Schutz vor Böllern und Raketen
So kommt Ihr Auto gut durch die Silvesternacht
29.12.2023, 19:53 UhrFeuerwerk und Böller ist an Silvester eigentlich zunehmend verpönt. „Unkontrolliertes Abfackeln von Raketen und Böllern stresst Mensch und Tier und richtet alle Jahre wieder sinnlose Schäden an“, sagt Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Böllern im Feinstaub“ sei längst aus der Zeit gefallen. Es gelte nun, „das Bewusstsein für ein zeitgemäßes Silvester-Feuerwerk zu stärken und Alternativen wie Licht-Shows und öffentlich organisierte Pyro-Spektakel aufzuzeigen“. Die Bundesärztekammer wiederum verweist darauf, dass die zu Silvester 2022 „dokumentierten Augen-, Ohr-, Brand- und Handverletzungen zusammengenommen in die Tausende“ gegangen sind und setzt sich deshalb in einem bundesweiten Bündnis gemeinsam mit Umwelt- und Tierschutzorganisation, Ärzteverbänden und Polizei für ein böllerfreies Silvester ein.
Die kritischen Stimmen mehren sich
Offensichtlich folgen mehr und mehr Bürgerinnen und Bürgern einer solch kritischen Argumentation. Bei einer Umfrage der Online-Plattform Statista gaben nur 24 Prozent der Befragten an, dass sie Feuerwerk an Silvester „unabdingbar“ finden. Und im Rahmen einer repräsentativen Forsa-Umfrage haben sich Ende Oktober 60 Prozent der Menschen in Deutschland sogar für ein Ende der privaten Silvesterböllerei ausgesprochen, 20 Prozent befürworteten ein generelles Verbot.
Auf der anderen Seite stehen aber Rekordzahlen des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI). Nach den coronabedingt feuerwerksfreien Jahreswechseln 2020 und 2021 hat die Branche im vergangenen Jahr einen Silvester-Umsatz von rund 180 Millionen Euro erzielt und hofft darauf, dass es in diesem Jahr ähnlich gut läuft.
Nie brennen mehr Autos als in der Silvesternacht
Auch beim Übergang von 2023 auf 2024 dürfte es also wieder bunt und glitzernd zugehen, laut ebenso. Schlimm genug, wenn bei der zumindest im Regelfall fröhlich gemeinten Begrüßung des neuen Jahres Menschen oder Tiere zu Schaden kommen. Sofern das Auto Blessuren davonträgt, ist das aber zumindest ärgerlich – und kann teuer werden. Eine Seltenheit sind Brandschäden am Fahrzeug nicht. „An Silvester und Neujahr brennen so viele Autos wie sonst in einem ganzen Monat“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der Verband schätzt, dass Böller, Kanonenschläge und Raketen zum Jahreswechsel bis zu 1000 kaskoversicherte Pkw in Brand setzen.
„Die Wucht von Raketen und die beim Abrennen entstehenden Temperaturen der Pyrotechnik können massive Schäden verursachen“, warnt der Automobilclub von Deutschland (AvD). Im Extremfall würden Scheiben durchschlagen, entstünden Blechbeulen oder verschmore der Lack.
Illegale Ware mit gefährlicher Schlagkraft
Ein etwas differenzierteres Bild zeichnet der ADAC. „Werden Böller und Raketen ordnungsgemäß abgefeuert, ist die Gefahr für Schäden am Auto relativ gering“, beruhigt der Club, eine ausgebrannte Rakete, die direkt auf dem Auto lande, verursache meist keine Schäden, das gelte selbst für Cabrios mit Stoffverdeck. Anders sehe es aber aus, wenn Feuerwerkskörper direkt und aus kurzer Entfernung auf das Auto abgefeuert werden. In diesem Fall können Schmauchspuren und Lackschäden, womöglich sogar zerspringende Scheiben durchaus die Folge sein. Besonders hoch ist die Gefahr, wenn illegale Ware mit gefährlich hoher Schlagkraft zum Einsatz gelangt.
Das Parkhaus ist gut investiertes Geld
All dem kann freilich vorgebeugt werden, indem das Auto in der Silvesternacht an einem geschützten Ort abgestellt wird. Fein heraus ist, wer eine Garage zur Verfügung hat oder ein in der Nähe befindliches Parkhaus nutzen kann, die Kosten solle man nicht scheuen, rät der AvD. Einigermaßen sichere Alternativen für Laternenparker sind ruhige Seitenstraßen, Unterführungen, geschützte Innenhöfe oder Bereiche, in denen Feuerwerk, Böller und Kracher verboten sind, solche Zonen werden von Städten und Kommunen zunehmend ausgewiesen.
Immer wieder gibt es Scherzbolde, die es lustig finden, Knallkörper auf Autoreifen zu zünden oder parkenden Fahrzeugen Böller in den Auspuff zu stecken. Damit muss, leider, gerechnet werden, sinnvoll ist es also, vor Fahrtantritt im Auspuff nachzusehen, ob sich jemand einen solchen Unfug erlaubt hat, gegebenenfalls drohen bleibende Schäden am Katalysator. Auch das unmittelbare Umfeld der Reifen sollte kontrolliert werden, herumliegende Flaschen oder Scherben können die Pneus verletzen.
Doch wer zahlt eigentlich, wenn das Auto die Silvesternacht nicht heil überstanden hat? Die Antwort ist klar: Der Verursacher, der dafür (sofern vorhanden) seine private Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen kann. Ist der Schaden aber mutwillig oder aus grober Fahrlässigkeit heraus entstanden, passiert es womöglich, dass die Assekuranz eine Zahlung verweigert und der verantwortliche Pyrotechniker die Reparatur aus eigener Tasche bezahlen muss.
Der Verursacher muss zahlen - eigentlich
Oft genug kann der Zündler jedoch gar nicht ermittelt und dingfest gemacht werden. Dann springt die Teilkasko des Fahrzeughalters ein. Doch dabei gibt es ein „Aber“: Lack-, Schmauch-, Schmor- oder Sengschäden (beispielsweise an einem Cabrioverdeck), bei denen kein offenes Feuer oder Flammen im Spiel waren, werden von den Versicherern zumeist nicht als Brand- und Explosionsschäden interpretiert, wie sie laut Versicherungsvertrag abgedeckt sind. Dann hilft nur die Vollkasko, sie zahlt auch bei Vandalismus.
Ratsam ist es, den Schaden (fotografisch) zu dokumentieren und am besten auch bei der Polizei aktenkundig zu machen.
Wer es irgendwie vermeiden kann, sollte in der Silvesternacht zwischen 23.30 und 1 Uhr nicht mit dem Auto unterwegs sein und, falls es doch sein muss, die Fenster geschlossen zu halten, damit sich keine „Querschläger“ ins Wageninnere verirren. Feuerwerkenden Feiernden weicht man besser großräumig aus, hält im Zweifel lieber an oder dreht sogar um. Vorsicht ist auch deshalb angebracht, weil in dieser besonderen Nacht viele Mitmenschen auf den Straßen anzutreffen sind, denen Alkohol das Gefahrenbewusstsein eingetrübt hat.
Führerschein weg? Das kann auch Fußgängern passieren
Oft sinkt auch die Hemmschwelle für strafwürdiges Tun. Der TÜV Nord weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass selbst Fußgängern die Fahrerlaubnis entzogen werden kann: Wenn sie Verkehrsmittel mit Feuerwerk attackieren, wird dies möglicherweise als Verkehrsgefährdung bewertet. Ein guter Start ins neue Jahr ist das dann definitiv nicht.
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