Uniklinikum wehrt sich gegen Aus für Leberprogramm

09.10.2013, 00:00 Uhr
Uniklinikum wehrt sich gegen Aus für Leberprogramm

© Böhner

Herr Iro, Ihr Haus will vor dem Verwaltungsgericht gegen den ministeriellen Bescheid klagen. Weshalb?

Heinrich Iro: Wir haben mehrfach dargelegt, weshalb wir aus medizinischer Sicht mit Blick auf unsere Historie und die angestellten Untersuchungen zweier unabhängiger Expertengremien nicht nachvollziehen können, warum gerade unser Lebertransplantationszentrum geschlossen werden soll. Schließlich werden uns allseits gute Strukturen attestiert. Dass die beiden geringfügigen Richtlinienverstöße, die bei uns moniert wurden, nicht relevant sind, wurde uns bescheinigt. Was wir vermissen, sind transparente Kriterien, an denen dann alle Transplantationszentren gemessen werden. Daher wollen wir — wie im Rechtsstaat vorgesehen — als letztes Mittel per Klage prüfen lassen, ob der Bescheid überhaupt juristisch tragfähig ist.

Mit welchem Ziel wehrt sich das Uniklinikum gegen die Schließung des Lebertransplantationszentrums?

Heinrich Iro: Im Namen des Klinikumsvorstandes muss ich als dessen Vorsitzender aus zwei Gründen handeln: aus Verantwortung für das Klinikum und aus Verantwortung für die uns anvertrauten Patienten in der Metropolregion Nürnberg, dem zweitgrößten Raum in Bayern. Für Letztere, die schwer krank auf ein Organ warten, bemühe ich mich darum, die exzellente wohnortnahe Versorgung zu erhalten. Gerade für Notfallpatienten kann es überlebenswichtig sein, dass ein Transplantationzentrum in der Nähe ist. Außerdem darf man die psychologische Komponente nicht vernachlässigen. Will man es den Familien der Transplantierten zumuten, über Wochen hinweg weite Strecken zurückzulegen, um ihren Angehörigen beistehen zu können? Auch für unser Klinikum ist der Fortbestand des Leberprogramms wichtig. Schließlich haben wir uns bei den HLA-Typisierungen eine Expertise erarbeitet, die für ganz Nordbayern relevant ist. Hintergrund der Analysen ist es herauszufinden, welches Organ für welchen Patienten passt. Die Aufgabe übernehmen wir für die Uniklinika Würzburg und Regensburg (deren Lebertransplantationszentren neben dem der LMU München nicht geschlossen werden sollen, d. Red.)

Gegen wen richtet sich die Klage?

Heinrich Iro: Wir klagen gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Gesundheitsministerium, das den Bescheid im Einvernehmen mit dem Wissenschaftsministerium erlassen hat.

Welche Punkte im Schließungsbeschluss erscheinen Ihnen vor allem beanstandenswert?

Heinrich Iro: Ein Grund, der für die Schließung unseres Zentrums angeführt wird, ist, dass wir zuletzt wenige Lebern transplantiert haben. Was nicht gesagt wird, ist, dass die Spendebereitschaft seit dem Organspendeskandal stark zurückgegangen ist. Folglich ist die Zahl der Transplantationen insgesamt rückläufig. Zudem werden uns die zu transplantierenden Organe zugewiesen. Wir haben also keinen Einfluss darauf, wie viele Organe wir transplantieren können. Unabhängig davon ist unsere Warteliste die zweitlängste in Bayern. Das zeigt, wie wichtig unser Zentrum ist.

Wie sollen sich die 52 Patienten verhalten, die auf der Erlanger Warteliste für eine Spenderleber stehen?

Heinrich Iro: Niemand aus der Metropolregion Nürnberg muss sich jetzt an ein anderes Transplantationszentrum wenden, zumal unsere Klage aufschiebende Wirkung hat und deshalb offen ist, ob und wenn überhaupt, wann unser Lebertransplantationszentrum schließen muss.

Verunsicherte Patienten können sich unter Telefon 85-45069 an die Lebersprechstunde wenden.

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