Aktion von Greenpeace in Erlangen polarisiert
18.9.2020, 17:10 UhrDie Streicher setzen an, Violinen und Cello. Mal erklingt Memories aus dem Musical Cats, mal ein beschwingtes "Veronika, der Lenz ist da", mal Mozarts kleine Nachtmusik. Kein Straßenlärm stört die musizierenden Schüler des Christian-Ernst-Gymnasiums, sie müssen keinen Platz machen für passierende Autos oder Lieferwagen, dabei stehen die Vier auf einem Parkplatz in der Oberen Karlstraße – mitten in der Innenstadt.
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Von 13 bis 18 Uhr war die Straße zwischen Fahr- und Krankenhausstraße an diesem Freitag vom Ordnungsamt gesperrt worden, die Polizei sichert mit einem Kleinbus die Umleitung: Greenpeace hat wie angekündigt in Kooperation mit dem ADFC, dem Radentscheid und Extinction Rebellion in Erlangen Parkplätze zu "grünen Oasen" umgestaltet. Nun stehen Sofas, Pflanzen, Campingstühle und eben Streicher dort, wo an anderen Tagen SUVs, Kombis, Klein- und Sportwagen ein- und ausparken.
"Wir wollen niemanden provozieren"
"Unser Ziel ist es nicht, die Anwohner und Geschäftsleute zu provozieren", versichert Julian Hofmann von Greenpeace Erlangen, "sondern wir wollen darauf aufmerksam machen, dass man den Parkraum anders, besser nutzen kann." Hofmann und seine Mitstreiter, ein gutes Dutzend wird es sein, wollen den Ärger, der zu Beginn einige Geschäftsleute aus ihren Läden treibt, aber ausnutzen, um mit Kritikern ins Gespräch zu kommen, aufzuzeigen, dass "mehr Grün anstelle von Verkehr auch für Anwohner und Ladenbesitzer positive Auswirkungen" haben kann.
Toll findet den halben Tag erzwungene Fußgängerzone in der Oberen Karlstraße neben nicht wenigen Passanten, die vor allem die Musik genießen, Brigitte Wullenweber. Sie verkauft Handtaschen und Geldbörsen aus eigener Produktion im "sine": "Ich finde das großartig. Normalerweise blicke ich durch die Scheiben auf den Verkehr und die auf beiden Seiten geparkten Autos. Das ist unattraktiv auch für die Kunden, die oft gar nicht bis zum Laden kommen – der Gehsteig ist zu klein, die Straße zu voll." Im entspannten Flanieren sieht sie größere Chancen auf Umsatz als im hektischen Straßengewimmel.
Die einen finden es gut, die anderen "Schwachsinn"
Ihre Nachbarn Petra Pezold und Volker Meyer vom Decantus-Weinhandel sind da ganz anderer Meinung. Beide sagen, sie unterstützen oft Greenpeace, "aber diese Aktion ist Schwachsinn": Wenn, dann müsse man doch gemeinsam mit den Geschäftsleuten an nachhaltigen Konzepten für weniger Verkehr arbeiten, etwa mit einem lange vorbereiteten Straßenfest – "und nicht urplötzlich die Straße sperren, sich auf die Parkplätze setzen und Umsatzeinbußen provozieren". Das fördere ein rigoroses Dagegen, keinen sinnvollen Dialog. Ihre Kunden hätten oft schwer zu tragen – "ohne Kurzparkzonen können wir zumachen".
Die einzige Kritik, die auch Wullenweber und sogar die Veranstalter akzeptieren, ist die der kurzfristigen Benachrichtigung: Erst einen Tag vor der Aktion lagen Hinweis-Flyer vor den Ladentüren. "Dafür", entschuldigt sich Katrin Sandmann von Greenpeace, "konnten wir aber nichts, die Aktion wurde so spät erst nach langem Kampf genehmigt."
Lebhafte Diskussion
Zu mehr Ärger als einer lebhaften Diskussion führt die öffentlichkeitswirksame Aktion an diesem sonnigen Spätsommertag nicht. Im Gegenteil: Der Großteil freute sich an schöner Musik.
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