Erziehung
Was sind Rasenmäher-Eltern?
29.2.2024, 12:03 UhrDas Wort "Helikoptereltern" - also Eltern, die überbehütend um ihre Kinder kreisen - ist vielen Menschen ein Begriff. Mittlerweile gibt es noch eine Wortschöpfung: "Rasenmäher-Eltern". Was steckt dahinter?
Rasenmäher-Eltern: Bedeutung
Der Begriff Rasenmäher-Eltern entstand im August 2018: Ein Lehrer berichtete auf der Website "Wearetheachers" über seine Erfahrungen mit Eltern und Schülern. Er erklärt: "Rasenmäher-Eltern tun alles, was nötig ist, um ihr Kind vor Rückschlägen, Auseinandersetzungen oder Misserfolgen zu bewahren."
Die Eltern machen ihren Kindern buchstäblich den Weg frei: Jedes Hindernis wird niedergemäht, jede Unebenheit geglättet, damit der Nachwuchs seine Ziele schnell und sicher erreicht. Das hat Folgen.
Nachdem die Rasenmäher-Eltern-Definition geklärt wurde, stellt sich wohl gleich die nächste Frage: Warum werden Eltern eigentlich Helikopter- oder Rasenmäher-Eltern?
Rasenmäher-Eltern meinen es eigentlich gut: Sie möchten gerne alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen, um ihre Kinder vor negativen Erfahrungen wie Rückschlägen und Konflikten zu schützen. Anstatt ihre Kinder auf die Herausforderungen des Lebens vorzubereiten, räumen sie selbst potenzielle Hindernisse aktiv aus dem Weg, damit ihre Kinder diese Schwierigkeiten erst gar nicht erleben müssen. Diese Eltern handeln oftmals aus einem starken Wunsch heraus, ihren Kindern ein möglichst reibungsloses und problemfreies Leben zu ermöglichen.
Gleichzeitig scheint dies oftmals der einfachere Weg, weil die Eltern in der Regel einiges an Erfahrung in Konfliktbewältigung mitbringen, ihre Kinder aber nicht. Allerdings ist der leichteste Weg nicht zwangsläufig auch der beste Weg.
Rasenmäher-Eltern zeichnen sich in der Regel durch Intelligenz, Bildung und beruflichen Erfolg aus. Sie haben erlebt, dass bestimmte akademische Abschlüsse einen entscheidenden Einfluss auf die berufliche Laufbahn haben können. In ihrem Bestreben, ihren Kindern den bestmöglichen Start im Leben zu ermöglichen, neigen sie dazu, übermäßige Unterstützung bei Hausaufgaben und Lernaktivitäten zu leisten. Sollten die erzielten Noten dennoch nicht den Erwartungen entsprechen, scheuen diese Eltern nicht davor zurück, intensive Gespräche mit Lehrkräften zu führen.
Rasenmäher-Eltern: Beispiele
Dies sind typische Verhaltensweisen von Rasenmäher-Eltern:
- Konfliktlösungen: Oftmals wollen Rasenmäher-Eltern ihre Kinder vor Konflikten schützen, indem sie diese selbst austragen. Daher kann es sein, dass sie die Konflikte (mit anderen Kindern oder Erwachsenen) bereits klären, bevor ihre Kinder eine Chance zur Konfliktbewältigung hatten.
- Schule: Einige Rasenmäher-Eltern suchen Lehrkräfte auf, um über schlechte Noten zu sprechen. Zudem überwachen sie die Hausaufgaben minutiös oder übernehmen diese teilweise sogar bei (ihrer Meinung nach) unzureichender Leistung des Kindes.
- Berufswahl: Die Eltern versuchen oftmals, die berufliche Zukunft ihres Kindes in eine bestimmte Richtung zu lenken, damit das Kind eine stabile Branche mit (aus ihrer Sicht) guten Arbeitsbedingungen wählt.
- Soziale Aktivitäten: Eltern mischen sich aktiv in die Auswahl der Freunde ihres Kindes ein und versuchen, die sozialen Kontakte zu lenken oder zu kontrollieren.
- Entscheidungen bezüglich Freizeitaktivitäten: Rasenmäher-Eltern neigen dazu, die Auswahl von Hobbys und außerschulischen Aktivitäten ihrer Kinder zu übernehmen und dabei oftmals eigene Vorstellungen und Wünsche durchzusetzen.
- Persönliche Beziehungen: Rasenmäher-Eltern könnten sich auch in die romantischen oder freundschaftlichen Beziehungen ihrer Kinder einmischen.
Die Einmischungen von Rasenmäher-Eltern zielen darauf ab, die Kinder (vermeintlich) vor Rückschlägen, Misserfolgen, Hindernissen und Auseinandersetzungen im Leben zu schützen. Die Absicht dieser Eltern sind im Kern positiv, da sie das Wohlbefinden ihrer Kinder sicherstellen wollen. Jedoch überschreitet der Erziehungsstil der Rasenmäher-Eltern eine entscheidende Grenze: Kinder haben ein Recht auf Selbstverantwortung und Autonomie. Rasenmäher-Eltern hingegen sind übermäßig kontrollierend und hindern ihre Kinder daran, die Konsequenzen ihres Handels zu erfahren und sich somit weiterzuentwickeln.
Was ist der Unterschied zwischen Helikopter-Eltern und Rasenmäher-Eltern?
Helikopter-Eltern und Rasenmäher-Eltern sind beides relativ neue Begriffe, um überfürsorgliche Eltern zu beschreiben. Dabei gibt es kleine Unterschiede in den Verhaltensweisen: Helikopter-Eltern überwachen ihre Kinder intensiv. Sie wollen alles mitbekommen, sei es in der Schule oder in den Freundschaften. Sie greifen aber nicht unbedingt so aktiv in das Leben ihrer Kinder ein wie Rasenmäher-Eltern. Man könnte Rasenmäher-Eltern somit als gesteigerte Version der Helikopter-Eltern betrachten.
Ein Begriff, der in diesem Umfeld manchmal auch auftaucht, ist der der U-Boot-Eltern. Die tauchen auf, wenn es Probleme gibt - und lassen sich sonst wenig blicken.
Die Folgen von Rasenmäher-Eltern
Eine Professorin einer amerikanischen Universität in Pittsburgh berichtet über die Auswirkungen des Erziehungsstils. Sie werden schlecht darauf vorbereitet, Wachstums- und Lernerfahrungen umzugehen, so ihre Beschreibung. Beispielsweise lernen sie nicht, wie mit einem nervigen Mitbewohner umgegangen werden soll. Fähigkeiten wie die Kommunikation mit Vorgesetzten oder der Umgang mit Enttäuschungen wird nicht gelehrt. Zudem entwickeln sie keine eigene Motivation und keinen eigenen Antrieb, da die Rasenmäher-Eltern den Lebensweg vorgeben. Dadurch sind sie oft nicht in der Lage - zumindest ohne Hilfe von anderen - Entscheidungen zu treffen. Außerdem bekommen sie die Botschaft vermittelt, dass sie nicht gut genug sind, um ihre eigenen Probleme zu lösen.
Auch Franziska Kath, Psychologin der DAK-Gesundheit, bestätigt: "Wer als Kind nie stolpert, weil die Eltern alle potenziellen Hindernisse entfernen, der wird sich später als Erwachsener schwerer mit dem Aufstehen tun, wenn er hingefallen ist."
Vor allem im Bereich der Schule zeigen sich die Auswirkungen, so "KiTa.de". Es kommt nicht selten vor, dass Eltern die Hausaufgaben für ihre Kinder erledigen, damit diese vor den Lehrern gut dastehen. Die Eltern haben Angst davor, dass ihre Kinder eine schlechte Bewertung erhalten und eine Enttäuschung erleben müssen. Dabei vergessen sie jedoch, dass das Scheitern zum Leben dazu gehört. "Nur wenn Kinder Fehler machen dürfen, gewinnen sie an Lebenserfahrung und verstehen, was Eigenverantwortung ist", heißt es.
Auch eine Untersuchung in Form einer Langzeitstudie zeigt, dass das Erlernen einer weiteren Fähigkeit erschwert wird: Kinder von Rasenmäher-Eltern haben größere Schwierigkeiten, ihre Impulse und Emotionen zu kontrollieren. Das ist allerdings nötig, um in sozialen Gefügen zurechtzukommen.
Was kann man tun, wenn man selbst zu den Rasenmäher-Eltern gehört?
Viele Eltern sind sich nicht bewusst darüber, dass sie zu den sogenannten Rasenmäher-Eltern gehören. Sollte man jedoch merken, dass man auch ein Rasenmäher-Papa oder eine Rasenmäher-Mama ist, sollte man seinen Erziehungsstil hinterfragen und verändern. Dem Kind müsse Freiraum gewährt werden, rät "KiTa.d"e. Dazu müsse auch die eigene Angst überwunden werden.