen

Wer die Meinung des Gegenübers über sexuelle Orientierungen kennt oder abschätzen kann, kann auch die Reaktion auf das Coming-out kommen sehen.

3) Zeit geben

Einige Menschen brauchen Zeit, bis sie mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen und diese akzeptieren können. Diese Zeit sollte man den Menschen geben.

4) Genug Zeit zum Reden nehmen

Vor allem beim Coming-out in der Familie sollte man sich genug Zeit nehmen, damit die Familienmitglieder auch Zeit zur Verarbeitung der neuen Gegebenheit erhalten.

5) Auf Vorurteile vorbereiten

Wer sich zuvor mit den Vorurteilen und Klischees gegenüber Bisexualität auseinandersetzt, kann auf diese besser reagieren.

6) Distanz akzeptieren

Nicht immer reagieren die Gesprächspartner positiv auf das bisexuelle Coming-out. Teilweise wenden sich ehemals enge Freunde sogar von den Betroffenen ab. Zunächst sollte dann ein Gespräch gesucht werden. An der Freundschaft hat sich doch eigentlich nichts geändert - der bisexuelle Mensch ist immer noch der Gleiche. Falls der Freund die Freundschaft allerdings nicht mehr möchte, sollte man diesen ziehen lassen. Niemand braucht Freunde, die einen nicht so akzeptieren, wie man wirklich ist.

7) Niemand wird gezwungen, sich zu outen

Wer sich noch nicht zum Coming-out bereit fühlt, kann auch einfach noch ein wenig warten. Die sexuelle Orientierung ist etwas Persönliches. Gleichzeitig können sich Bisexuelle natürlich auch aussuchen, wem gegenüber sie sich gerne outen möchten und wem nicht.

8) Coming-out im Nebensatz

Man muss sich nicht nur einmal outen, sondern immer wieder. Sobald man neue Freunde findet oder neue Leute kennenlernt, möchte man vielleicht erneut die sexuelle Orientierung offenbaren. Je öfter dies gemacht wurde, desto einfacher wird es. Wer sich damit sicherer fühlt, kann auch einfach das Coming-out in einen Nebensatz einfließen lassen – dann braucht es keine großen Erklärungen.

9) Ein Coming-out tut oftmals gut

Wenn man sich geoutet hat, fühlt man sich oftmals erleichtert und wohl. Endlich gibt es keine Geheimnisse und keine Ausreden mehr. Man kann wieder offen über seine Gefühle sprechen.

10) Je früher, desto besser

Wer sich jahrelang verstellt und seine Gefühle versteckt, verspürt häufig einen enormen Leidensdruck. Wenn man sich früh outet, kann man Missverständnisse vermeiden. Offen mit der eigenen Sexualität umzugehen, gibt den meisten Menschen ein Gefühl von Freiheit.