Die Schneckenfresser
Nach dem Sex das Licht aus: Hier kommen zehn faszinierende Fakten über Glühwürmchen
25.6.2023, 10:38 UhrGlühwürmchen sind die sanften Stars der Sommernächte, ab Juni bis in den August haben sie auch bei uns Hochsaison am Wald und über Wiesen – bevorzugt in warmen Nächten. Im Great Smoky Mountains Nationalpark im US-Bundesstaat Tennessee bewerben sich bis zu 22 000 Menschen darum, in einem ganz besonderen Waldstück die rhythmisch blinkenden Tiere bewundern zu können – dort gibt es besonders viele davon. Im thailändischen Amphawa sind Flussrundfahrten zu den besten Glühwürmchen-Spots im Angebot, Japaner feiern Festivals zu Ehren der Insekten, und in China eröffnete 2015 sogar ein Glühwürmchen-Themenpark.
Die Wundertiere haben Lichtmaschinen im Bauch, sind exzellente Schleimspurdetektive und präzise Sturzkampfbomber. Sie nutzen eine Art Dating-App für Insekten, sind Energieeffizienz-Meister und sterben nach nur einer Woche nächtlichen Zaubers. Hier ein paar Fakten rund um diese sonderbaren Insekten.
Können Würmer fliegen?
Natürlich fliegen Würmer nicht. Glühwürmchen sind nämlich Käfer, sie heißen eigentlich Leuchtkäfer oder Johanniskäfer. Im englischen Sprachraum nennt man sie fireflies, "Feuerfliegen". Glühwürmchen werden sie wohl genannt, weil die Larven oder die flügellosen Weibchen an Würmer erinnern. Weltweit existieren mehr als 2000 Arten, drei davon in Deutschland: der Kleine Leuchtkäfer, der Große Leuchtkäfer und der Kurzflügel-Leuchtkäfer.
Warum leuchten Glühwürmchen?
Die Insekten senden Leuchtsignale aus, damit sich Männchen und Weibchen zur Paarung finden. Das romantische Blinken ist also wie eine optische Dating-App. Eine Art Insekten-Tinder. Männchen erkennen Weibchen am Leuchtmuster. Das am hellsten leuchtende Weibchen lockt die meisten Männchen an. Diese fliegen in ein bis zwei Metern Höhe und lassen sich auf ein Weibchen fallen, wenn sie eines entdeckt haben. Können Weibchen keine Männchen anlocken, wird das Leuchten schwächer und schwächer, bis die Laterne erlischt. Klappt es mit der Paarung, stirbt das Männchen nach dem Akt, das Weibchen schaltet in der Regel sein Licht ab und beginnt bald darauf mit der Eiablage.
Wann fliegen Glühwürmchen?
Juni und Juli sind die Hoch-Zeit der Käfer. Höhepunkt ist häufig um den Johannistag (der war dieses Jahr am 23. Juni). Je nach Temperatur und Klima verschiebt sich die Leuchtperiode ein wenig. Generell beginnen die Käfer in der späten Dämmerung zu leuchten. Die Leuchtkäfer fliegen zwischen ein und drei Stunden lang. Gegen 22 Uhr ist die optimale Zeit, gegen Mitternacht hört das Blinken meist auf.
Woher kommt das Glühen?
Leuchtkäfer erzeugen selbst Licht per Biolumineszenz. Am Hinterleib befinden sich ihre Lichtmaschinen, die Leuchtzellen, genannt Laternen. In ihnen läuft eine chemische Reaktion ab. Der Stoff Luciferin reagiert unter dem Einfluss des Enzyms Luciferase mit Sauerstoff, dabei wird Energie in Form von Licht frei.
Wie lange leben Glühwürmchen?
Als fliegende Leuchtkäfer leben sie nur etwa sieben bis zehn Tage. Ihre Larven bereiten sich jedoch zwei bis drei Jahre darauf vor. Glühwürmchen leuchten also weit weniger als ein Prozent ihrer Lebenszeit. Die Larven schlüpfen nach der Eiablage schon im August. Nach zwei oder drei Wintern verpuppen sie sich und verlassen nach zehn Tagen als leuchtfähiger Käfer die Puppe.
Wovon ernähren sich Glühwürmchen?
Wenn wir Leuchtkäfer fliegen sehen, sind sie in der Fastenzeit. Viele Leuchtkäferarten haben keine Beißwerkzeuge, da sie nichts zu sich nehmen müssen. Sie leben von Luft und Liebe. Nur die Larven der Käfer fressen – und zwar reichlich. Ihre Leibspeise: Nackt- und Gehäuseschnecken aller Art. Da die Larven praktisch blind sind, folgen sie dem Schneckenschleim, auf dem sich Schnecken fortbewegen. Die Larven greifen sogar bis zu 200-mal schwerere Tiere an.
Können alle Glühwürmchen fliegen?
In Europa können nur die Männchen fliegen und blinken, die Weibchen haben keine Flügel. Während der Paarungszeit sitzen die Weibchen leuchtend im Gras oder auf Büschen, die Männchen halten aus der Luft Ausschau nach ihren Partnerinnen. Manchmal bewegen sich die weiblichen Insekten nur wenige Zentimeter von ihrem angestammten Fleck weg. Alle Energie wird auf das Leuchten verwendet, Bewegung wäre Kraftverschwendung.
Wo finde ich sie?
Sie halten sich gerne an Waldrändern und in lichten Gebüschen auf, in Wiesen, Parks und Gärten, an Böschungen und Bahndämmen. Sie lieben die Nähe zu offenem Wasser. Ideal sind naturbelassene, ungemähte und feuchte Wiesen nahe eines Waldes. Nicht finden kann man sie in dichten Wäldern und Nadelwald. Die Larven leben in Laubstreu.
Wie hell ist das Leuchten?
Nicht sehr hell, eine Kerze ist gut tausendmal heller als ein mitteleuropäischer Leuchtkäfer. Stärker leuchten die Tiere in anderen Weltregionen. Der Naturforscher Alexander von Humboldt soll sich auf einer seiner Amerikaexpeditionen eine Leselampe gebastelt haben, indem er einen Kürbis aushöhlte, mit Löchern versah und einige Leuchtkäfer darin einsperrte. Die Insekten sind extrem energieeffizient. Sie haben einen Wirkungsgrad von bis zu 98 Prozent. Fast die gesamte Energie wird in Form von Licht und nur ein geringer Teil als Wärme abgegeben. Zum Vergleich: bei einer herkömmlichen Glühlampe liegt der Wirkungsgrad bei fünf Prozent.
Wie kann ich den Tieren helfen?
Mit einigen Maßnahmen können Sie Ihren Garten glühwürmchenfreundlich machen. Weil die Tiere ihre Partner über die Leuchtsignale der Weibchen finden, behindern Störlichter die Tiere bei der Fortpflanzung. Es hilft, die Zahl der künstlichen Lichtquellen zu verringern, vor allem in der kritischen Zeit Ende Juni/Anfang Juli. Verzichten Sie auf Insektizide und Schneckenmittel, sie gefährden damit die Larven und töten deren Nahrungsgrundlage. Lassen Sie Laub-, Stein- oder Asthaufen liegen. Auch Trockenmauern, Streifen mit Wildkräutern oder Hecken bieten Verstecke.
Dieser Text wurde das erste Mal am 26. Juni 2022 veröffentlicht.
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