Angst im Aufzug?

Klaustrophobie: Die Angst vor engen Räumen

Elias Thiel

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29.10.2024, 07:21 Uhr
Enge Räume, wie beispielsweise Aufzüge, können für Menschen mit Klaustrophobie zum absoluten Horror werden.

© IMAGO/Panthermedia/Andriy Popov Enge Räume, wie beispielsweise Aufzüge, können für Menschen mit Klaustrophobie zum absoluten Horror werden.

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Menschen mit Klaustrophobie empfinden in engen, geschlossenen oder überfüllten Räumen starke Angst. Das sind etwa Aufzüge, Kinosäle oder U-Bahnen. Um diese Situationen zu vermeiden, schränken Betroffene sogar ihren Alltag erheblich ein. Während sich viele Menschen in engen Räumen lediglich unwohl fühlen, entwickeln Betroffene eine ausgeprägte Angst. Wir erklären, was es bedeutet, klaustrophobisch zu sein ist und was Sie über die Definition, Diagnose und Behandlung wissen sollten.

Der Begriff Klaustrophobie stammt aus dem lateinischen "claustrum" (Verschluss, Käfig) und dem Griechischen "phobos" (Furcht oder Angst). Klaustrophobie ist die Angst vor engen Räumen (auch bekannt als "Raumangst") oder Menschenmengen. Selbst geschlossene Türen können bei Betroffenen starke Angst auslösen. Etwa sieben bis acht Prozent der Deutschen leiden darunter, oftmals in Verbindung mit Panikstörungen. Die angstauslösenden Situationen können Panikattacken mit Symptomen wie Herzrasen, Erstickungsgefühlen und Schweißausbrüchen bedeuten. Das Gegenteil der Klaustrophobie ist Agoraphobie (Platzangst als Fachbegriff) und bezeichnet die Angst vor offenen Räumen.

Typische angstauslösende Situationen:

  • Fahrten im Aufzug
  • Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln wie dem Flugzeug oder der U-Bahn
  • Einkäufe in vollen Kaufhäusern
  • Aufenthalte in überfüllten Orten wie Discos oder Kinos
  • Große Menschenmengen (zum Beispiel Konzerte)
  • Enge Gänge oder Tunnel
  • Untersuchungen in einem MRT-Gerät
  • Solarium

Klaustrophobie ist eine übermäßige Angst vor engen, geschlossenen Räumen oder Menschenmassen. Betroffene fürchten entweder das Ersticken oder das "Eingeschlossen-Sein". Obwohl sie wissen, dass ihre Angst irrational ist, können sie diese nicht kontrollieren. Die Intensität der Angst reicht von leichtem Unbehagen bis zu Panikattacken.

Zu den Angstgefühlen kommen körperliche Symptome wie:

  • Herzrasen oder -klopfen
  • Engegefühl in der Brust
  • Gefühl, keine Luft zu bekommen
  • Atemnot
  • Hyperventilation
  • Schweißausbrüche
  • Zittern
  • Übelkeit
  • Verstärkter Harn- und Stuhldrang
  • Gefühl, in Ohnmacht zu fallen

Die Angstgefühle können so intensiv sein, dass sie bei den Betroffenen Todesangst auslösen.

Aufgrund der Klaustrophobie vermeiden Betroffene angstauslösende Situationen, was ihren Alltag erheblich einschränken kann. Sie meiden soziale Situationen und haben dadurch keine positiven Erfahrungen, die ihnen helfen könnten, ihre Angst zu überwinden. Das führt zu einem Teufelskreis der Angst.

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  • Vererbung und Veranlagung im Nervensystem: Nicht nur tatsächliche Erfahrungen spielen eine zentrale Rolle, sondern auch die Vererbung sowie die Veranlagung im Nervensystem. Dazu sind bei Betroffenen die Botenstoffe im Gehirn in einer anderen Art und Weise zusammengesetzt und begünstigen die Angststörung.
  • Erfahrungen von beklemmender Enge: Einige Betroffene haben in ihrem Leben eine beklemmende Enge erlebt und sind etwa mit einem Fahrstuhl stecken geblieben, wurden als Kind beim Spielen versehentlich eingesperrt oder erlebten in großen Menschenmengen eine angstauslösende Situation. Da sie in der damaligen Situation Angst empfunden haben, verknüpft ihr Gehirn den engen Raum (in diesem Fall den Fahrstuhl) mit der Emotion der Angst. Folglich zeigen sich die Symptome der Angst bei jeder Erfahrung von beklemmender Enge, sodass Betroffene diese oder ähnliche Situationen in Zukunft vermeiden.
  • Innere Konflikte: Laut Psychoanalyse handelt es sich bei Angststörungen (und somit auch bei der Klaustrophobie) um eine sogenannte Verlagerung. Demnach wird die Angst durch einen inneren Konflikt der betroffenen Person ausgelöst.
  • Chronische Krankheiten: Bestehende körperliche und psychische (chronische) Erkrankungen können Klaustrophobie auslösen oder begünstigen.
  • Stress: Bei starkem psychischem Druck und hoher Belastung sind Menschen anfälliger für Ängste, einschließlich Klaustrophobie. Auslöser können anhaltender Stress, der Verlust einer geliebten Person oder eine Trennung sein.
  • Unbekannter Auslöser: Die Ursache von Klaustrophobie kann nicht immer identifiziert werden. In einigen Fällen haben klaustrophobische Erkrankungen keine bestimmten Auslöser.

Wer einen Verdacht auf Klaustrophobie hat, braucht zunächst eine Diagnose. Dafür fragt der Arzt oder Therapeut nach Beschwerden oder Symptomen. Etwa wann die Symptome auftreten, ob die Angst an bestimmte Situationen geknüpft ist und wie stark und lange die Symptome sind und anhalten.

Um körperliche Ursachen für Angstsymptome auszuschließen, führt der Arzt bei Verdacht auf Klaustrophobie verschiedene Untersuchungen wie Bluttests, EKGs und Schilddrüsenultraschall durch. Eine Magnetresonanztomografie (MRT) kann krankhafte Veränderungen im Gehirn ausschließen. Allerdings kann gerade diese Untersuchung für Klaustrophobiker besonders herausfordernd sein. In solchen Fällen werden offene Spezialgeräte verwendet, die mehr Raum bieten.

Der eigene Umgang mit Klaustrophobie spielt eine entscheidende Rolle. Betroffenen werden folgende Maßnahmen empfohlen:

  • Angst-Tagebuch: Bei einem Verdacht auf Klaustrophobie oder eine andere Angststörung, sollten Betroffene ein Angsttagebuch führen. Je detaillierter die Angstattacken beschrieben werden, desto besser lässt sich beurteilen, ob und welche Angststörung vorliegt.
  • Angstgedanken anerkennen: Die Ängste als Gedanken und nicht als Tatsachen anerkennen. Dafür eignet sich eine Checkliste, um sich auf die Realität zu konzentrieren.
  • Der Angst stellen: Sich schrittweise bewusst der angstauslösenden Situationen aussetzen kann ebenfalls helfen. Wenn Betroffene merken, dass keine Gefahr besteht, lässt die Angst nach.
  • Gefühle akzeptieren: Die Angst sollte zugelassen, aber nicht bewertet werden.
  • Professionelle Hilfe suchen: Alleine eine Angststörung zu überwinden, ist nicht einfach. Daher empfiehlt sich immer professionelle Unterstützung. Psychologen können helfen, die Ursachen zu verstehen und Techniken zur Bewältigung zu erlernen.

Die Symptome einer Klaustrophobie lassen sich in den meisten Fällen durch eine psychotherapeutische Behandlung lindern.

  • Konfrontationstherapie:
    Eine wirksame Form der Therapie bei Klaustrophobie ist die sogenannte "Konfrontationstherapie". Dabei werden die Patienten bewusst in Situationen versetzt, welche Ängste auslösen (etwa Fahrstuhlfahren). Ziel ist der Abbau von Ängsten durch die Erfahrung der Angst, die erst aufsteigt und nach einer Zeit wieder nachlässt.
  • Kognitive Verhaltenstherapie:
    Alternativ kann die kognitive Verhaltenstherapie bei Menschen mit Klaustrophobie sehr sinnvoll sein. In der Therapie finden Patient und Therapeut gemeinsam heraus, welche Denkmuster die Ängste aufrechterhalten. Anschließend werden diese Muster aufgelöst und durch gesunde Denk- und Verhaltensmuster ersetzt.
  • Entspannung durch progressive Muskelentspannung:
    Bei der angewandten Entspannung lernt der Patient, wie er sich in angstauslösenden Situationen in kurzer Zeit entspannen kann. Die Grundlage dafür bildet die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen.
  • Selbsthilfegruppen:
    Neben einer Psychotherapie eignet sich die Unterstützung in Selbsthilfegruppen für Menschen mit Angststörungen. Dort können sich Betroffene untereinander austauschen und gegenseitig unterstützen.
  • Medikamente:
    In einigen Fällen wird auf eine medikamentöse Therapie zurückgegriffen. Benzodiazepine können etwa eine beruhigende Wirkung haben, dürfen aufgrund der Gefahr einer Abhängigkeit aber nur kurzfristig eingesetzt werden. Tritt die Klaustrophobie gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auf, könnten Antidepressiva Linderung verschaffen, sofern ein Arzt davon überzeugt ist.

Die Symptome der Klaustrophobie lassen sich durch Therapien wie Konfrontations- oder Verhaltenstherapie lindern. Wichtig ist, dass sich die Patienten regelmäßig angstbesetzten Situationen aussetzen und bestimmte Situationen nicht vermeiden. Wenn Angstgefühle immer wieder auftauchen, ist der Umgang damit wichtig, sodass die Ängste nicht als übermächtig wahrgenommen werden.

Hierbei gilt: Je früher die Klaustrophobie behandelt wird, desto besser sind die Chancen auf eine Heilung. Bleibt die Klaustrophobie mehrere Jahre unbehandelt, verschlimmern sich die Symptome und die Lebensqualität der Betroffenen wird eingeschränkt.