Keine Windwalzen auf dem Dach des Rathauses in Erlangen
26.9.2020, 18:30 UhrWie Planungsreferent Josef Weber auf der jüngsten Sitzung des Stadtrates mitteilte, schmeißt das regionale Unternehmen hin und zieht sein Angebot zurück. Das Unternehmen reagiert damit auf die zum Teil harsche Kritik von Grünen/GL, ÖDP und Klimaliste sowie an einer angeblich unfairen Berichterstattung über das innovative Projekt.
Rückblick: Nachdem in den Rathaus-Etagen reichlich Strom verbraucht wird, gab es die Überlegung einen Teil des Verbrauchs durch Regenerative Energien abzudecken. Neben einer zusätzlichen Photovoltaikanlage, sollte auch eine sogenannte Windwalzen-Anlage eines regionalen Unternehmens installiert werden. Kosten: rund 63 000 Euro. Dennoch liefen vor allem die Umweltparteien Sturm gegen die Anschaffung. Begründung: Es gebe vom Hersteller bislang keinen Nachweis, dass diese Walzen auch tatsächlich funktionieren. Die Windanlage sei eine Luftnummer.
"Wir machen uns lächerlich"
"Wir wissen nicht, was wir kaufen – damit machen wir uns ja lächerlich", kritisierte im Vorfeld Grünen-Stadträtin Birgit Marenbach. Stattdessen plädierte sie dafür, das Projekt solange zu verschieben, bis handfeste und belastbare Daten auf dem Tisch liegen. Auch Prof. Martin Hundhausen von der Klimaliste ließ kein gutes Haar an dem Walzen-Projekt. Er habe große Zweifel, ob diese Art der Windenergieerzeugung überhaupt funktioniert.
Nach dem Rückzug des Herstellers der Windanlage ist das Thema vom Tisch – zumindest vorläufig. Entsprechend war das Entsetzen von Teilen des Stadtrates über den Ablauf der Diskussion, die letztlich zu der Entscheidung des Unternehmens geführt haben. Kurt Höller (CSU) sprach von einer "ideologisch verengten Diskussion". Sein Fraktionschef, Christian Lehrmann, legte noch einen drauf: "Ich find’s erschreckend, welches Bild wir als Stadt abgeben." In Richtung der beiden Klimaschutz-Stadträte sprach er von Rufschädigung, was diese zum Beispiel über die sozialen Netzwerke verbreitet hätten. "Ich bin froh, das frühere Generationen mehr Mut bewiesen haben, sonst würden wir noch in Höhlen leben", sagte er weiter.
Alexandra Wunderlich (ebenfalls CSU) sah sich sogar zu einer persönlichen Erklärung genötigt. "Ich bin echt enttäuscht, wie dieser Vorgang abgelaufen ist. Das darf nicht mehr passieren." Man habe eine Chance vertan. Ihr Appell: "Wir haben uns beim Klimaschutz viel vorgenommen, dafür braucht es Mut."
Kritik für das Diskussionsverhalten der beiden Klimaschutz-Stadträte gab es vom Kooperationspartner SPD. Wörtlich sagte Philipp Dees, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Stadtentwicklung, Wohnen und Bauwesen: "Sie pöbeln hier herum, wenn man nicht ihrer Meinung ist."
Der Vorwurf des Windwalzenherstellers, die Diskussion sei nur über die Presse geführt worden, sei nicht haltbar, entgegnete Grünen-Stadträtin Eva Linhart. Und ihre Fraktionskollegin Tina Prietz ergänzte: "Wir haben nicht gesagt, dass wir grundsätzlich gegen das Projekt sind."
Offen erleichtert zeigte sich Joachim Jarosch (ÖDP): "Es ist gut, dass wir jetzt keine 63 000 Euro ausgeben." Die Stadt sei kein Venture Capital-Geber für Start-ups.
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