Berechnung des Ministeriums
10 Millionen Beschäftigte betroffen: Trotz Vollzeitjob weniger als 1500 Euro Rente
14.9.2023, 11:28 UhrRund ein Viertel der über 80-Jährigen in Deutschland leidet unter Altersarmut, zeigt eine Studie des Bundesministeriums für Familie. Auch die aktuelle Rechnung des Bundesarbeitsministeriums lässt die Hoffnung auf Besserung schwinden. Das geht nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.
Denn dem zufolge erwartet von den 22 Millionen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland nach jetzigem Stand etwa 9,3 Millionen im Alter eine Rente von unter 1500 Euro. Die Hälfte der Menschen mit Vollzeitjob in Deutschland bekommt also eine Rente, vor der sie nicht leben können.
Die Rechnung bringt Ernüchterung
Die Ergebnisse der Rechnung sind zwar nicht überraschend, aber dennoch ernüchternd. In dem Bericht des heißt es: Um auf die Altersbezüge von 1.500 Euro zu kommen, müssen Beschäftigte aktuell bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 45 Jahre lang gearbeitet und rechnerisch einen Stundenlohn von 20,78 Euro erreicht haben - das entspreche einem Bruttomonatslohn von 3.602 Euro. Wer 45 Jahre lang 2882 Euro oder mehr brutto verdient hat - das ist ein Stundenlohn von 16,62 Euro bei einem 40-Stunden-Job - bekomme 1200 Euro Rente.
Unterschiede der Bundesländer
Menschen in den alten Bundesländern sind dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zufolge am häufigsten betroffen: Über 60 Prozent aller Beschäftigten müssen dort in Zukunft mit Renten unter 1500 Euro rechnen, während zirka 40 Prozent unter 1200 Euro bekommen. Im Osten sei die Situation ebenfalls dramatisch, hier drohe der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger eine Rente von unter 1.300 Euro.
Bartsch fordert Erhöhung des Mindestlohns
Der aktuelle Mindestlohn reicht nicht aus, um eine Rente von 1200 Euro zu bekommen - dem Bericht zufolge ändert auch die Erhöhung auf 12,41 Euro diese Situation nicht grundlegend. Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisiert gegenüber dem RND die Lage der zukünftigen Rentner: "Der aktuelle Mindestlohn und die geplanten Erhöhungen der Bundesregierung führen auch nach 45 Jahren Maloche in die Altersarmut", sagt er, "und das ist zynisch und respektlos gegenüber Millionen Beschäftigten." Daher forderte er eine Erhöhung des Mindestlohns auf 14 Euro ab Januar 2024: "Perspektivisch muss der Mindestlohn zu einer auskömmlichen Rente führen", so Bartsch.
Wachstumschancengesetz zur Entlastung der Renter
Je nach Höhe der Rente ist diese steuerpflichtig - und wer ab dem Jahr 2040 die Rente antritt, muss die Altersbezüge grundsätzlich voll versteuern. Das Bundeskabinett hat am 30. August 2023 den Regierungsentwurf für das "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" - kurz: Wachstumschancengesetz - beschlossen: Das sieht vor, dass die Rente erst ab dem Jahr 2058 voll steuerpflichtig werden soll, um Rentnerinnen und Rentner steuerlich zu entlasten.
Bartsch sagte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, angesichts dieses "sozialen Sprengsatzes“ müssten in der Ampel alle Alarmglocken schrillen. "Wir brauchen substanzielle Verbesserungen", forderte der Fraktionsvorsitzende der Linken und fügte hinzu, das Rentenniveau von derzeit 48 Prozent müsse "deutlich steigen, mindestens auf 53 Prozent".
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