Dänemarks Ostseeinsel
Bornholm: Wild, windumtost und sandig weiß
28.8.2021, 07:45 UhrDer Strand von Dueodde ist so strahlend weiß, dass er ohne Sonnenbrille blendet. Nur blinzelnd sieht der Wanderer, wohin der forsche Ostseesommerwind ihn weht.
Das Beste ist, man lässt sich treiben zwischen Dünen, Meer und Himmel – genauso wie der Sand. Der ist so fein, dass er gesammelt wird, um damit Stundengläser zu befüllen. Ausgerechnet hier, wo nichts überflüssiger erscheint als Zeit.
Wie die Sanduhr tickt
Doch auch ohne Messung zeigt die Küstendüne, wie eine Sanduhr tickt. Vom permanenten Wind gelenkt, ist das Berg-und-Tal-Gebilde aus winzig kleinen Körnchen in ständiger Bewegung, rinnt wie von einem Glas zum anderen – von hier nach da, bildet ständig neue Formationen und baut die Landschaft immer wieder um. Schnell erhebt sie sich an irgendeiner Stelle, anderswo senkt sie sich plötzlich ab – meterhoch und metertief. Und immer wieder wunderschön.
Früher machte sich die weiße Wüste noch viel breiter. Als sie im 19. Jahrhundert das Inselinnere erreichte, gab man ihr die grüne Keule. Indem sie Gräser, Sträucher, Kiefern pflanzten, gewannen die Bornholmer Land. Einen ganzen Wald setzten sie auf diese Weise in den Sand. Was daraus wurde, lässt sich wunderbar bei einer Fahrradtour erkunden.
Der größte Inselbewohner
Start ist in der Inselhauptstadt Rønne. Zwischen Häuschen im bunten Skandinavien-Look geht es vorbei an Hafen, Schiffen, Ostseeblicken. Bald rollt das Rad durch Robbedalen. Hier leben zwar schon lange keine Robben mehr, doch dafür gibt es Spuren des wohl größten Inselbewohners aller Zeiten, des Dromaeosauroides bornholmensis. Entdeckt wurde diese Art erst vor ein paar Jahren, nachdem eine Schülerin den fossilen Zahn des Dinosauriers gefunden hatte.
Teils über die Trasse der ehemaligen Eisenbahn, die bis 1968 um die Insel dampfte, teils über kleine Nebenstraßen und gut ausgebaute Radwege geht die Fahrt vor allem durch Natur. Doch Bornholm wäre nicht Bornholm, gäbe es in seinem Hügelwald, der Almindingen heißt, nur Gras und Bäume. Die wohl einschneidendste landschaftliche Besonderheit der Insel sind ihre Spaltentäler: rund 70 schmale, dicht bewachsene Schluchten mit steil abfallenden Wänden, aus denen nur die Wipfel der Baumkronen herausragen. Das größte und bekannteste, Ekkodalen, öffnet sich nun vorm Betrachter. Um herauszufinden, ob das "Echotal" auch wirklich funktioniert, schreit er laut hinein: "Wie viel Geld hat die Königin von Dänemark?"
Kleiner Spaßersatz
Doch es ist Sommer. Busch und Baum sind dicht belaubt. Ohne Echo stirbt der Ruf im grünen Dickicht, noch ehe er den glatten Fels erreicht. Vielleicht klappt es im Winter besser, wenn die Äste kahl sind. Mindestens frustrierte Skispringer hätten damit einen kleinen Spaßersatz, wenn es wieder mal wie meistens keinen Schnee gibt auf der Insel, die zu den wärmsten und sonnenreichsten in der Ostsee zählt.
Immerhin steht – für alle Fälle – zwischen Østerlars und Gudhjem eine funktionsfähige Skipiste nebst Liften, Skihütte und Skiverleih bereit. Seine Existenz verdankt das Kuriosum einem Gag, der ernst genommen wurde: Ein Bornholmer Spaßvogel hatte für das "Projekt" einen Förderantrag an die EU gerichtet, der prompt genehmigt wurde.
Doch kann man sich an diesem wundervollen Sommertag im Ekkodalen auch ohne Bretter und Stimmenwiderhall erfreuen. Rund um das Tal gibt es genügend Sehenswertes wie etwa das Moor Vallensgård, die Jägergrotte oder Dronningestenen.
Findlinge wie dieser sind so typisch für Bornholm wie auch seine Burgruinen, Windmühlen und Rundkirchen oder die etwa 250 Bautasteine – überwiegend in der Bronze- und Eisenzeit zu Kultzwecken oder auf Gräbern aufgestellte längliche Felsbrocken.
Ganze Formationen natürlich geformter Türme und Säulen aus Granit gibt es kurz hinter Tejn an der Ostküste zu sehen: die Heiligen Klippen. Einige ragen bis zu 22 Meter aus dem Meer – ein hübsches Wanderziel, ebenso wie die Spalttäler mit Wasserfällen.
Der mit 20 Meter landeshöchste plätschert ins Døndal Dass in dem Naturpool niemand badet, liegt wohl an dessen Namen: Pissebækken.
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