Lauf: EWS-Mieter verlassen den Markt
28.11.2017, 13:25 Uhr
In dem Markt an der Hersbrucker Straße gibt es auch sieben Untermieter, vom Lotto- und Zeitschriftenladen bis zum Frisör. Sie brauchen jetzt einen Plan B. Für die meisten bedeutet das den Umzug an einen neuen Standort. Das Gebäude leert sich.
So lange die Umsätze stimmen, bleibt der EWS-Markt geöffnet. Das hat Insolvenzverwalter Hubert Ampferl vor zwei Wochen gegenüber der Pegnitz-Zeitung erklärt. Wer dem Laden am östlichen Laufer Stadtrand aber in diesen Tagen einen Besuch abstattet und seinen Einkaufswagen durch die Regale schiebt, dem wird schnell klar: Der Markt befindet sich de facto schon in Auflösung. Langjährige Stammkunden verabschieden sich von „ihren“ Kassiererinnen. Der Schuster im Eingangsbereich packt seine Sachen zusammen, er zieht aus. Und die meisten Gespräche drehen sich um die Frage, wie lange es denn jetzt noch weitergeht.
Beim EWS-Fischladen, der ebenso wie das Bistro im Erdgeschoss des Gebäudes an der Hersbrucker Straße untergebracht ist, ist das offensichtlich längst klar. Am Samstag war er zum letzten Mal geöffnet, hieß es zumindest auf Nachfrage im Markt. Insolvenzverwalter Ampferl, eigentlich zuständig für Auskünfte an die Presse, war Ende vergangener Woche nicht zu erreichen, um mehr über die Hintergründe zu erfahren. Der ebenfalls zum Unternehmen gehörende Getränkemarkt in Röthenbach ist schon seit Wochen dicht, sein Gegenstück in Lauf hat bereits einen neuen Eigentümer. Die Mitarbeiter – von rund 130 waren Anfang November noch etwa 100 übrig – suchen nach neuen Arbeitgebern.
Einkaufen und gleich zum Frisör
Der EWS-Markt, das waren aber immer nicht nur die eigene Metzgerei und Bäckerei, sondern auch der Blumenladen, das Lotto- und Zeitschriftengeschäft, der Frisör und sogar ein Reisebüro. Viele, die hier ihren Einkauf erledigten, schauten bei dieser Gelegenheit bei einem der selbständigen Untermieter vorbei. Das bot sich schon deshalb an, weil der EWS-Einzugsbereich bis in die Oberpfalz und nach Nürnberg reichte. Ein halber Tagesausflug für die meist ältere Stammkundschaft. Warum sich also nicht gleich einen neuen Haarschnitt besorgen und im Bistro zu Mittag essen?

Stefan Holfelder vom Reisebüro Hartmann kann sich vorstellen, wieder im Markt einzuziehen, sollte sich ein neuer Betreiber finden. Damit ist bald Schluss. Untermieter, mit denen die Pegnitz-Zeitung gesprochen hat, haben die Kündigung zum 31. Januar erhalten. Manche sind schon vorher weg – der Schuhmacher zum Beispiel, der schon auszieht. Am Montag, 4. Dezember, will er sein Geschäft in der Feuchter Bräuhausgasse wiedereröffnen. Das Nagelstudio im ersten Stock zieht zum Jahresende in die Laufer Burggasse 2 um. Der Frisör, einer von zehn Salons des Fürthers A. Werner Schalk in der Region, eröffnet seinen neuen Standort am Plärrer 1 in Lauf am 23. Januar. „Für die Kunden ist das ein paar Ampeln weiter“, heißt es.
Seit rund 22 Jahren schon, also seit der Eröffnung des EWS-Markts in Lauf, betreibt Gerhard Thoms zusammen mit seiner Frau seinen Blumenladen. Mit dem Geschäft direkt hinter den Kassen ist er damit auch der „dienstälteste“ Mieter. „Ich gehe in Rente, wenn das hier zum Ende geht, ich mache jedenfalls kein neues Geschäft mehr auf“, sagt er. Auch wenn der gebürtige Laufer das drohende Ende des EWS pragmatisch sieht – „das ist halt so“ – fällt dem 70-jährigen leidenschaftlichen Blumenhändler, der selbst mit dem Lieferauto Blumen aus Holland holte, das Aufhören gar nicht leicht. „Wenn man etwas so lange macht wie ich, dann ist das immer schwer“, gesteht er.
Blumen-Thoms in Lauf gibt es seit der Nachkriegszeit. Thoms Vater hat das Geschäft gegründet, er selbst hat Anfang der Siebziger Jahre das Gebäude am Nürnberger Tor gebaut, in dem noch heute ein Blumenladen ansässig ist. Als dann der EWS eröffnete, verkaufte Thoms das Haus am Marktplatz, schloss auch sein Geschäft in Hersbruck und zog auf Bitten der EWS-Geschäftsführung in die Hersbrucker Straße.
EWS suchte gezielt nach Reisebüro
Ebenfalls eingeladen wurde Stefan Holfelder, geschäftsführender Gesellschafter des Reisebüros Hartmann, das nicht nur in Lauf, sondern auch in Heroldsberg und Eckental ansässig ist. Ein Jahr nach der Eröffnung des Markts im Januar 1996 zog er ein. EWS habe damals gezielt nach einem Reisebüro gesucht, um das Angebot für die Kunden zu ergänzen.
"Für uns war das immer eine gute Nachbarschaft", sagt Holfelder, "wir haben durch die Lage und die Kundenfrequenz profitiert". Dementsprechend schockiert war der Reiseverkehrskaufmann, als er von dem Insolvenzantrag erfuhr, "damit hatte ich nicht gerechnet". Eigentlich hatte Holfelder erwartet, dass der Markt renoviert werden würde. Die sieben Hartmann-Mitarbeiter zogen dabei noch das beste Los:
"Glücklicherweise", wie der Geschäftsführer sagt, hat das Reisebüro 2015 eine Dependance schräg gegenüber des EWS-Markts in der ehemaligen Videothek in der Hersbrucker Straße eröffnet. Was aus Platzgründen geschah, entpuppt sich jetzt als Ideallösung: "Wir nehmen unser Personal einfach mit rüber", sagt Holfelder. Und sollte sich ein neuer Betreiber für den EWS-Markt finden, kann er sich gut vorstellen, wieder dort mit einzuziehen.

Seit 18 Jahren ist Ingrid Muck EWS-Mieterin, doch ihren Vertrag hat sie selbst zum 31. Dezember gekündigt. Zu unsicher sei, wie es im neuen Jahr mit dem Laden weitergehen werde. Da wolle sie dann nicht noch einen Monat lang Miete zahlen. Für ihren "Candy Shop", der Lauensteiner Pralinen anbietet, hat sie noch keinen neuen Standort gefunden. Erst einmal, sagt sie, wolle sie sich auf das Weihnachtsgeschäft konzentrieren, danach gehe sie auf Suche. Muck möchte in Lauf bleiben. Die gelernte Konditorin hofft, dass ihr die Kunden die Treue halten, "viele fahren aus Nürnberg hierher".
Kunden wollen mitkommen

Zuversichtlich blickt Udo Müller in die Zukunft. Er wird am Samstag, 30. Dezember, sein Lotto-, Zeitschriften- und Tabakgeschäft zum letzten Mal aufsperren, nur um dann alles zusammenzupacken und schon in der folgenden Woche bei Norma in der Röthenbacher Straße neu zu eröffnen. Am Donnerstag, 4. Januar, soll es so weit sein. "Viele Kunden sagen, sie kommen mit", berichtet Müller. Vor allem Ältere, die in der Heuchlinger Nachbarschaft wohnen, haben aber schon angekündigt, dass ihnen der Weg zu weit ist. "Die ersten Tage werden sicher spannend", sagt Müller, aber er ist überzeugt, einen guten neuen Standort gefunden zu haben.
Als er die Nachricht von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des EWS-Markts erhielt, warf ihn das nicht aus der Bahn: "Die erste Nacht schläft man vielleicht unruhig, aber dann denkt man nach vorne." Müller weiß, wovon er spricht. Er war früher Abteilungsleiter bei Karstadt und hat die Insolvenz der Warenhauskette 2009 miterlebt. Die Pleite nutzte er als Chance und machte sich selbständig.
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