Heilung in der Hefe

Bier gegen Krebs? Forscher mit bahnbrechender neuer Entdeckung

Stefan Besner

Online-Redaktion

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24.10.2024, 13:42 Uhr
Ein wichtiger Inhaltsstoff von Bier soll als Heilmittel gegen Krebs dienen.

© IMAGO Collage Ein wichtiger Inhaltsstoff von Bier soll als Heilmittel gegen Krebs dienen.

Bier ist nicht nur Gottes Entschuldigung für Verwandte, sondern auch "eine wahrhaft göttliche Medizin". Das wusste schon Paracelsus. Wie nah der Schweizer Arzt und Naturphilosoph damals der Wahrheit kam, ahnte im 16. Jahrhundert freilich noch kein Mensch. Kürzlich haben Forscher nun eine bahnbrechende Entdeckung im köstlichen Gerstensaft gemacht. Ein Inhaltsstoff könnte für die Forschung nun wahre Wunder bewirken, speziell in der Krebsmedizin tun sich neue Türen auf.

Forscher mit bahnbrechender Entdeckung

Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Krebs die zweithäufigste Todesursache in Deutschland, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Auch wenn inzwischen bei vielen Krebssorten wie zum Beispiel Brustkrebs sehr effektive Behandlungsmöglichkeiten existieren, ein Mittel, das verhindert, dass der Krebs irgendwann zurückkommt, gibt es bislang nicht. Forscher wollen nun eine bahnbrechende Entdeckung gemacht haben, die unter Umständen dafür sorgen könnte, dass Krebszellen aushungern und somit absterben. Bier spielt dabei eine essenzielle Rolle.

Bierhefe gegen Krebs

Genauer: Die Bierhefe S. pombe. Sie wird schon seit Jahrhunderten zum Bierbrauen verwendet. Forscher des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) und der University of Virginia School of Medicine haben nach einem Bericht des "Focus" anhand dieser Hefe untersucht, wie sich Zellen in Stresssituation - etwa Nährstoffmangel - anpassen. Da diese speziellen Zellen der Bierhefe menschlichen Zellen sehr ähnlich sind, nutzten Wissenschaftler sie bereits in der Vergangenheit häufig als Modellorganismen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.

Ribosomen in hungrigen Hefezellen befinden sich im Winterschlaf

Hefezellen sichern ihr Überleben bei Glukoseentzug dadurch, dass ihre Mitochondrien von einem Schwarm massiver Molekülkomplexe, den sogenannten Ribosomen, umhüllt werden. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle, sie liefern Energie für zelluläre Prozesse, Ribosomen dagegen die Maschinen der Zelle, die Proteine produzieren.

Die Strukturuntersuchungen mittels Kryo-Elektronenmikroskopie offenbarten den Forschern, dass in hungrigen Hefezellen die Ribosomen, die sich auf der Oberfläche der Mitochondrien ansiedeln, nichts produzieren. Sie befinden sich in einer Art Winterschlaf.

Rätselhaft, warum Zelle so funktioniert bei Nahrungsentzug

Warum sich die inaktiven Ribosomen an die Oberfläche der Mitochondrien anhaften, bleibt jedoch bislang ein Rätsel. Eine ausgehungerte Zelle beginnt irgendwann, sich selbst zu verstoffwechseln, sodass die Ribosomen die Mitochondrien möglicherweise umhüllen, um sie zu schützen. Sie könnten sich auch anheften, um eine Signalkaskade innerhalb der Mitochondrien auszulösen, erklärte ein Wissenschaftler gegenüber "Focus".

Allem voran verblüffte die Forscher, dass die Ribosomen sich "verkehrt herum" anheften, etwas, das noch nie vorher beobachtet wurde. Bekannt war demnach, dass Zellen versuchen, Energie zu sparen und ihre Ribosomen abschalten. Unerwartet war, dass sie sich verkehrt herum an die Mitochondrien anheften.

Hefezellen könnten Schlüssel zu neuen Krebstherapien liefern

Diese Entdeckung könnte Wissenschaftlern nun neue Einsichten über Krebszellen liefern, neue Therapien werden damit in Aussicht gestellt. Denn Krebszellen sind gerade bei aggressiven, schnell wachsenden Tumoren aggressiven schnell wachsenden Tumoren einem andauernden Nährstoffmangel ausgesetzt. Um zu überleben und dem Immunsystem zu entgehen, fallen sie in eine Art Ruhezustand. Wenn die Wissenschaftler herausfinden, wie sie dies bewerkstelligen, könnten neue Wege gefunden werden, die Krebszellen gezielt anzugreifen, um die Behandlungsergebnisse der Patienten zu verbessern und Rückfälle zu verhindern.

Anschließend wollen die Forscher herausfinden, wie die Zellen diesen speziellen Eintritt in den Ruhezustand erwirken und welche Prozesse damit einhergehen, wenn sie aus diesem Tiefschlaf wieder erwachen. Um dies zu untersuchen, kultivieren sie neben Hefezellen nun auch Krebszellen im Labor. Die Wissenschaftler hoffen damit, den Grundstein für die Entdeckung neuer Marker zur Verfolgung ruhender Krebszellen zu legen.