Die Kosten im Griff

Für wen sich eine Zahnzusatzversicherung lohnt

29.8.2024, 12:18 Uhr
Auf dem Zahnarztstuhl: Welche Leistungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen?

© Christin Klose/dpa-tmn Auf dem Zahnarztstuhl: Welche Leistungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen?

Zähne können richtig teuer werden. Noch nicht unbedingt, wenn man jung ist, aber in der zweiten Lebenshälfte. Wie teuer, das hängt vom eigenen Gebiss ab. Besonders wenn Zähne ersetzt werden müssen, kommen schnell viele Tausend Euro zusammen.

Das Problem: Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt nur einen Teil der Kosten und die einfachste - und oft unschönste - Form der Restaurierung. Wer sich hochwertigen und ansehnlichen Zahnersatz wünscht, muss aus eigener Tasche ordentlich draufzahlen.

Es sei denn, man hat eine Zahnzusatzversicherung. Sie trägt oft einen großen Teil oder sogar die gesamten Kosten solcher Behandlungen. Klingt gut?

In diesem Überblick erfahren Sie, was die gesetzliche Kasse zahlt, wie eine private Zusatzversicherung funktioniert und was sie kostet - und für wen sich der Extraschutz lohnen dürfte.

Überblick: Was die gesetzliche Krankenkasse zahlt

Grundsätzlich gilt: Die gesetzliche Krankenkasse zahlt das, was medizinisch notwendig ist, also die sogenannte Regelversorgung. Dabei geht es nicht um das ästhetisch bestmögliche Ergebnis.

Die Verbraucherzentralen geben einen Überblick, welche Leistungen in welcher Höhe von der gesetzlichen Kasse übernommen werden:

  • Vorsorge: Bei Erwachsenen werden zwei Kontrolluntersuchungen und eine Zahnsteinentfernung pro Jahr übernommen. Alle zwei Jahre wird eine Früherkennung von Parodontitis bezahlt. Viele Krankenkassen bezuschussen auch eine professionelle Zahnreinigung im Jahr.
  • Füllungen: Beim Lächeln soll es natürlich aussehen: Die Kassen zahlen bei den Schneide- und Eckzähnen sogenannte Komposit-Füllungen aus zahnfarbenem Kunststoff. Für die kaum sichtbaren Backenzähne ist Amalgam vorgesehen. Bestimmte Gruppen wie Schwangere und Menschen mit Amalgam-Allergie haben auch dort Anspruch auf eine Kunststofffüllung.
  • Wurzelbehandlungen: Das entzündete Gewebe wird dabei bis zur Wurzelspitze entfernt und der Wurzelkanal verschlossen. Übernommen werden die Behandlung und auch das Entfernen von Wurzelspitzen nur, wenn der betroffene Zahn als "erhaltungswürdig" gilt.
  • Parodontitis: Die Behandlung dieser durch Bakterien verursachten und entzündlichen Erkrankung des Zahnhalteapparats wird übernommen, wenn die Zahnfleischtaschen mindestens vier Millimeter tief sind. Dafür müssen Versicherte bei der Kasse einen Antrag stellen.
  • Zahnfehlstellungen: Bei Kindern wird eine Behandlung mit einer Spange ab der sogenannten kieferorthopädischen Indikationsgruppe (KIG) 3 übernommen. Den Eigenanteil bekommen Eltern nach Abschluss der Behandlung erstattet. Bei Erwachsenen wird die Behandlung nur bei schweren Fehlstellungen der Zähne übernommen.
  • Zahnersatz: Hier gelten andere Regeln. Die Kassen übernehmen hier nur einen Festzuschuss in Höhe von 60 Prozent der Regelversorgung. Also der Behandlung, die medizinisch ausreichend und zweckmäßig ist. Wenn man seine Kontrolluntersuchungen der letzten fünf Jahre mit einem abgestempelten Bonusheft nachweisen kann, erhöht sich der Anteil auf 70 Prozent. Nach zehn Jahren sind es 75 Prozent.
Wer ein lückenloses Bonusheft vorlegen kann, profitiert von einem höheren Zuschuss beim Zahnersatz.

Wer ein lückenloses Bonusheft vorlegen kann, profitiert von einem höheren Zuschuss beim Zahnersatz. © Benjamin Nolte/dpa-tmn

Gut zu wissen: Für Menschen mit einem Monatseinkommen von 1358 Euro brutto oder weniger gibt es eine Härtefallregelung. Hier übernimmt die Krankenkasse auf Antrag die gesamten Kosten der Regelversorgung, also beim Zahnersatz nicht nur 60, sondern 100 Prozent. Das gilt auch für Menschen, die Bürgergeld, Grundsicherung oder Bafög bekommen.

Wer sich mehr als die Regelversorgung wünscht, hat generell zwei Optionen, wie die Verbraucherzentralen erklären:

  • Gleichartige Versorgung: Das ist die Kassenleistung plus eine Zusatzleistung. Beispiel: Eine Metall-Krone auf einem Backenzahn wird zusätzlich keramisch verblendet. Der Zahnarzt rechnet dann nur die Zusatzkosten für die Verblendung privat ab.
  • Andersartige Versorgung: Hier kommt eine ganz andere Lösung zum Einsatz als die Kassenleistung, etwa ein Implantat statt einer Brücke. Es gibt zwar auch den Festzuschuss, aber die gesamte Behandlung wird nach der privaten Gebührenordnung für Zahnärzte abgerechnet. Das wird am Ende oft ziemlich teuer.

Die Stiftung Warentest gibt ein Beispiel aus der Praxis:

Ein Implantat mit vollständig verblendeter Metall-Keramik-Krone an einem Seitenzahn im Unterkiefer mit einem vorherigen Knochenaufbau schlägt laut der Gebührenordnung mit 4456 Euro zu Buche.

Der feste Kassenzuschuss beträgt hier mit dem höchsten Bonus nur 609 Euro. Der Eigenanteil liegt bei 3847 Euro.

So funktioniert eine Zahnzusatzversicherung

Zahnzusatzversicherungen sind beliebt: Laut einer Forsa-Umfrage für die Gothaer Versicherung von 2021 haben 35 Prozent der Beschäftigten in Deutschland irgendeine Form von privatem Zusatzschutz.

Mit 77 Prozent am beliebtesten ist unter diesen Personen die Zahnzusatzversicherung, noch vor der Auslandsreisekrankenversicherung.

Gewusst? Oft bekommen gesetzlich Versicherte die Werbung für eine private Zahnzusatzversicherung von ihrer Krankenkasse zugeschickt. Trotzdem handelt es sich um Angebote privater Versicherungsgesellschaften.

Hier kommen die wichtigsten Merkmale der Versicherung:

  • Die Zusatzversicherung kommt nicht für laufende Behandlungen auf. Wenn bei Vertragsabschluss klar ist, dass zum Beispiel ein Zahn eine Krone braucht, werden die Kosten nicht erstattet.
  • Die Versicherung kann man oft nicht direkt nach dem Vertragsabschluss nutzen. Häufig gibt es Wartezeiten von mehreren Monaten. Manche Versicherer verzichten aber auch darauf.
  • In den ersten Jahren nach Abschluss gibt es Obergrenzen beim Leistungsumfang. Beispiel: maximal 1000 in den ersten 12 Monaten, 2000 Euro nach 24 Monaten und so weiter. Die volle Leistung gibt es dann etwa ab dem fünften Jahr - außer bei Unfällen.
  • Damit sich die Versicherung ein Bild machen kann, muss man einen Gesundheitsfragebogen wahrheitsgemäß beantworten. Der Versicherer fragt auch die Unterlagen vom Zahnarzt an. Vorsicht: Wer etwas verschleiert, gefährdet später den Versicherungsschutz.
  • Die Kosten hängen vor allem vom Leistungsumfang ab.
Gold- oder Verblendkrone: Die Kosten der Zahnzusatzversicherung hängen vom Leistungsumfang ab.

Gold- oder Verblendkrone: Die Kosten der Zahnzusatzversicherung hängen vom Leistungsumfang ab. © Markus Scholz/dpa-tmn

Das kostet eine Zahnzusatzversicherung

Die Stiftung Warentest hat 289 Zahnzusatzversicherungen unter die Lupe genommen (Zeitschrift "Finanztest", Ausgabe 6/2023).

Sie unterscheidet im Test für ihren Modellkunden, der seine Police mit 43 Jahren abschließt, drei verschiedene Kategorien:

  • "Rundum-sorglos-Paket": Teure Inlays statt Füllungen, eventuell mehrere Implantate: Ästhetisch wird das beste Ergebnis angestrebt. Doch das hat einen saftigen Preis: Im Schnitt zahlt der Modellkunde über die Jahre gesehen 40 bis 79 Euro pro Monat.
  • "Gut und günstig": Die laufenden Kosten sollen nicht zu hoch sein. Hier ist der Versicherte bereit, einen Teil der Kosten für eine etwas höherwertigere Lösung selbst zu bezahlen. Dann landet man bei monatlichen Beiträgen in Höhe von 15 bis 30 Euro.
  • "Kasse genügt": Diesem Kunden reicht im Mund die Kassenlösung. Er möchte bloß, dass bei einem eventuellen Zahnersatz der Eigenanteil an der Regelversorgung übernommen wird, also die übrigen 40 Prozent. Dafür werden im Langzeitschnitt 9 bis 12 Euro monatlich fällig.

Bei der Preisgestaltung der Verträge gibt es verschiedene Modelle. Die Stiftung Warentest fasst die wichtigsten Infos zusammen:

  • Ob Premium- oder Basisschutz: In den meisten Tarifen erhöht sich der monatliche Beitrag mit dem Alter der Versicherten stufenweise.
  • Manchmal steigt der Beitrag nicht mit dem Alter, sondern hängt vom Eintrittsalter ab: Jüngere Neukunden zahlen weniger als Ältere. Der Beitrag bleibt dann in der Regel konstant, solange die allgemeine Preissteigerung nicht die Ausgaben der Versicherer erhöht.

Generell steigt der Beitrag, wenn die Leistungen über einen ursprünglich kalkulierten Umfang hinausgehen - was häufig der Fall ist. Denn wie sich die Zahngesundheit über die Jahre entwickelt, lässt sich bei Vertragsabschluss nicht genau vorhersagen.

Fazit: Das Angebot ist vielfältig, die preislichen Unterschiede sind groß. Die Verbraucherzentralen raten dazu, Leistungen und Preise zu vergleichen. Faustregel: je besser ein Tarif, umso teurer.

Worauf sollte ich beim Abschluss achten?

Die Verbraucherzentralen geben wichtige Einschätzungen:

  • Die Höhe der Leistungen sollte sich auf den privaten Rechnungsbetrag beziehen - und nicht lediglich auf den Teil, den die Krankenkasse bezuschusst. Sonst zahlt man mehr zu.
  • Die jährliche Erstattungssumme sollte ab einem bestimmten Jahr nicht mehr begrenzt sein. Denn selbst eine Summe von 10 000 Euro reicht manchmal nicht aus, wenn aufwendige Maßnahmen an mehreren Zähnen nötig werden.
  • Bei Implantaten gibt es große Unterschiede: Manchmal wird nur eine bestimmte Höchstzahl übernommen. Hier muss man sich überlegen, wie umfangreich der Schutz sein soll, denn umso mehr zahlt man. Der oft nötige Knochenaufbau sollte immer eingeschlossen sein.
  • Prüfen Sie, ob der Versicherer seine Leistungen bei den Material- und Laborkosten begrenzt. Das wäre eine klare Einschränkung.
Die Angebote der Zahnzusatzversicherungen sind so vielfältig wie die Behandlungsmöglichkeiten - ein Vergleich lohnt sich.

Die Angebote der Zahnzusatzversicherungen sind so vielfältig wie die Behandlungsmöglichkeiten - ein Vergleich lohnt sich. © Christin Klose/dpa-tmn

Für wen lohnt sich eine Zahnzusatzversicherung?

Unabhängige Versicherungsexperten raten generell dazu, nur Risiken zu versichern, die einen finanziell ruinieren können. So sollte etwa wirklich jeder eine private Haftpflichtversicherung haben. Auch den Hausrat gegen Feuer oder Wasserschäden zu versichern, ist absolut sinnvoll.

  • Ein junges, gesundes Gebiss braucht keinen Extraschutz. Die Stiftung Warentest empfiehlt, eine Zahnzusatzversicherung erst in einem Alter von Mitte 30 oder Anfang 40 abzuschließen.
  • Auch für bessere Füllungen und Zahnreinigungen lohnt sich der zusätzliche Versicherungsschutz nicht, urteilt die Stiftung Warentest. Hier kann man die Rechnungen auch selbst bezahlen. Über die Jahre gerechnet komme es wahrscheinlich auf das Gleiche hinaus. Eine Versicherung sei hier nur unnötig kompliziert.

Die Zahnzusatzversicherung lohnt sich nur, wenn man Wert auf einen hochwertigen Zahnersatz legt - also auf Inlays, Vollkeramik-Kronen, Implantate. Nur dann sollte man den Abschluss einer solchen Versicherung erwägen, raten die Verbraucherschützer.

Eine gute Police macht dann selbst eine teure Zahnsanierung für alle bezahlbar, so die Stiftung Warentest. So waren 131 der 289 getesteten Tarife "sehr gut", 35 erhielten sogar die Bestnote von 0,5.

Bei den besten Tarifen werden auch die Kosten für aufwendige Implantate komplett übernommen, so die Warentester.

Aber: Es sind eben nicht alle Tarife wirklich gut. Im Test waren 42 Tarife "befriedigend", 11 "ausreichend", einer "mangelhaft".

Oft halten Verträge nicht, was sie versprechen, bemängelt auch der Bund der Versicherten (BdV). Man könnte annehmen, eine Versicherung übernehme den Eigenanteil komplett. Das sei aber selten der Fall, auch nicht bei eher leistungsstarken Tarifen, so die Kritik.

Der BdV verweist auch auf die hohen Prämien, die eben gerade für die allerbesten Tarife fällig werden. Da sei es für Menschen mit guter Zahngesundheit empfehlenswerter, Geld für eventuelle Eingriffe selbst zurückzulegen.

Das sei dann die bessere Lösung, wenn man nur alle paar Jahre eine Krone oder ein Implantat braucht. Beispiel: Sie verlieren bei einem Sportunfall einen Schneidezahn, der ersetzt werden muss. "Hat man ausreichend Geld zurückgelegt, würde der Einsatz von Implantaten nicht im finanziellen Fiasko enden und man hätte sich das jahrelange Zahlen der Prämien gespart", argumentiert der BdV.

Und: Wer eine private Unfallversicherung hat, kann sich die Kosten für den Zahnersatz eventuell auch darüber zurückholen.

Unnötige Kosten: Eine Zahnzusatzversicherung macht in der Regel erst ab Mitte 30 Sinn.

Unnötige Kosten: Eine Zahnzusatzversicherung macht in der Regel erst ab Mitte 30 Sinn. © Christin Klose/dpa Themendienst/dpa-tmn

Eine Zahnzusatzversicherung ist aus Sicht des BdV im Grunde nur für Menschen ratsam, die schlechte Zähne haben und deshalb mit mehreren Behandlungen und teurem Zahnersatz rechnen müssen.

Nur: Wer ohnehin schon schlechte Zähne hat, für die Handlungsbedarf besteht, dem wird eine Zahnzusatzversicherung meistens verwehrt, so der Verbraucherschutzverband.

Fazit: Wenn Sie gesunde Zähne und kein erhöhtes Risiko haben, lohnt sich eine Zahnzusatzversicherung erst mal nicht. Ob Ihr Gebiss auch noch in 20 oder 30 Jahren gut in Schuss ist, lässt sich naturgemäß kaum vorhersagen. Und auch nicht, welche Kosten dann eventuell auf Sie zukommen.

Wenn Sie den Extraschutz für die Zähne unbedingt wollen, wählen Sie am besten einen teuren Tarif mit vollem Leistungsumfang.

Generell ist es sinnvoll, für außerplanmäßige Ausgaben einen Notgroschen anzusparen. Finanz-Experten raten zu drei bis sechs Netto-Monatsgehältern. Von diesem Geld kann man dann auch größere Zahnreparaturen bezahlen, die locker mal mehrere Tausend Euro kosten können.

Nicht jeder hat aber die Disziplin oder Lust dazu, eine größere Summe auf die hohe Kante zu legen. Auch deshalb mag manch einer eher die Versicherung wählen. Denn hier kommen Sie um die monatlichen Beiträge nicht herum.