Studie belegt
Abnehmspritzen für das Herz? Ozempics und Co. sollen Herzproblemen vorbeugen
13.11.2023, 10:10 UhrDas Medikament Ozempic mit dem Wirkstoff Semaglutid ist als Diabetes-Medikament auf den Markt gekommen, erfreut sich als Abnehmspritze jedoch zunehmend an Beliebtheit. Promis wie Elon Musk, Keke Palmer und Amy Schumer äußerten sich bereits zu ihrer Diät mit Ozempic. Einer neuen Studie belegt nun, dass der enthaltene Wirkstoff Semaglutid das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann.
Im New England Journal of Medicine veröffentlichte ein Forscher-Team ihre langjährige Arbeit, welche belegt, dass Produkte wie Wegovy oder Ozempics das Risiko eines tödlichen Herzinfarktes oder Schlaganfalls senken. Infolge der Studie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit insgesamt 17.600 Menschen untersucht, die zuvor bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litten und einen Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 27 hatten, also übergewichtig sind.
34 Monate erhielt rund die Hälfte der Teilnehmenden den Wirkstoff Semaglutid. Die andere Hälfte erhielt ein Placebo. Abschließend zu den Untersuchungen wurden die Teilnehmenden durchschnittlich noch 40 Monate lang beobachtet. Finanziert wurde die Studie von Semaglutid-Hersteller Novo Nordisk.
Aus der Studie ergab sich, dass in der Placebogruppe acht Prozent der Teilnehmenden im Verlauf an schwerwiegenden kardiologischen Problemen litten, bei den Teilnehmenden aus der Semaglutid-Gruppe waren es 6,5 Prozent. Hauptautor der Arbeit Michael Lincoff erklärt, dass die Kardiologie bisher nur Therapieansätze nutzte, welche einen hohen Cholesterinwert, hohen Blutdruck oder Diabetes anfechten. Die Arbeit des Forscher-Teams untermauert zum ersten Mal eine pharmakologisch Versuch zur Bekämpfung eines Übergewichtes, um das Risiko Herzerkrankungen zu verringern, erklärt Lincoff gegenüber dem Nachrichtenportal "NewAtlas".
"Sehr erfreuliche und wichtige Daten"
"Dies sind sehr erfreuliche und wichtige Daten für ein Medikament, das möglicherweise künftig einer großen Anzahl von Menschen helfen könnte, das kardiovaskuläre Risiko zu verringern", äußert sich Stefan Störk, Oberarzt der Medizinischen Klinik und Poliklinik I sowie Leiter des Departments Klinische Forschung und Epidemiologie am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz des Universitätsklinikums Würzburg, gegenüber "Science Media Center Germany". Störk merkt jedoch an, dass das Medikament nur wirkt, solange es eingenommen wird. Folglich führt ein Absetzen zu Wiederzunahme des Gewichts. Aus diesem Grund wäre idealer, wenn sich "mittels Therapie das Mindset der Betroffenen" ändern würde.
Auch Gary Wittert, Senior Principal Research Fellow an der South Australian Health and Medical Research Institute und Medizinprofessor an der University of Adelaide, erklärte gegenüber dem "Science Media Center", dass die Studie uns daran erinnert, dass ein Gewichtsmanagement bei Menschen mit hohem Restrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen "erhebliche Vorteile" bringt. "Im Wesentlichen bestätigt die Studie den Nutzen einer Gewichtsabnahme zur Verringerung des Restrisikos bei Menschen mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse."
Positive Auswirkung nur geringfügig
In Relation sind die positiven Auswirkungen von Semaglutid jedoch nur gering. Garron Dudd, Senior Lecturer und Laborleiter an der University of Melbourne, warnt, dass die Ergebnisse "zwar aufregend" seien, man bei der Interpretation der Daten jedoch vorsichtig sein sollte. In Relation verbessert sich demnach das Risiko der Semaglutid-Gruppe gegenüber der Placebogruppe nur mit einem Unterschied von 1,5 %.
Zudem belegt die Studie lediglich, dass Diabetiker von der regelmäßigen Nutzung von Semaglutid gesundheitlich profitieren. Die Studienautoren halten es jedoch für möglich, dass der schützende Effekt durch die Wirkstoffe hervorgerufen wird. Dieser könnte demnach physiologische Veränderungen bewirken, welche sich günstig auf das Herz auswirken, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". In Tierversuchen wurde bereits beobachtet, dass Semaglutid Entzündungen reduziert.
Besonders die Diät-Kultur macht sich die Vorteile von Semaglutid zu Nutzen: Andreas Klinge, Diabetologe in Hamburg und Vorstandsmitglied der Arzneikommission der Deutschen Ärzteschaft, sagte im Gespräch mit der "Tagesschau", dass er einen solchen Hype um ein Medikament in zwanzig Jahren ärztlicher Tätigkeit noch nicht erlebt hat. Demnach wäre bei ihm kein Tag mehr, an dem nicht mindestens vier oder fünf Patienten nach der Abnehmspritze verlangen. Infolgedessen kam es bereits zuvor zu enormen Lieferknappheiten. Die Diät-Kultur rund um Ozempic ist besonders deswegen in Kritik geraten, da Diabetiker zwischenzeitlich ohne ihr gewohntes Medikament auskommen mussten.
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