Erlanger Oberbürgermeister setzt auf seinen Amtsbonus

25.2.2008, 00:00 Uhr
Erlanger Oberbürgermeister setzt auf seinen Amtsbonus

© André De Geare, privat

Und in der Sache gibt es natürlich Unterschiede, wenn die Bandbreite von der CSU bis zur Erlanger Linken reicht. Letztere Gruppierung ein Verein, der sich als neues Sammelbecken traditioneller Linker (aus der DKP), unzufriedener Gewerkschafter, abgefallener Sozialdemokraten und politisierter Mitarbeiter der Hartz-IV-Gegner aus dem Sozialforum versteht.

Zwischen diesen Polen die in den letzten Jahrzehnten Marksteine setzende SPD, die Erlanger Variante der Grünen, die Grüne Liste, die FDP (die als derzeitiger «Regierungspartner» der CSU auch gleich auf einen Gegenkandidaten bei der OB-Wahl verzichtete) sowie die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), die während der Legislaturperiode zahlenmäßig durch zwei Zugänge aus dem SPD-Stadtratslager zu Fraktionsstärke wuchs. Die Freien Wähler stellten zuletzt eine Vertreterin. Alles in allem: eine solide «bürgerliche Mitte» aus CSU, FDP und FWG.

Zwar gibt es auch in Erlangen einen klassischen Zweikampf zwischen dem Amtsinhaber, Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU), und seiner Widersacherin Ursula Lanig (SPD), doch würde in der Hugenottenstadt niemand in den Ring steigen, ohne die beiden anderen, den Grünen Helmut Wening und die ÖDP-Stadträtin Jutta Helm, zu nennen. Das liegt schon allein daran, dass Balleis eingedenk seines unbestrittenen Amtsbonus’ mit großer Geste freundlich bleibt auch dann, wenn er schwer angegangen wird. Man hat den Eindruck: Der ist nicht zu erschüttern, der weiß, dass er es wieder wird.

Das reizt natürlich die 54-jährige SPD-Gegenkandidatin Lanig, die keine Gelegenheit auslässt, an der Erfolgsstatistik des gleichaltrigen Amtsinhabers zu kratzen. Sei es mit dem Verweis auf eine keineswegs makellose Schuldenbilanz, sei es mit dem Vorwurf, er habe bei der Bewältigung dringender Probleme der Stadt weder Konzept noch Vision, versage beispielsweise in der wichtigen Verkehrspolitik mangels Mut zu neuen (Stadtbahn-)Konzepten.

Balleis hingegen verweist beharrlich und detailverliebt auf die Erfolge bei der Ansiedlung neuer Unternehmen, wissenschaftlicher Einrichtungen und (oft medizinischer) Dienstleistungsbetriebe. Dem Ruf Erlangens als «Medical Valley» lässt er Pflege angedeihen wo es nur geht, und dass die Zahl der Arbeitsplätze auf weit über 90 000 gestiegen ist, rechnet er sich auch persönlich zugute.

Wohl auch getrieben durch die kompetente Kritik seiner Gegner an den (vermeintlichen) Schwachstellen seiner Politik nimmt Balleis längst das «S» in der CSU wichtig, verweist immer wieder auf die Familienfreundlichkeit der Stadt, hat die Bildungspolitik als Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit definiert.

Als Schwachstelle hat die Kulturpolitikerin Lanig ihr «Lieblingsfach» entdeckt und triezt Balleis, wo es geht: mit einer unbewältigten Museumsfrage, mit einer prekären Finanzierung wichtiger Festivals und damit, dass Balleis immer öfter Sponsoren benötigt, um das «Grundnahrungsmittel Kultur» frisch und bezahlbar zu halten. Aber Balleis wehrt sich mit einem klassischen Mittel - dem Verweis auf eine Haushaltslage, die allzu hochfliegende Pläne als unrealistisch erscheinen lässt.

Und bei aller politischen Auseinandersetzung weiß auch er, dass der wohl mächtigste Gegner oder Partner der jeweiligen Kommunalpolitik in Erlangen nicht so sehr in der formierten Politik zu finden ist, sondern in der Bürgerschaft. Die Erlanger Arcaden, ein großes Einkaufszentrum im Herzen der Stadt, hat er mithilfe der Bürger durchsetzen können, den Verkauf der Stadtwerke haben sie ihm aber verweigert.

Das also ist das politische Klima, in dem ein ebenso eloquenter wie fleißiger und hinhörender Amtsinhaber Siegfried Balleis nicht so leicht politische Lackschäden erhalten wird. Zumal er - geschickterweise - keine Gelegenheit auslässt, seinen beliebten SPD-Amtsvorgänger Dietmar Hahlweg als Zeugen seiner eigenen Politik zu zitieren. Die Botschaft soll lauten: Seht her, Leute, die Kontinuität bin ich!

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