Ab sofort: Geist ist geil!

23.12.2006, 00:00 Uhr
Ab sofort: Geist ist geil!

verkünden: Geist ist geil!

*Im Nachbarlandkreis Fürth ist mitten in der Weihnachtszeit der Teufel los, weil es die dortige CSU-Landrätin gewagt hatte, den CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsident Edmund Stoiber ein wenig madig zu machen. Sieht man einmal davon ab, dass es ihr offenbar viel Genuss bereitete, in jedes hingehaltene Mikrofon hineinzuplaudern, ist die jetzige (angebliche) Schnüffel-Affäre um ihre privaten Lebensgewohnheiten so spannend wie ein in Peking umfallendes Fahrrad. Glücklich die Bewohner von ERH, die ganz genau wissen, was ihr Landrat Eberhard Irlinger in seiner Freizeit macht. Da es sich nicht lohnt, bayerische SPD-Granden zu kritisieren, macht er einfach Musik; böse Menschen haben bekanntlich keine Lieder. Ob Gitarre oder Hackbrett — der Mann spielt, wo immer ein Publikum vorhanden. Dass er bereits an einer zweiten Karriere (Motto: Es gibt ein Leben jenseits der Politik!) bastelt, ist vorerst aber nur ein Gerücht.

*Wer am Heiligen Abend so gar nicht weiß, was er machen soll — Umfragen zufolge wissen Muslime in Kairo mehr über die Bedeutung des Weihnachtsfestes als deutsche Jugendliche — kann in Erlangens schärfste Disco gehen. Im PaisleyPark wird die Parole «Sexy Night — Holy Night“ ausgegeben, und wer bei der Herbergssuche bis dahin nicht fündig wurde, ist hier am richtigen Ort. Angeblich gibt es bei dieser «traditionellen Erlanger Weihnachtsparty“, wie dem Plakat zu entnehmen ist, bis 24 Uhr Glühweinempfang. Das ist ein glatter Traditionsbruch, weil nichts Derartiges aus Bethlehem überliefert ist. Dafür aber ist das abgebildete Engelchen im String-Tanga derart anziehend (?), dass die Vermutung aufkommen darf, selbst die Paradies-Verheißungen des Islam (mindestens 14 Jungfrauen pro Männernase) würden von Glühwein-beseelten Discos noch übertroffen.

*«So schnell wie noch nie: Nürnberg—München jetzt nur 1 Stunde“ lautete die Werbung der Deutschen Bahn AG in der Dienstagsausgabe, 19. Dezember, der Erlanger Nachrichten. Das «Schnupper-Angebot“ von 19 Euro galt ausweislich der Anzeige bis zum 17. 12. — da mussten die Kunden natürlich noch schneller sein als der neue Zug der Bahn.

*Christian Haffmann, aus Erlangen stammender Nachrichtenmoderator bei RTL-Radio Berlin, hat der Redaktion einen Ausriss aus der Bild-Zeitung Berlin geschickt. Dort wird ein Plakat gezeigt, das angeblich Wessis auffordert, wegzuziehen («gute Heimfahrt!“). Dazu werden sechs Ostberliner befragt, darunter ein gewisser Jürgen Trittin, die zwar ihren «Kiez“ lieben, aber nicht «fremdeln“. Trotzdem wird auf dem Plakat als erste Alternative zu Ost-Berlin gezeigt: Erlangen, 420 Kilometer. Nur: Was haben die Grummel-Ossis eigentlich gegen «ihre“ Erlanger?

*Die Fertigstellung der ersten 24 Häuser haben die Bewohner des Museumswinkels zum Anlass genommen, ihren ersten «begehbaren Adventskalender“ zu machen. Nun ist die Idee solcher Kalender nicht ganz neu — neu ist es allerdings, den Kalender (und die Weihnachtszeit) zum Anlass zu nehmen, sich ein wenig intensiver zu beschnuppern — schließlich ist so einer kleiner neuer Stadtteil wie am Bernhard-Plettner-Ring auf dem ehemaligen Gelände von UB-Med erst einmal eine ziemlich anonyme Angelegenheit. Wie Marie Graf und Kristina Freitag erzählen (und wie die Homepage www.museumswinkel.net auch zeigt) gibt es noch genug Ansatzpunkte, das Wohnumfeld gemeinsam zu gestalten, und da gehört ein wenig Geselligkeit schließlich auch dazu. Dass heute das 24. Fenster leuchtet, ist bei 24 Neubauten ein glücklicher Zufall. Weihnachten eben . . . PETER MILLIAN

*Die Stadt Erlangen lebt von ihren Höhepunkten — zumindest sehen das die Politiker zuhauf, die in und für diese Stadt das Sagen haben. Erlangen ist nicht nur einmal der Nabel in dieser Welt — könnte man jedenfalls vermuten, verfolgt man manche Jahresschlussreden und Statements aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Doch was sind dann die berühmten «Highlights in Erlangen“? Unter diesem Motto hat der «Veranstaltungsservice Bamberg“ in seiner gestrigen Anzeige in den EN seine Events am Jahresanfang 2007 für die Hugenottenstadt angeboten. Dass dabei das «Chiemgauer Volkstheater“ in den Mittelpunkt gerückt wird, das am 3. Januar im Kulturtempel dieser Stadt, der Heinrich-Lades-Halle, sein bezeichnendes Stück «Der Hallodri“ aufführt, muss allerdings etwas befremden. Der Titel passt zwar gut in die derzeitige bundesweite Diskussion um die Schmiergeld-Millionen des Siemens-Konzerns, doch so ganz kann man sich mit diesem Niveau in jener Stadt, die bekanntermaßen den höchsten Akademikeranteil in der Republik für sich in Anspruch nimmt, nicht anfreunden.

Nichts gegen die Chiemgauer, die durchaus zu Lachsalven und damit einer guten Laune beitragen mögen — aber man fragt sich schon, wo die einstigen Höhepunkte in der Ladeshalle geblieben sind. Armes Erlangen!

*Dabei hat Erlangen eine ruhmvolle Vergangenheit, die selbst alteingesessene ahnungslose Bürger schier von den Sitzen reißen kann.

So erzählt der vor drei Wochen 103 Jahre alt gewordene Volksschauspieler Johannes Heesters in einem Interview mit der Freizeit Revue, er habe Kaiser Wilhelm II. getroffen. Nun raten Sie mal, wo? In Erlangen natürlich. Originalton Heesters laut des in 1 033 583 Auflage erscheinenden Regenbogen-Blattes: «Da hat er gerade Holz gehackt. Ich kam an dem Garten vorbei, wo er wohnte. Ich habe zu ihm gesagt: Majestät, Sie sind sehr fleißig, wunderbar!“

Nun mag ja sein, das Heesters in der jahrzehntelangen Gastspielserie des GVE auch einmal im Markgrafentheater aufgetreten ist. Vielleicht hat er dann bei einem Spaziergang den selbst ernannten König vom Berg, den «Pinsel“, mit der Krone auf dem Haupt getroffen — und ihn mit dem Wilhelm aus Berlin verwechselt. Vielleicht aber ist das Interview mit «Jopie“ auch gut erfunden — was man diesen Blättern ja gerne nachsagt.

Erlangen als Kaisersitz — immerhin ein toller Witz! UDO B. GREINER