Baiersdorf: Gospel Voices singen mit Flüchtlingen
18.4.2016, 12:00 UhrFür Unmut hatte am Tag zuvor das Bekanntwerden einer NPD-Veranstaltung am Rathausplatz unweit des Gemeindehauses gesorgt, die nur eine Stunde vor dem geplanten Start des Workshops stattfinden sollte. „Wir haben vermutet, dass unser Workshop ein nicht unerheblicher Grund für die Wahl des Ortes und des Zeitpunkts der Kundgebung war. Zwischenzeitlich haben wir sogar überlegt, die Asylbewerber mit mehreren Autos abzuholen, da sie ja auf dem Weg zum Gemeindehaus direkt durch die Veranstaltung der NPD hätten laufen müssen“, sagte Susi Gemabala, die den Gospel Workshop organisiert hatte.
Im Vorab-Gespräch mit dem Baiersdorfer Bürgermeister Andreas Galster und der Polizei kam man durch die Frage, was man als Gospel Voices tun könnte, auf eine Idee: Der Start des Workshops wurde somit einfach um eine Stunde nach hinten verschoben, und die Gospel Voices begrüßten dafür lautstark singend auf einer von der Stadt im Rahmen einer geplanten Gegenveranstaltung bereit gestellten Bühne die einziehende Schar hunderter friedlicher Gegendemonstranten.
Von all dem Rummel war am Nachmittag, als wieder Ruhe eingekehrt war, bis auf ein paar gelbe Glitzerherzen auf dem regennassen Rathausplatz nichts mehr zu sehen, so dass der Workshop ohne Einschränkung stattfinden konnte.
Die Gospel Voices statteten im Juli 2015 erstmals den damals gerade in Baiersdorf angekommenen Flüchtlingen einen spontanen Besuch ab, brachten selbst gemachtes Fingerfood mit und man aß gemeinsam im Garten. „Nach dem Essen haben wir unsere Trommeln, Gitarren und andere Percussioninstrumente verteilt und ein paar Gospels gesungen“, berichtet Gembala. „Dann haben wir bis spät in die Nacht gemeinsam musiziert und bemerkt, dass Musik einfach eine gemeinsame Sprache ist und alle Barrieren durchbrechen kann.“
So entstand die Idee, den Workshop zu organisieren. Ungefähr 25 Asylbewerber und nochmal so viele Mitglieder des Chors und Bürger sind der Einladung gefolgt. Die Texte der Lieder lesen alle Teilnehmer von großen Plakaten an Stellwänden ab. Unter anderem hat Susi Gembala ein Lied aus Tansania ausgewählt, in einer Sprache, die sowohl den aus dem Irak und Äthiopien stammenden Asylsuchenden, als auch den Baiersdorfer Gospel Voices fremd ist. So müssen die Chormitglieder und die Asylbewerber den Liedtext erst lernen, um gemeinsam singen zu können.
Was alle Menschen, deren Stimmen im Gemeindesaal fröhlich und kraftvoll erklingen, bei aller Unterschiedlichkeit vereint, sind neben der Liebe zur Musik vor allen Dingen gemeinsame Werte: Die Werte einer offenen, friedlichen und lebendigen Gesellschaft, in der ein Miteinander und gegenseitige Wertschätzung den Umgang bestimmen. „Und wir als Gospel Voices wollen ein Teil dieser ganz natürlichen Willkommenskultur sein“, sagt Johannes Heiner, Mitglied des Chors, mit Nachdruck.
Zum Abschluss des Workshops schmettern alle gemeinsam einen der bekanntesten Gospel-Schlager: Oh Happy Day.
Danach verlassen gelöste Menschen mit freudestrahlenden Gesichtern das Gemeindehaus und verabschieden sich herzlich dort, wo ein paar Stunden zuvor noch verhärtete Fronten aufeinander stießen. Das nächste Konzert der Gospel Voices findet am 26. Juni um 19.30 Uhr in der katholischen Kirche St. Josef in Baiersdorf statt.
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