Erlangen: Staatsanwalt ermittelt gegen Klinik-Mitarbeiter
3.7.2020, 06:00 UhrZu dem möglichen Betrug soll es im Bereich der Geburtshilfe gekommen sein und zwar in der Einrichtung zur Versorgung von Früh- und Neugeborenen. Bei dem sogenannten Perinatalzentrum der Stufe 1, können Leistungen entsprechend höher vergütet werden als bei anderen gynäkologischen Einrichtungen, so die Staatsanwaltschaft Hof auf Anfrage unserer Zeitung.
Voraussetzung für die Abrechnung von Leistungen gegenüber den Krankenkassen als Perinatalzentrum der Stufe 1 ist jedoch die Einhaltung von Qualitätssicherungs-Richtlinien. So muss die ärztliche Leitung des Zentrums durch einen Facharzt der Frauenheilkunde mit Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt oder der Weiterbildung für spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin hauptamtlich ausgeübt werden.
Der Vertreter der ärztlichen Leitung muss ebenfalls in Vollzeit tätig sein und die gleiche Weiterbildung vorweisen oder diese zumindest innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Ernennung nachweisen können.
Nach derzeitigem Sachstand, so Oberstaatsanwalt Andreas Cantzler, sollen diese Voraussetzungen aber vom Sommer 2017 bis zum Sommer 2019 nicht mehr vorgelegen haben.
Das Klinikum Bayreuth habe zwar gegenüber den Krankenkassen zwei Ärzte als ärztliche Leiter des Perinatalzentrums benannt, die tatsächlich auch über die notwendige Weiterbildung verfügen. Jedoch sei nur einer der beiden Ärzte hauptamtlich für das Klinikum Bayreuth tätig gewesen, so Cantzler weiter.
Nur beratende Funktion
Der andere habe nur eine beratende Funktion wahrgenommen, sei jedoch am Klinikum selbst kaum anwesend gewesen. Nach Recherchen unserer Zeitung stand das Perinatalzentrum des Klinikums Bayreuth zur besagten Zeit unter der Leitung zweier Ärzte des Uniklinikums Erlangen.
Des Weiteren ermittelt die Staatsanwaltschaft Hof gegen den früheren Geschäftsführer wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs beziehungsweise der Untreue betreffend der gynäkologischen und der neurologischen Abteilung des Klinikums Bayreuth. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob die Voraussetzungen zur Abrechnung von Pauschalvergütungen nicht vorlagen und ob dies dem früheren Geschäftsführer bekannt war.
Wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden und ob es überhaupt zu einer Anklageerhebung kommt, könne derzeit nicht abgeschätzt werden, so Oberstaatsanwalt Andreas Cantzler.
Schon im Vorfeld des Ermittlungsverfahrens, war der frühere Geschäftsführer des Klinikums Bayreuth in die Kritik geraten. So bemängelte die SPD-Fraktion im Bayreuther Stadtrat unter anderem die Freistellung von zwei Ärzten in der Neurologie, personelle Probleme in der Geburtshilfe und Verzögerungen bei Sanierung und Umbau des Klinikums und forderte den Rausschmiss des Geschäftsführers.
Gegenwind bekam dieser auch vom medizinischen Personal. So sprachen sich mehrere Chefärzte auf einem Geheimtreffen mit großer Mehrheit gegen einen Verbleib des Geschäftsführers aus. Von einem gestörten Vertrauensverhältnis war die Rede. Mitte vergangenen Jahres schied der so in die Kritik geratene Geschäftsführer schließlich aus "persönlichen Gründen" aus dem Klinikum Bayreuth aus, obwohl sein Vertrag noch bis September 2020 gelaufen wäre. Seit 1. Juni ist er Leiter der Stabsabteilung Medizincontrolling und dort unter anderem für die Abrechnung medizinischer Leistungen verantwortlich.
Für Albrecht Bender, kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums Erlangen, ist dessen Anstellung eher ein Glücksgriff, nachdem dessen Vorgänger "relativ schnell gegangen ist". "Wir brauchen für diese Postion einen, der das Team zusammenhalten und strategisch denken kann." Genau diese Voraussetzungen bringe der frühere Bayreuther Klinikchef mit. Bender hat diesen übrigens persönlich in dessen früherer Funktion beim Aufbau des gemeinsamen Medizincampus kennengelernt.
"Nichts Negatives"
Über das Ermittlungsverfahren sei das Uni-Klinikum bereits bei den Bewerbungsgesprächen informiert gewesen. Der Ex-Geschäftsführer habe dies offen kommuniziert. Wie Bender weiter sagt, liege ihm außerdem ein Schreiben der Anwälte des Klinikums Bayreuth vor, die mit einer Einstellung des Verfahrens rechnen. Ordinarien der Uni-Klinik, die mit dem früheren Geschäftsführer zu tun hatten, hätten ebenfalls "nichts Negatives" zu berichten gehabt.
In der Gesamtschau sei man schließlich zu dem Schluss gekommen, den in Bayreuth in die Kritik geratenen Geschäftsführer am Uni-Klinikum anstellen zu können. Es sei ihm "unerklärlich", weshalb von manchen Chefärzten in Bayreuth nach wie vor gegen den früheren Mitarbeiter des dortigen Klinikums "nachgetreten" werde, so Bender.
Auf Anfrage unserer Zeitung, verwies der Ex-Geschäftsführer auf "gutachterliche Stellungnahmen, die die Korrektheit der Abrechnung belegen". Er gehe deshalb davon aus, "dass die erhobenen Vorwürfe vor dem Hintergrund dieser gutachterlichen Stellungnahmen niedergelegt werden können". Weitere Aussagen wollte er angesichts des noch laufenden Verfahrens nicht machen.