Hupfla in Erlangen: "Kein Abriss ohne Konzept"
29.6.2019, 06:00 UhrZur Erinnerung: Einmütig hat sich der Stadtrat Ende März für einen authentischen Gedenkort für die Opfer der NS-"Euthanasie", also die ermordeten Patienten der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt ausgesprochen. Zur Umgestaltung als Gedenkort hat der Stadtrat einen kleinen Teil des Nordflügels beziehungsweise "Kopfbaus" der "Hupfla" festgelegt. Der Hauptteil des Gebäudes soll nach derzeitigem Stand hingegen weichen, um Platz für die Errichtung moderner Forschungsgebäude der Universitätsklinik zu machen. Die Abrisspläne sind beschlossen.
Beim Aktionsbündnis wird nun die Forderung nach einem Moratorium anstelle des Abrisses laut. Es müsse einen öffentlichen Diskussionsprozess mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber geben, wie ein Gedenk- und Lernort gestaltet sein sollte. Um Zeit für einen kreativen und ergebnisoffenen Prozess zu gewinnen, müsse der beschlossene Zeitplan außer Kraft gesetzt werden.
Inhaltlich setzt sich das Aktionsbündnis dafür ein, dass die Diskussion nicht auf die Ausgestaltung einer Minimallösung reduziert wird, sondern sich auch auf Konzepte erstreckt, die einen größeren Raumbedarf haben.
Fest steht aus Sicht des Aktionsbündnisses aber bereits jetzt, dass der Eckpavillion, der für die Errichtung des Gedenkorts zur Verfügung steht, nicht genügend Platz bieten wird, wenn man mehr will als einen reinen Gedenkraum. Für einen aktiven Lern- und Informationsort, an dem man die Dinge in einen Kontext stellen kann und den beispielsweise auch Schulklassen besuchen, brauche man eine größere Fläche.
Zirka 550 Quadratmeter Fläche stehen nach jetzigem Beschluss für den Gedenkort zur Verfügung. Das denkmalgeschützte, 165 Meter lange Gebäude hat eine Gesamtnutzfläche von fast 6500 Quadratmetern.
Was den Raumbedarf betrifft, hat sich das Aktionsbündnis bei Museumsleuten kundig gemacht und unter anderem das Jüdische Museum Fürth besucht. Demnach braucht man für einen Gedenkort samt Lern- und Informationsort eine Fläche von mindestens 2000 Quadratmetern. Es könnten aber leicht auch bis zu 4000 Quadratmetern nötig sein. Dabei berücksichtigt wären neben einer ständigen Ausstellung einschließlich Gedenkraum auch Verkehrsflächen, die Infrastruktur für Besucher — wie zum Beispiel ein Foyer, eine Cafeteria und ein museumspädagogischer Raum — , Räume für die Verwaltung, die Technik und ein Archiv.
Auch über inhaltliche Bausteine beziehungsweise Konzeptvarianten hat man sich beim Aktionsbündnis Gedanken gemacht. Demnach könnte ein künftiger Gedenk- und Lernort, der Denkanstöße geben will, ein Dokumentationszentrum zur Geschichte der Psychiatrie und des Umgangs mit behinderten Menschen, zur Medizin der NS-Zeit in Erlangen und zur "Euthanasie" von Kindern und Behinderten sein, aber auch auf Zwangssterilisation und Zwangsabtreibung eingehen. Nicht zuletzt aber muss auch etwas über die "Hupfla" gesagt werden — etwa als "Verwahranstalt" und als Ort des Pflegens und Heilens.
Wenn man die Psychiatriegeschichte dokumentieren will, sei das Gebäude — das letzte erhaltene Patientengebäude — selbst Teil der Ausstellung, so das Aktionsbündnis. Das Gebäude jedenfalls ist spiegelsymmetrisch, so wie es die gesamte Anlage — die einzige "panoptische" Anstalt Deutschlands — einst war. Die Dimension ist auch heute noch sichtbar. An dem Gebäude, das nun zum größten Teil verschwinden soll.
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