Trend weg vom Bargeld

Zwang zu Trinkgeld in der Gastronomie? Neue Funktion bei Kartenzahlung stößt immer mehr Bürgern auf

Johanna Michel

Online-Redaktion

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16.10.2024, 14:07 Uhr
Der Trend geht zur Kartenzahlung. Beim Thema Trinkgeld spalten sich die Meinungen da aber. (Symbolbild)

© Julian Stratenschulte/dpa / IMAGO/Wolfgang Maria Weber Der Trend geht zur Kartenzahlung. Beim Thema Trinkgeld spalten sich die Meinungen da aber. (Symbolbild)

Immer seltener wird in Geschäften und auch in der Gastronomie mit Bargeld gezahlt. Zu Zeiten des Bargeldes konnten Besucherinnen und Besucher eines Restaurants noch selbst entscheiden, wie viel oder ob sie Trinkgeld geben möchten. Lange Zeit ging das auch bei Kartenzahlung – indem einfach vor dem Bezahlen ein Betrag genannt wurde, den Bedienungen in ihr Kartenlesegerät eingeben konnten.

Inzwischen gibt es aber einen neuen Trend: Wie unter anderem "t-online" berichtet, müssen sich Kundinnen und Kunden bei der Zahlung mit Karte oftmals für eine Prozentangabe entscheiden, die die Höhe des Trinkgelds bestimmt.

Dabei wird die Kundschaft manipuliert und bei der Bezahlung unter Druck gesetzt - zu diesem Fazit kommt zumindest das Online-Portal "t-online.de". Denn: Eigentlich sollten Kundinnen und Kunden sich freiwillig für ein Trinkgeld entscheiden können - so der Vorwurf. Eine voreingestellte Trinkgeldfunktion nimmt diese Möglichkeit aber in vielen Fällen. Auch der "MDR" hinterfragt die neue "Trinkgeldtaste" – "Nützlich oder manipulativ", heißt es dort. Und laut diesem Bericht sieht auch Andreas Behn, Referatsleiter für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale Thüringen, das Ganze eher kritisch: "Wir sehen diese Funktion kritisch, wenn die Trinkgeldvarianten deutlich hervorgehoben werden und dadurch der Kunde die Option ‚kein Trinkgeld‘ nicht findet. So werden die Kunden manipuliert, einen höheren Preis zu bezahlen, als sie es bei Barzahlung getan hätten", wird Behn vom "MDR" zitiert.

Trinkgeld bei Selbstbedienung hinfällig?

Wer mit dem Service beim Besuch in einem Restaurant oder Café zufrieden ist, der entscheidet sich gerne für ein Trinkgeld. Oftmals gibt es aber auch Lokale, in denen eigentlich Selbstbedienung gilt. Vielen ist es dann zu teuer, noch ein extra Service- beziehungsweise Trinkgeld zu zahlen. Auch in Nürnberg und der Region sind schon Vorfälle bekannt, in denen das Ausweichen auf "kein Trinkgeld" auf dem Bildschirm klein versteckt war und trotz Selbstbedienung ein Aufpreis gezahlt werden "musste".

Der Zahlvorgang kann in einigen Fällen dann erst abgeschlossen werden, wenn beispielsweise ein Trinkgeld in Höhe von sieben, zehn oder zwanzig Prozent aufaddiert wurde.

Grund für die Änderung im Bezahlsystem mit der Karte ist laut dem "NDR" wohl, dass vorher oftmals vergessen wurde, bei Kartenzahlung ein Trinkgeld zu geben. Dieses ist für Servicekräfte aber hilfreich, da sie dieses steuerfrei bekommen. Deshalb wurde eine "neue Funktion in Bezahlterminals" eingeführt, bei der den Kundinnen und Kunden "Vorschläge zur Trinkgeldhöhe […] zum Beispiel fünf, zehn oder 15 Prozent Trinkgeld" angeboten werden. Für Personen, die sowieso gerne Trinkgeld geben, kann eine solche Option hilfreich sein, da sie dann nicht selbst rechnen und überlegen müssen, wie viel Trinkgeld sie geben. Allerdings kann die Auswahl zwischen voreingestellten Prozentwerten auch Druck auslösen - üben Experten auch Kritik an dem Vorgehen.