Auch in Erlangen: Apotheken warten auf Grippeimpfstoff

ERLANGEN - Wer sich gegen Grippe impfen lassen möchte, muss derzeit auch in Erlangen warten. Das trifft gerade Privatpatienten.

Eine 69-Jährige aus Neunkirchen am Brand klingt besorgt, als sie in der Redaktion anruft. Da wirbt die Politik für eine Grippeschutzimpfung, doch sie als Privatpatientin habe kaum eine Chance, dem Appell derzeit nachzukommen. "Es ist einfach kein Impfstoff da", fasst sie ihre Suche zusammen, die in Neunkirchen in zwei Apotheken begann, in Forchheim in einer Apotheke weiterging und mit dem Nein von weiteren sechs Apotheken in Erlangen endete. "Ich zähle zur Risikogruppe und lasse mich jedes Jahr gegen Grippe impfen. So einen Engpass habe ich noch nicht erlebt."

Kein Impfstoff verfügbar

Als Privatpatientin kann die Seniorin nicht einfach zum Arzt gehen und sich eine Spritze geben lassen. Sie muss den Grippeimpfstoff selbst in der Apotheke holen und zum Arzt bringen, wo er ihr verabreicht wird. Klingt einfach, ist aber zurzeit nicht nur in Erlangen und näherer Umgebung scheinbar unmöglich. Das hat auch die Recherche der Erlanger Nachrichten ergeben. Bei einigen Apotheken fragten wir an und erhielten überall die gleiche Antwort: Kein Impfstoff verfügbar. Diverse Zeitungen und Presseportale berichten aus verschiedenen Regionen Deutschlands Ähnliches.

Man muss in diesem Zusammenhang wissen, dass die Apotheken jedes Jahr bereits im Frühling den Impfstoff bei Herstellern und Großhändlern bestellen. Dass die Corona-Pandemie solche Auswirkungen annehmen und die Nachfrage nach einem Grippeimpfstoff stark steigen würde, konnte aber im Februar oder März kaum jemand ahnen. Deshalb ist jetzt deutlich mehr Nachfrage als Angebot vorhanden.

Dutzende Vorbestellungen

Also haben die Apotheken nachbestellt. So auch die Meilwald-Apotheken mit ihren vier Standorten, wie Inhaber Thomas Wagner bestätigt. Wagner ist gleichzeitig Pressesprecher des Bayerischen Apothekerverbands und der Bayerischen Landesapothekerkammer für den Raum Erlangen. "Wir sind unter den Kollegen gut vernetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es momentan eine Erlanger Apotheke gibt, die den Impfstoff hat", sagt Wagner. Aber: "Die nächste Lieferung kommt voraussichtlich Ende Oktober." Zumindest bei ihm. Bei den anderen angefragten Erlanger Apotheken ist von Nachschub bis Mitte beziehungsweise Ende November die Rede.

Momentan hat Wagner eine Liste mit über 50 Vorbestellungen. Er geht davon aus, dass alle Kunden bedient werden können. Eine Impfung gegen Grippe empfiehlt er für Senioren und alle, die aufgrund von Krankheiten oder Medikamenteneinnahme ein geschwächtes Immunsystem haben. In einer Gemeinschaftspraxis in der Innenstadt werden zunächst Patienten mit schwereren chronischen Vorerkrankungen und Ältere ab 60 Jahren geimpft. Wagner wird so eine Priorisierung für die Kunden auf seiner Warteliste eher nicht vornehmen: "So eine Vorgabe müsste wenn dann vom Gesundheitsamt kommen."

Alte und Schwache zuerst

Barbara Thies, Inhaberin der Röthelheim-Apotheke, ist anderer Meinung. Sie habe momentan etwa 20 Privatpatienten, die auf eine Lieferung des Impfstoffs warten. Thies hält es für möglich, dass es wieder zu Engpässen kommen könnte: "Vielleicht stehen wir vor einem gewaltigen Problem. Es haben doch bestimmt alle Apotheken nachbestellt, da ist für mich schon die Frage, ob die Nachlieferungen reichen werden." Falls nicht, könne sie sich schon vorstellen, ihre Warteliste zu priorisieren. An erster Stelle stehen für sie ganz klar "die Alten und die Schwachen". Thies berichtet von eigenen Erfahrungen mit der Grippe. "Ich hatte mich mal angesteckt. Drei Tage lang ging es mir richtig übel." Wie mag es da erst Menschen aus der Risikogruppe gehen, falls sie sich anstecken?

Deshalb appelliert Thies an besorgte Eltern, die ihre Kinder gegen die Grippe impfen lassen möchten: "Es kann natürlich sein, dass eine Mutter Angst hat. Trotzdem sollten jetzt alle an die Menschen denken, die die Impfung wirklich dringend brauchen. Sie dürfen am Ende nicht leer ausgehen. Sonst ist die Grippezeit irgendwann da und dann wird es gefährlich."