ADFC: Erlangen bleibt fahrradfreundlich, Nürnberg im Mittelfeld

André Ammer, dpa

9.4.2019, 19:58 Uhr

Zu wenige, zu schmale und zu gefährliche Radwege, die im Alltag oft auch noch von parkenden Autos oder Baustellen blockiert werden. Immer mehr Radfahrer fühlen sich wie das fünfte Rad am Wagen, wenn sie auf deutschen Straßen unterwegs sind. Auch Bayern wurde in den vergangenen Jahren für Radfahrer eher unfreundlicher, wie eine Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) zeigt.

Dabei hat sich die Bayerische Staatsregierung mit dem "Radverkehrsprogramm 2025" ehrgeizige Ziele gesetzt. Innerhalb der nächsten sechs Jahre will sie den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen im Freistaat nahezu verdoppeln – von derzeit 10,5 auf 20 Prozent. Unter anderem Armin Falkenheim, Ehrenvorsitzender des ADFC Bayern, fürchtet angesichts der aktuellen Lage, dass dieses Programm ein leeres Versprechen bleibt. Nicht nur in Bayern, sondern bundesweit sind das Sicherheitsgefühl und die Freude am Radfahren zurückgegangen, wie der neue Fahrradklima-Test des ADFC zeigt. Viele Trends wertet die Interessenvertretung als ernüchternd. So gehe die Zufriedenheit beim Radfahren zurück: Mit der Note 3,9 war der bundesweite Durchschnittswert schlechter als in den Jahren 2014 (3,7) und 2016 (3,8).

Keine bessere Note als eine Drei

Und das Sicherheitsgefühl war schon im Jahr 2019 mit der Note 3,9 nicht gerade berauschend. Im aktuellen Test sieht es mit 4,2 noch schlechter aus. Selbst die Sieger unter den Großstädten erhielten von Radfahrern keine besseren Gesamtnoten als eine Drei. Bayernweites Aushängeschild in Sachen Fahrradfreundlichkeit ist ein weiteres Mal Erlangen. Mit einer Note von 3,39 liegt die Hugenottenstadt auf Platz zwei der deutschen Städte mit 100.000 bis 200.000 Einwohnern und konnte sich damit sogar um einen Rang nach vorne arbeiten. Auch bei der Familienfreundlichkeit, die erstmals mit einer Zusatzbefragung ermittelt wurde, konnte aus Bayern nur Erlangen ordentlich punkten. Die mittelfränkische Kommune sicherte sich in diesem Punkt sogar Rang eins in ihrer Größenklasse.

Fahrradfreundlichste Stadt in dieser Kategorie bis 200.000 Einwohner ist erneut Göttingen mit einer Note von 3,35. Hinter Erlangen liegen im bayernweiten Vergleich Ingolstadt (3,69), Regensburg (3,96), Fürth (4,00) und Würzburg (4,33). Bei den Städten über 500.000 Einwohnern rangiert Nürnberg mit der Gesamtnote 4,20 auf dem siebten Platz von insgesamt 14 und ist damit relativ konstant in diesem Ranking. München auf Rang sechs (3,99) hat sich gegenüber dem vorangegangenen Test leicht verschlechtert.

Bei den Städten zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern wird die Rangliste angeführt von Aschaffenburg (3,82), gefolgt von Landshut (3,84), Neu-Ulm und Bayreuth (beide 3,87). Außerdem hat der ADFC für seinen Fahrradklima-Test eine neue Kategorie für Städte bis 20.000 Einwohner eingeführt, und Gunzenhausen ist hier mit der Note 2,82 der bayerische Spitzenreiter und die Nummer 10 unter 186 deutschen Kommunen dieser Größenordnung.

"Die Radfahrenden geben ihren Städten und Gemeinden auch in Bayern im Gesamtergebnis kaum gute Noten. Das ist alarmierend, denn angesichts von Umwelt-, Gesundheits- und Verkehrsproblemen sollten dringend mehr Menschen öfter aufs Rad steigen", sagt Bernadette Felsch, Landesvorsitzende des ADFC Bayern. Bei unattraktiven Rahmenbedingungen und der Angst vor Unfällen werde dies jedoch nicht passieren. Bundesweit bemängeln Radfahrer den viel zu laschen Umgang mit Falschparkern auf Radwegen (Note 4,5). Auch die Führung des Radverkehrs an Baustellen wird besonders schlecht bewertet (4,5). Ähnlich negativ beurteilt werden ungünstige Ampelschaltungen für Radler (4,4) und die fehlende Breite der Radwege (4,4).

Gesetzesänderungen angekündigt

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will den Radverkehr mit gesetzlichen Änderungen attraktiver und nutzerfreundlicher machen. Bei der gestrigen Auszeichnung der fahrradfreundlichsten Städte gemeinsam mit dem ADFC, kündigte er Vorschläge für eine Novelle der Straßenverkehrsordnung bis Pfingsten an. "Das Sicherheitsgefühl muss sich verbessern", forderte Scheuer. Helme und Abbiege-Assistenten für Lastwagen gehörten für ihn dazu. Es gehe aber vor allem darum, den Verkehrsraum so zu entflechten, dass alle Platz haben – Respekt vorausgesetzt. "Wir sind bereit zum Umsteuern in der Radverkehrspolitik", beteuerte der Bundesverkehrsminister. Denkbar sei zum Beispiel, Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr zu öffnen und das Zuparken von Radwegen zu thematisieren. Details seien aber Sache der dafür zuständigen Kommunen.

Von September bis November 2018 erhielt der ADFC für seinen Test Rückmeldungen von rund 170.000 Radfahrern aus ganz Deutschland. Das war eine neue Rekordbeteiligung nach rund 120.000 Antworten bei der vergangenen Umfrage im Jahr 2016.

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