Osingfest: Verlosung des gemeindefreien Gebiets

18.08.2014, 09:23 Uhr
Osingfest: Verlosung des gemeindefreien Gebiets

© Gerhard Krämer

Und genutzt wird es, und zwar in einer europaweit einmaligen Art. Alle zehn Jahre – Osingjahre sind Jahre mit einer Vier am Ende – wer­den die Flächen den vier Gemeinden nach überliefertem Ritual zugeteilt, heuer wieder am 19. September.

Am Sonntag nun war der Auftakt zur diesjährigen Osingverlosung. Dabei loste die Osingverwaltung erstmals mit sehr viel Öffentlichkeit beim Osingfest den Gemeinden die Zei­chen zu. Für diese Verlosung nutzte Obmann Ernst Kretschmer (Hum­prechtsau) den Beutel mit den vier Bleiwürfeln, die rund und an einer Stelle abgeflacht sind. An den abge­platteten Stellen sind leicht erhaben Punkte, jeweils einer, zwei, drei oder vier. Diese stehen für die vier Zei­chen. Da feinfühlige Menschen die Punkte im Beutel ertasten konnten, wurden später Zinnhülsen angefer­tigt. Mittlerweile finden aber auch normale Würfel mit fünf geschwärz­ten Seiten Verwendung.

Rüdisbronn zieht zuerst

Da das Große Kreuz vor zehn Jah­ren das Zeichen von Rüdisbronn war, durfte ein Rüdisbronner Mitglied der Osingverwaltung den ersten Griff in den Beutel tun. Georg Kalb griff den Würfel mit der Vier und damit den Pferchschlegel. Das große Kreuz hat bei der Verlosung in diesem Jahr Humprechtsau, das kleine Kreuz Krautostheim und Herbolzheim die Pflugschleife. Bis 1864 hatten die Osingsiebener, wie es der Verein zur Osingdokumentation niedergeschrie­ben hat, zwischen den zwei Osing­steinen, von denen es nur noch einen gibt, vor der Vermessung sogar noch einen Eid ablegen müssen.

Nach der Zuordnung der Zeichen begannen Ernst Kretschmer und sei­ne Kollegen Gerhard Gößwein (Hum­prechtsau), Robert Schietinger, Jür­gen Dierauff (beide Herbolzheim), Udo Rabenstein, Günther Raben­stein (beide Krautostheim) sowie Ge­org Kalb und Günther Guckenberger (beide Rüdisbronn) rasch mit der Ver­messung. 122 Züge mit je vier Losen zu einem Tagwerk gilt es nun zu ver­messen, um diese dann am 19. Sep­tember für die nächsten zehn Jahre einem neuen Besitzer zu geben. Beim Osingfest wurde natürlich nur ein Teil vermessen, ab 30. August geht es dann richtig los. „Wir haben hier kei­ne Grenzsteine“, erklärte Ernst Kret­schmer, als am Feld gegenüber des Osinghauses ein Startpunkt am Feld­anfang gewählt wurde und Udo Ra­benstein mit dem Gertmaß, das in je­weils zehn Schuh zu je 29 Zentime­tern eingeteilt ist, losmarschierte. Die einzelnen je nach Länge unter­schiedlich breiten Lose wurden dann markiert. Anschließend warf Kret­schmer wieder die Würfel und die vier Lose je Zug wurden an die Ge­meinden verteilt. Die Vertreter der Osingdörfer hackten dann das jewei­lige Osingzeichen in das zugeloste Grundstück ein.

Diese einmalige Tradition sei nicht einfach das sture Festhalten an Al­tem, nicht das Aufbewahren von Asche, sondern das Aufrechterhalten einer Flamme, sagte Kaiserin Kuni­gunde (Carina Friedrich). Sie erzähl­te den Gästen die Kunigunden-Sage und von den Schulkindern, die alle zehn Jahre die Lose ziehen dürfen. „Wir hatten sogar schulfrei bekom­men“, erinnerte sich die Kaiserin, die sich schon mit dem Osingvereinsvor­sitzenden Georg Rudolph auf den Verlosungstag freut, an dem Bundes­landwirtschaftsminister Christian Schmidt mit hochrangigen Landwirt­schaftspolitikern aus Luxemburg, den Niederlanden und Österreich kommen wird. Sie hofft, dass die Tradition weiter Bestand haben und dass sich auch für sie im November 2015 eine Nachfolgerin finden wird.

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