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Dehnübungen: So hilft Stretching gegen Verspannungen und Schmerzen

Elias Thiel

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Simone Madre

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20.8.2024, 07:13 Uhr
Dehnübungen sind wichtig beim Sport - aber nicht nur da.

© IMAGO / mm images Dehnübungen sind wichtig beim Sport - aber nicht nur da.

In diesem Artikel:

Dehnen gehört für viele Sportler zu jeder Trainingseinheit, um die Beweglichkeit zu verbessern und Verletzungen vorzubeugen. Jedoch sollten nicht nur Sportler Stretching-Übungen in ihren Alltag integrieren, denn jeder Mensch profitiert von Dehnübungen.

Was Stretching überhaupt bedeutet und warum Dehnübungen so wichtig sind, erfahren Sie in dem folgenden Artikel. Außerdem erhalten Sie zehn Dehnübungen für Arme, Beine und den gesamten Körper zum Nachmachen.

Stretching wird als Synonym für Dehnen verwendet, sodass beide Begriffe natürlich ein und dasselbe bedeuten. Beim Stretching des Muskels werden die einzelnen Muskelfasern in die Länge gezogen, wobei der Muskel vollkommen entspannt.

Beim Dehnen wird insgesamt zwischen drei verschiedenen Formen differenziert:

1) Passiv-statisches Stretching

Beim passiv-statischen Stretching wird der Muskel durch die Einwirkung von außen (zum Beispiel Druck durch Gewicht, Schwerkraft oder Hilfestellung des Trainingspartners) gedehnt.

2) Aktiv-statisches Stretching

Im Gegensatz dazu ist beim aktiv-statischen Stretching die eigene Muskelkraft erforderlich. Durch den muskulären Gegenspieler (Antagonist) wird ein Dehnreiz ausgelöst, sodass keine Hilfsmittel benötigt werden.

3) Anspannen-Entspannen-Stretching

Beim "Anspannen-Entspannen-Stretching" (postisometrische Relaxation) wird der Muskel in Ruhestellung maximal angespannt. Danach entspannt man den Muskel wieder und kann ihn nun leichter dehnen - passiv oder aktiv.

Wenn man an einem Punkt verharrt, an dem man die Dehnung gut fühlt, aber keine Schmerzen hat, senden Rezeptoren an den Muskeln bestimmte Signale an das zentrale Nervensystem. Eigentlich möchte der Körper den Prozess daraufhin stoppen und das Stretching beenden. Das nennt man Dehnungsreflex. Er soll den Körper vor Überdehnung und Rissen schützen.

Verharrt man aber lang genug in der angenehmen Dehnung, senden die Muskelspindeln mit der Zeit weniger Alarmsignale an die Nervenbahnen. Somit erkennt der Körper, dass keine Gefahr besteht. Die Pose wird als weniger anstrengend wahrgenommen und es stellt sich ein Gefühl von Entspannung im Muskel ein. Die elastischen Strukturen in und am Muskel gewöhnen sich an die Dehnung und die Beweglichkeit der Gelenke verbessert sich.

Dehnen bieten zahlreiche Vorteile, wie beispielsweise:

  1. Beweglichkeit: Durch das regelmäßige Dehnen wird der Bewegungsumfang verbessert. Daher werden Dehnübungen für die Beweglichkeit in vielen verschiedenen Sportarten eingesetzt.
  2. Verletzungen und Schmerzen vorbeugen: Das Dehnen hilft dabei, muskuläre Probleme an der Entstehung zu hindern. Dazu gehören beispielsweise Verkürzungen, wenn man viel in derselben Position verharrt, etwa bei einem Schreibtischjob. Verkürzte Bänder und Sehnen sowie fest gewordene Faszien können für Fehlstellungen und Schiefstände im Bewegungsapparat sorgen. Durch das regelmäßige Dehnen verhindert man, dass diese Probleme entstehen. Sehnen, Bänder und Faszien werden gelockert und die Knochen nehmen eine optimale Position ein.
    Für sportliche Menschen mit viel Bewegung ist das Dehnen ebenso hilfreich, denn es fördert die Entspannung der Muskeln und damit auch die Regeneration nach einem Training. Man sollte die Muskeln dabei aber nicht überlasten, sondern auf den eigenen Körper hören.
  3. Schmerzlinderung: Zur Linderung von Schmerzen können Dehnübungen ebenfalls effektiv sein. Dies gilt insbesondere für Rückenschmerzen. Regelmäßiges Dehnen kann nicht nur Schmerzen vorbeugen, sondern diese auch lindern. Vor allem Menschen, die viel sitzen, profitieren vom Dehnen von Brust und Hüftbeuger.
    Auch muskuläre Verspannungen liegen oft an einem Schiefstand oder an einer Dysbalance zwischen Muskel und Gegenspieler. Diese können mithilfe von Dehnübungen ausgeglichen werden.

Nun stellt sich die Frage: Wann ist der beste Zeitpunkt, um sich zu dehnen?

Stretching in Verbindung mit Sport sollte bestenfallsnach dem Ausdauer- oder Krafttraining machen. Vor dem Sport sollte man sich gut warm machen, um die Durchblutung der Muskeln zu verbessern.

Beim Ausdauersport kann das Dehnen auch Teil der Aufwärmung sein, weil es ebenfalls die Durchblutung anregt. Geht es aber um eine Sportart mit Schnellkraft, beispielsweise Sprints oder Sprüngen, wäre das Dehnen vorab eher nachteilig. Denn es verringert die Spannung im Muskel, die man für Schnellkraft braucht.

Dehnt man sich, um wenig Bewegung im Alltag auszugleichen, kann man jeglichen Zeitpunkt verwenden. Dehnen sollte man sich allerdings nicht mit kalten Muskeln. Stattdessen sollte man sich etwas warm machen und für eine gute Durchblutung sorgen. Das ist besser für die Muskeln und erleichtert zudem das Dehnen. Eine leichte Aufwärmung mit etwa zehn Minuten Dauer reicht aus.

Wie oft sollte man sich dehnen?

Nur wenn man Dehnübungen oft und regelmäßig ausführt, zeigt sich eine starke Wirkung. Daher sollte man sich mindestens dreimal pro Woche, bestenfalls täglich dehnen, um die Flexibilität eines bestimmten Bereichs zu verbessern.

Insbesondere wenn man bereits Schmerzen aufgrund von Verkürzungen hat, sollte man dran bleiben und eine tägliche Dehnroutine einführen. So merkt man schnell Unterschiede an der Beweglichkeit und kann bestimmte Schmerzen rasch loswerden.

In einigen Fällen sollte man lieber auf Dehnübungen verzichten. Wenn die Muskeln kalt sind, sollte man sich nämlich nicht dehnen. Denn nur wenn die Muskeln gut durchblutet und warm sind, können sie beim Stretching ausreichend nachgeben. Gleichzeitig sollte man niemals über seine Schmerzgrenze hinausgehen. Bei übermäßigen Schmerzsignalen des Körpers sollte man das Dehnen beenden. Das Gleiche gilt auch bei akuten Verletzungen oder Muskelkater. Daher sollte man immer erst nach vollständiger Genesung wieder mit dem Dehnen zuhause anfangen.

Wer tägliche Dehnübungen für den ganzen Körper sucht, findet im Folgenden 10 Übungen und kann diese direkt nachmachen:

1) Dehnübung für die Beine

Für die erste Übung setzt man sich auf den Boden und streckt das linke Bein aus. Danach winkelt man das rechte Bein an, sodass der Fuß die Innenseite des anderen Oberschenkels berührt. Nun zieht man den linken Fuß zum Körper. Mit geradem Rücken beugt man sich so weit wie möglich nach vorne über das linke Bein. Wer möchte, kann mit seiner Hand den Fuß umfassen oder die Hände auf dem Bein verweilen lassen.

Dehnübung für das Bein.

Dehnübung für das Bein. © IMAGO/imagebroker

Ziel ist es, eine Dehnung im gesamten Bein zu spüren und diese Position für rund 30 Sekunden zu halten. Danach wechselt man das Bein und beginnt von vorne.

2) Dehnübung für den Oberschenkel

Wer den Oberschenkel dehnen möchte, stellt sich in einen aufrechten Stand. Die Beine sollten parallel nebeneinander stehen und der Blick nach vorn gerichtet sein. Nun winkelt man das rechte Bein nach hinten an, sodass die Ferse den Po berührt. Dabei sollten die Oberschenkel und Knie allerdings parallel bleiben. Wem das schwerfällt oder wer sich unsicher ist, ob er die Pose richtig trifft, kann die Übung stattdessen auf dem Bauch liegend machen - dann kann sich das Becken kaum bewegen.

Mit einer Hand oder beiden Händen umfasst man seinen rechten Fuß und presst ihn gegen das Gesäß, um die Vorderseite des Oberschenkels zu stretchen. Die Position wird für 20 bis 30 Sekunden gehalten, bevor die Seite gewechselt wird.

Dehnübung für den Oberschenkel.

Dehnübung für den Oberschenkel. © IMAGO/Panthermedia

Tipp: Um das Gleichgewicht zu behalten, kann man mit den Augen einen unbeweglichen Gegenstand oder Punkt fixieren. Wenn dies schwerfällt, kann man sich auch mit einer Hand an der Wand oder einer Stuhllehne abstützen.

3) Dehnübung für die Hüfte

Um Hüfte und Hüftbeuger zu dehnen, nutzt man den Ausfallschritt. Während sich ein Bein direkt unter dem Körper befindet, wird das andere weit vorne aufgestellt. Beide Füße zeigen genau geradeaus. Nun verlagert man das Gewicht auf das vordere Bein. Die hintere Ferse ist angehoben und beide Knie sind leicht gebeugt. Jetzt spannt man den Po an und schiebt mit dessen Hilfe das Becken gerade nach vorne.

Bestenfalls bildet das vordere Bein einen rechten Winkel - wenn nicht, muss man den Schritt nochmals vergrößern. Die Hände kann man während der Dehnung auf dem Oberschenkel abstützen.

Dehnübung für den Hüftbeuger.

Dehnübung für den Hüftbeuger. © imago images/Addictive Stock

Ziel ist es, den Hüftbeuger für etwa 30 Sekunden zu dehnen, bevor man auf der anderen Seite beginnt.

4) Dehnübung für die Waden

Diese Übung sieht ähnlich aus wie die vorhergehende - mit einem wesentlichen Unterschied. Wir schieben nicht das Becken nach vorne, sondern drücken die hintere Ferse zum Boden. Das Bein ist dabei gestreckt.

Noch mal von Anfang an: Für die Wadendehnung stellt man die Beine hintereinander auf, wobei ein weiter Stand die Dehnung intensiviert. Das hintere Bein sollte gestreckt sein, während gleichzeitig das vordere Bein angewinkelt ist. Die Hände kann man entspannt auf den Oberschenkel legen oder in die Hüften stützen. Nun drückt man die hintere Ferse so weit Richtung Boden, dass man ein Ziehen im Unterschenkel spürt. Nach 15 bis 20 Sekunden Stretching kann man die Seite wechseln.

Dehnung für die Wade.

Dehnung für die Wade. © imago images/YAY Images

Tipp: Wer Probleme bei der Balance hat, kann die Arme gerade nach vorne ausstrecken und sich an einer Wand abstützen.

5) Dehnübungen für den Rücken

Für das Dehnen des Rückens kniet man sich auf den Boden (beziehungsweise eine weiche Matte) und schließt die Beine entweder oder bringt die Knie nach außen und die Füße zusammen - je nachdem, was bequemer ist. Danach legt man seinen Oberkörper auf dem Schoß ab und schaut dabei nach unten. Die beiden Arme werden dabei so weit wie möglich nach vorne ausgestreckt, um die Wirbelsäule und den Rücken zu dehnen.

Dehnübung für den Rücken.

Dehnübung für den Rücken. © IMAGO/Wirestock

Für mindestens 30 Sekunden bleibt man in dieser Position und atmet dabei bewusst ein und aus. Diese Dehnübung nennt man auch "child‘s pose".

6) Dehnübung für die Schulter

Zur Dehnung der Schulter streckt man einen Arm quer vor den Körper und drückt mit dem anderen Unterarm dagegen. Ziel ist es, eine Dehnung in der Schulter zu spüren. Nach rund 20 Sekunden ist es Zeit, die Seite zu wechseln.

Dehnübung für die Schulter.

Dehnübung für die Schulter. © IMAGO/Zoonar

7) Dehnübung für die Brustmuskulatur

Um die Brustmuskulatur zu dehnen, stellt man sich aufrecht hin und nimmt beide Arme nach hinten. Nun fasst man die Hände fest zusammen und hält die Arme gestreckt, während man die Brust nach vorne und oben schiebt.

Dehnübung für die Brustmuskeln.

Dehnübung für die Brustmuskeln. © IMAGO / Depositphotos

Bei der Übung sollte der Kopf geradeaus oder leicht nach oben blicken und die Position für 20 Sekunden gehalten werden.

8) Dehnübung für die Arme

Zuerst stellt man sich aufrecht hin, verschränkt die Hände mit ausgestreckten Armen vor dem Körper und führt sie senkrecht über den Kopf. Die Handflächen sollten dabei nach oben zeigen, sodass man mit den Händen den gesamten Körper nach oben ziehen kann.

Für 15 Sekunden beugt man seinen Oberkörper leicht nach vorne und streckt dabei die Arme horizontal nach vorne aus.

Dehnübung für die Arme.

Dehnübung für die Arme. © IMAGO/Westend61

9) Dehnübungen für den Oberarm

Speziell für die Oberarme (beziehungsweise den Trizeps) gibt es ebenfalls eine Dehnübung. Dazu stellt oder setzt man sich aufrecht hin. Nun streckt man den rechten Arm gerade nach oben, winkelt ihn dann an und bringt danach den Unterarm hinter den Kopf. Danach drückt man mit der linken Hand den rechten Ellenbogen hinter dem Kopf seitlich nach hinten und unten, um den rechten Oberarm zu stretchen.

Dehnübung für den Oberarm.

Dehnübung für den Oberarm. © IMAGO/Zoonar

In dieser Position sollte man für 15 Sekunden bleiben und dann die Seite wechseln.

10) Nacken

Für die Nackendehnung stellt man sich gerade hin und lehnt den Kopf nach rechts zur Seite. Danach drückt man ihn mit der rechten Hand sanft nach unten, sodass man ein Ziehen auf der linken Seite in Hals und Nacken merkt. Nach 15 Sekunden kann man die Dehnung auf der anderen Seite wiederholen.

Dehnübung für den Nacken

Dehnübung für den Nacken © IMAGO / Pond5 Images

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