Erlangen: Der Löwenkopf hat ausgebrüllt

Christoph Benesch

Erlangen

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6.12.2019, 11:00 Uhr
Erlangen: Der Löwenkopf hat ausgebrüllt

© Christoph Benesch

Die Bestätigung ist kurz, zwei Sätze nur lang. Und doch besiegelt sie das berufliche Schicksal von 55 Erlanger Mitarbeitern des "Publicis Pixelpark", des fränkischen Standorts einer weltweit agierenden, französischen Kommunikationsagentur: "Im Rahmen einer weltweiten Reorganisation der Büros der Publicis Groupe mit dem Ziel, unseren Teams effektivere Zusammenarbeit zu ermöglichen, werden wir das Büro der Publicis Groupe in Erlangen zum 31. 12. 2019 schließen. Allen Mitarbeitern wurde die Möglichkeit angeboten, nach München, Frankfurt oder Hamburg zu wechseln." So schreibt Nicole Karepin, Director Communication und PR aus der Düsseldorfer Deutschland-Zentrale von Publicis auf Anfrage unserer Redaktion. "Mehr", sagt Karepin am Telefon noch, könne sie leider nicht sagen.

Im Frühjahr 2003 bezogen einst 170 Mitarbeiter und zehn Auszubildende einen mächtigen viergeschossigen Neubau mit 7100 Quadratmetern Nutzfläche, zweistöckiger Tiefgarage und mit einem Atrium als architektonischem Highlight. "Wir wollen weiter wachsen", sagte Publicis-Geschäftsführer Fritz Schneider damals.

Der Verlust von Großkunden wie Siemens, für das Publicis, vor der Ausgliederung noch hauseigene Abteilung, einst ganze Kalenderserien produzierte, sind wohl für rasant einbrechende Umsatzzahlen verantwortlich, die der Konzern ab Januar deutschlandweit mit einer radikalen Umstrukturierung beantwortet. Die französische Werbeholding legte im laufenden Jahr einen Umsatzrückgang von mehr als fünf Prozent auf dem deutschen Markt hin. Vor allem die Sparte Publicis Pixelparks muss nun daran glauben, schon zum 30. Juni schloss die Niederlassung in Bielefeld. Ende des Jahres folgt auch Erlangen an der Nägelsbachstraße 33. Das Gebäude gehört den "Volkswohl Bund" Versicherungen, die in Verhandlungen mit potentiellen Nachmietern stehen.

"Schwächung des Standorts"

Anstatt sich über den Ausstieg eines langjährigen Mitbewerbers zu freuen, bedauert Jürgen Hinterleithner das Ende von Publicis in Erlangen: "Ich verstehe das als eine Schwächung des Standorts. Ich favorisiere lieber einen ordentlichen, fairen Wettbewerb als eine kleinteilige Struktur, wie wir sie nun wieder haben." Hinterleithner ist einer von zwei Geschäftsführern der "HL-Studios" in Tennenlohe, die ebenfalls mit den veränderten Voraussetzungen und Kundenwünschen zu kämpfen haben. So verließen im Zuge einer "Anpassung auf zwangsläufige Erfordernisse, die sich aus den Wünschen unserer Kunden ergeben" zuletzt 25 Mitarbeiter die HL-Studios, wie Hinterleithner sagt, "zum großen Teil waren es Eigenkündigungen". 17 neue Kollegen konnten sie dafür begrüßen, zwei weitere Stellen sind ausgeschrieben. Trotzdem verkleinerte sich die Kommunikationsagentur im August von 125 auf 116 Mitarbeiter. Die Digitalisierung erfordere neue Fähigkeiten, es bedarf nun "umfassenderen Konzepten und komplexeren Problemlösungen" als bisher.

Das Schwächeln der Industrie sei laut Hinterleithner verantwortlich, dass Agenturen nirgends "Ja, alles super" schreien, es gehe darum, die Zugänge zum Markt nicht zu verlieren. Publicis wird diesen Wettbewerb in Erlangen fortan nicht mehr mitgehen.

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