"Halbwahrheiten": PhilFak der FAU richtet sich gegen Schöllgen
6.12.2018, 05:35 UhrSie sei eine Schwachstelle der Universität. Ein Monstrum, abgestiegen auf das Niveau von Discounterfilialen. So beschreibt Gregor Schöllgen in seinem Buch "Wissen in Bewegung" die Philosophische Fakultät, an der er mehr als 30 Jahre gearbeitet hat. Die Professoren lebten dort in einer betulichen Welt, scheuten Konkurrenz und bekämen zu viel Gehalt für ihre Leistung. 241 Seiten umfasst das Buch. Einige Kollegen lobt er, andere kritisiert er, manche greift er persönlich an. Der "Fernsehpredigerin" Johanna Haberer wirft Schöllgen vor, 2001 ohne Promotion und Habilitation Professorin für Christliche Publizistik geworden zu sein. Als Haberer den Ruf nach Erlangen erhielt war sie Rundfunkbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland - der höchste Posten ihres Fachs.
Kommentar: Schlagabtausch erinnert eher an Kindergarten als an Uni
Auch Peter Dabrock hat nicht habilitiert. Seit 2010 ist er in Erlangen Ethikprofessor, seit 2016 Vorsitzender des Deutschen Ethikrats, der die Bundesregierung berät. Schöllgen nennt ihn einen "intellektuellen Small Talker". Was Schöllgen damit meint, bleibt unbeantwortet. Ein Gespräch mit der Nürnberger Zeitung sagt er erst zu - später aber wieder ab.
Haberer, Dabrock und mehr als 200 weitere Professoren und Mitarbeiter der Philosophischen Fakultät und des Fachbereichs Theologie haben einen offenen Brief unterzeichnet, den ihr Dekanat diese Woche veröffentlichen wird. Schöllgen durfte sein Buch bei der akademischen Jahrfeier am 4. November im Erlanger Schloss dem Publikum präsentieren. Mit ihm auf der Bühne saß Uni-Präsident Joachim Hornegger, der in seiner Anmoderation sagte: "Selbstverständlich teilen ich und die anderen Mitglieder der Universitätsleitung in vielen Punkten nicht die Einschätzung des Autors. Doch wer den wissenschaftlichen Diskurs und die Meinungsfreiheit in unserem Land ernst nimmt, der muss das, so meine ich, aushalten können."
Den Dekan der Philosophischen Fakultät, Rainer Trinczek, stört vor allem die Vorstellung des Buchs während der Geburtstagsfeier. So habe das Ganze einen "offiziellen Anstrich" bekommen. Die Universität hat vorab 4000 Exemplare des Buchs bestellt, bei der Feier verteilt und an Freunde und Förderer der Universität und Partnerhochschulen auf der ganzen Welt verschickt. Auch an Horneggers Vorgänger im Amt Karl-Dieter Grüske. Der las das Buch, schickte es zurück und verfasste einen achtseitigen Brief. Der ehemalige Uni-Präsident schreibt darin, er habe sich Textstellen markiert, die "ganze Fächer abwerten, die Halbwahrheiten schief darstellen, die ohne geringsten Beleg werten, die undifferenziert negativ pauschalisieren oder in denen ganz einfach falsch recherchiert und unwissenschaftlich argumentiert wird".
Uni-Präsident Hornegger will sich zu dem Vorgang nicht weiter äußern. Die Pressestelle der Uni teilt mit, dass Schöllgen zu frühen Versionen seines Manuskripts Rückmeldung von verschiedenen Seiten eingeholt habe. "In dieser Phase lag der Universitätsleitung eine Manuskriptversion vor. In einem Feedback an den Autor wurde unter anderem auf möglicherweise kritische Stellen hingewiesen. Der Umgang damit oblag dem Autor."
8 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen