Kleiner Brief bringt nur Vorteile

Auf der Arbeit angesteckt? Darum sollten Sie Ihre Corona-Infektion als Unfall melden

sde

25.2.2022, 06:00 Uhr
Wenn der Corona-Test positiv war, sollten Betroffene die Infektion der gesetzlichen Unfallversicherung melden. 

© Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild Wenn der Corona-Test positiv war, sollten Betroffene die Infektion der gesetzlichen Unfallversicherung melden. 

Zufällig, folgenschwer, beabsichtigt: Eine Corona-Infektion kann vieles sein - auch ein regelrechter "Unfall". Infizierte, die sich in der Schule oder auf der Arbeit angesteckt haben, können ihre Corona-Infektion als Unfall melden. Der Adressat dieser Meldung wäre dann die zuständige Berufsgenossenschaft oder bei Schülern die Unfallkasse des jeweiligen Bundeslandes.

Doch warum sollten Menschen eine Infektion als Unfall melden? Weil es laut dem Medizin- und Sozialrechtler Nikolaos Penteridis schlichtweg Vorteile bringt - sofern die Ansteckung letztlich auch als Unfall anerkannt wird. Gegenüber dem Focus erklärte der Anwalt: "Die Unfallkassen zahlen alles, was geboten ist - also jeden Heilversuch, jede Reha-Maßnahme." Und demzufolge mehr als die Krankenversicherung, deren Leistungen sich im Regelfall auf das beschränken, was medizinisch notwendig sei.

Corona-Infektion in der Schule

Diese Möglichkeit, nach einer Corona-Infektion von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu profitieren, komme nicht nur Erwachsenen entgegen. Schulpflichtige Kinder sind für die Zeit in der Schule sowie auf dem Hin- und Rückweg gesetzlich unfallversichert. Demnach kann beispielsweise eine Infektion in der Klasse einen Schulunfall darstellen.

Dies muss allerdings belegt werden: Betroffene müssen nachweisen können, dass es während des Unterrichts oder bei einer schulischen Veranstaltung intensiver Kontakt zu einem Infizierten gab. Erklärungen der Lehrenden oder der Schule können laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung als Belege dienen. Dass auch das Schulkind selbst infiziert ist, gilt es mit einem zeitnahen PCR-Test nachzuweisen.

Das Problem der Beweisbarkeit

Somit wäre also belegt, dass das Kind mit Corona infiziert ist und Kontakt zu einem Angesteckten hatte - nicht aber, dass sich das Kind auch tatsächlich bei dieser Person angesteckt hat. So prüft die Unfallkasse unter anderem, ob zum Zeitpunkt der möglichen Ansteckung Kontakt zu weiteren Infizierten in "nicht versicherten Bereichen" bestanden haben könnte. Also beispielsweise innerhalb der Familie oder im Freizeitsport.

Deshalb gilt die Beweisbarkeit als größtes Problem bei der Frage, ob eine Corona-Erkrankung als Schulunfall anerkannt wird. Und: Hohe Inzidenzen erschweren den Beleg, schließlich steigt mit der Anzahl der Infizierten in der Gesellschaft die Anzahl der Kontakte mit Infizierten - und damit die Anzahl der Personen, von denen man sich potenziell angesteckt haben könnte. Nikolaos Penteridis erklärte im Focus: "Es ist ein Virus, das in der gesamten Gesellschaft durchgeht. Das kann es in der Praxis schwer machen, sicher zu belegen: Dort habe ich mich infiziert."

Was soll man also tun? Die DGUV rät dazu, die Schule zu informieren, sofern es Anhaltspunkte gibt, dass sich das Kind in der Schule angesteckt hat. Bei leichten oder gar symptomfreien Verläufen müssen die Schulen keine Unfallanzeige erstatten.

Auch in solchen Fällen wird aber empfohlen, alle mit der Infektion zusammenhängenden Tatsachen im Verbandbuch der Schule zu dokumentieren. Denn: Sollten sich die Symptome verschlimmern und das Kind doch in Behandlung gehen müssen, bildet ein solcher Eintrag laut der DGUV die Grundlage für eine Unfallanzeige. Somit könne die Erkrankung auch nachträglich als Schulunfall gemeldet und anerkannt werden.

Wie sollten Eltern mit der Infektion ihres Kindes in der Schule umgehen?

Schulen können die Unfallkasse über einen Verdachtsfall informieren. Ärzte können das ebenfalls. Und auch Eltern können selbst eine Unfall melden - und müssen dabei keine Frist beachten. "Natürlich ist es für die Beweissicherung am besten, wenn auch Eltern das so früh wie möglich melden", erklärte Rechtsanwalt Penteridis. Anschließend beginnt die Unfallkasse zu ermitteln, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, um die Infektion als Schulunfall anzuerkennen, und welche Leistungen dann zu erbringen wären.

Zusammenfassend bedeutet das: Auf jeden Fall sollten Eltern den Verdacht melden, dass ihr Kind sich dort mit Corona infiziert hat. Zusätzlich schadet es nicht, diese Vermutung auch selbst der Unfallkasse zu melden. "Es ist nur ein kurzer Brief und es kann am Ende nur Vorteile bringen", sagt Penteridis beim Focus. Entsprechende Formulare für Schulunfälle stehen auf den Websites der Unfallkassen bereit.

Sonderfall: Corona als Berufskrankheit?

Bei Arbeitern gibt es zudem noch einen Sonderfall - und zwar dann, wenn die Infektion nicht nur im Rahmen der Arbeit zu Stande kommt, sondern tatsächlich durch die Arbeit bedingt ist. Dann spricht die DGUV nicht von einem "Arbeitsunfall", sondern von einer "Berufskrankheit". Berufsbedingte und bezüglich der Unfallversicherung relevante Kontakte mit dem Coronavirus können im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege stattfinden - also beispielsweise in Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken, Krankentransporten sowie der Alten-, Familien-, Kinder- und Suchthilfe. Laut Ver.di kann ein berufsbedingter Kontakt mit dem Virus nicht nur durch den Kontakt zu Menschen, sondern auch zum Erreger direkt entstehen - beispielsweise in Laboratorien, in denen Verdachtsproben untersucht werden.

Und wie ist es in anderen Tätigkeiten, die nicht mit dem Gesundheitswesen verbunden sind, in denen Arbeiter aber durch Kundenkontakt einem womöglich erhöhte Risiko ausgesetzt sind, geregelt? Sind Infektionen auch dort eine Berufskrankheit? Das hängt laut der DGUV von der Art der Kontakte mit Infizierten an. Bestimmungsgemäß müssten diese mit unmittelbarem Körperkontakt (z. B. bei Friseuren) oder mit gesichtsnahen Tätigkeiten (z. B. bei kosmetischen Behandlungen) verbunden sein. Wissenschaftlich gesicherte Beweise, dass auch zum Beispiel Kassierer oder Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr bei ihren Tätigkeiten einem vergleichbar erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, gibt es bislang allerdings nicht.

Eine Anerkennung als Berufskrankheit setzt zudem voraus, dass zumindest geringfügige klinische Symptome nach der Infektion auftreten. Werden Gesundheitsschäden als Folge der Erkrankung erst später wahrgenommen, kann eine Berufskrankheit ab diesem Zeitpunkt anerkannt werden.

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