Abschied vom Kalchreuther Sparmarkt
26.8.2019, 11:00 UhrVor allem ältere Bürger werden den Laden mit vielfältigen Angeboten vermissen. Hinzu kommt, dass Willi Wagner auch immer sehr kontaktfreudig war, sich gerne unterhielt und ehrlich sagte, was er dachte.
1933 hatte sein Vater David Wagner einen Kolonialwarenladen mit Fett- und Schmierstoffen im neu gebauten Haus in der heutigen Heroldsberger Straße eröffnet. Vorher hatte er seine Frau Lina aus Neunhof bei Lauf geheiratet. Kurze Zeit später wurde die Genehmigung auch für Lebensmittel erteilt und 1934 kam frischer Seefisch für den ganzen Ort Kalchreuth dazu. 1938 erfolgte eine Genehmigung zu einem Personen-Fahrbetrieb für die Regierungsbezirke Ober- und Mittelfranken. Das erste Auto war ein Opel und hatte vier Sitzplätze, 1941 folgte ein Mercedes mit Platz für sieben Personen. Dann wurde David Wagner zur Wehrmacht eingezogen und kam erst 1947 aus der Gefangenschaft zurück. Während dieser Zeit führte Lina Wagner das Geschäft.
Das Ehepaar hatte vier Kinder. Der älteste Sohn Fritz lernte als Drogist, er trat dann 1955 in das elterliche Geschäft ein. Damit erweiterte sich auch das Angebot im Laden, dieser wurde um 80 Quadratmeter erweitert. Jetzt gab es neben Lebensmitteln ab 1959 auch Milch und man konnte Passbilder machen lassen, es gab Schulhefte und Fotosachen einschließlich Filme und, wie Willi Wagner schmunzelnd erzählt, ganz heimlich auch Kondome und Camelia-Binden. Die Packungen wurden neutral in Zeitungspapier eingepackt.
1959 traten die Wagners der Europäischen Verkaufsgemeinschaft (VeGe) bei, diese wurde um 1970 von der Spar übernommen und diese wiederum 2005 von der Edeka. Auch die beiden Töchter Martha und Anni lernten im elterlichen Laden als Einzelhandelskauffrauen und waren dort auch beschäftigt. 1973 verstarb David Wagner und das Geschäft ging in den Besitz seiner Frau Lina Wagner über. Sie verstarb 2001, im Jahre 1982 war noch einmal eine Erweiterung um 70 Quadratmeter erfolgt.
Der jüngste Sohn Willi lernte als Einzelhandelskaufmann beim Großhandelshaus Schuler in Nürnberg und nach der Bundeswehrzeit trat er 1974 in das Geschäft ein und übernahm es nach dem Tod der Mutter. Es war in Kalchreuth der größte Laden und deckte neben den Lebensmitteln viele weitere Bereiche der Nahversorgung ab. So konnte man schon ab 1962 den Lottoschein abgeben, im Drogerieraum Farben mischen lassen, Kleider zur Reinigung abgeben, gab es ab 1953 einen Getränkemarkt, ab 1976 Wurst und Käse in Bedienung und ab den 1960er Jahren auch Brot, zuletzt Bauernbrot aus Neunhof. Hinzu kamen Zeitungen und Zeitschriften, Obst und Gemüse sowie einige Jahre auch die Poststelle.
Erwähnt werden muss auch das große Engagement der Familie Wagner für Vereine. Insbesondere Fritz Wagner war fast 50 Jahre Kassier des 1. Fußballclubs und Willi Wagner ist schon viele Jahrzehnte bei der Freiwilligen Feuerwehr, war sogar Atemschutzträger, sowie Mitglied bei den Kirchweihburschen beim Dorfmeisel.ERNST BAYERLEIN
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