Allgemeines Bedauern über Horst Köhlers Rücktritt

1.6.2010, 00:00 Uhr
Allgemeines Bedauern über Horst Köhlers Rücktritt

© Bernd Böhner

Die Kritik um seine Äußerungen im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr vermissen, lasse den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen, hatte Bundespräsident Horst Köhler gesagt, als er gestern seinen Rücktritt erklärt und damit für einen Paukenschlag in ganz Deutschland gesorgt hat (siehe dazu auch die Berichte im Hauptteil).

Stefan Müller, CSU-Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, hat die Entscheidung des Bundespräsidenten aus den Agenturen erfahren. Er sei davon überrascht worden, sagt Müller, auch wenn man beim Bundespräsidenten schon länger eine gewisse Dünnhäutigkeit habe erkennen können. Der Rücktritt sei eine persönliche Entscheidung, die er aber für übertrieben halte. Köhlers Äußerung habe zwar für Missverständnisse gesorgt, aber genauso sei die Kritik an Köhler überzogen gewesen.

»Ich bedauere diesen Entschluss«, meinte Christa Matschl, die CSU-Landtagsabgeordnete. Köhler, so betont Matschl, war sehr »bürgernah«, und er verfüge über eine hohe wirtschaftliche Kompetenz, die doch gerade in Krisenzeiten gebraucht werde. Ob die kritisierten Äußerungen allein den Ausschlag für den Rücktritt gegeben haben, »mag ich nicht zu beurteilen«, sagt die CSU-Landtagsabgeordnete. Sie, so fügt Matschl hinzu, könne sich das allerdings nicht vorstellen.

Inneneminister Joachim Herrmann hat Köhler damals mitgewahlt: »Mich hat der Rücktritt völlig überrascht. Horst Köhler war ein guter Bundespräsident. Er hat sein Amt verantwortungsvoll und gewissenhaft ausgeübt. Er war ein Präsident, der sich nicht nur die Sympathien der Menschen in Deutschland erworben hat, sondern auch derer, die ihn am Anfang vielleicht nicht gewählt haben. Die Angriffe und Attacken gegen ihn waren meines Erachtens überhaupt kein Grund, zurückzutreten. Er war ein Präsident mit Vorbildcharakter. Ich bedauere seinen Rücktritt sehr.«

Balleis »von den Socken«

Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis war »völlig von den Socken«, als er die Nachricht übermittelt bekam, »ich kann es noch gar nicht richtig glauben«, sagte er gestern Nachmittag. Die von Köhler angegebene Begründung kann er zwar nachvollziehen, sieht aber in der an ihm geübten Kritik »noch keinen ausreichenden Grund für einen Rücktritt«. Die Diskussion um die umstrittenen Äußerungen sei bestenfalls in politischen Kreisen geführt worden, einen öffentlichen Ansehensverlust des Amtes habe er nicht erkennen können. »Eine vorauseilende Reaktion auf diese Diskussion ist für mich nicht nachvollziehbar«, so Balleis.

Nicht weniger überrascht reagierte Bürgermeisterin Elisabeth Preuß. Die FDP-Frau zeigte sich vom Rücktritt insofern auch unangenehm berührt, »weil ich mir nicht vorstellen kann, dass er mit seiner unglücklichen Äußerung über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr einer Grundgesetz-Verletzung das Wort reden wollte«. Sollte Köhler allerdings tatsächlich davon überzeugt sein, dass Auslandseinsätze deutschen Militärs auch für Wirtschaftsinteressen gerechtfertigt seien, »dann wäre sein Rücktritt konsequent«.

Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Vogel unterscheidet zwischen Köhlers Äußerung und dem Rücktritt. Auslandseinsätze der Bundeswehr hält Vogel - »auch gegen die Meinung in meiner eigenen Partei« - für nicht akzeptabel (schon gar nicht zum Schutz wirtschaftlicher Interessen), »aber ob man deswegen zurücktreten muss?« Köhler habe nur das gesagt, was in der Union sowieso Konsens sei. »Ich denke, er ist zurückgetreten, weil ihm der Rückhalt in den eigenen Reihen gefehlt hat«.