Wie die Kirche zu ihrer prägnanten Form kam
125 Jahre Johannis-Kirche: Forchheimer Protestanten feiern ihr Gotteshaus
6.12.2021, 11:00 UhrAuch die Corona-Pandemie hat den Festtag nicht trüben können. Die Johanniskirche ist so gut besucht, wie es die Umstände zulassen. Vorne predigt einer, der schon einmal zwischen 1995 und 2004 als Pfarrer hier gewirkt hat: Klaus Stiegler ist inzwischen Regionalbischof in Regensburg und hat zur Feier des Tages nicht nur Ehefrau Doris, sondern auch die gemeinsamen Kinder Jakob, Jonas und Anna mitgebracht.
Auf der Empore sorgen Dekanatskantorin Stephanie Spörl an der Walcker-Orgel, Trompeter Bernd Dehmel aus Hausen und ein kleiner liturgischer Chor für musikalische Akzente. Als Blickfang dient ein gerade erst restaurierter Silberkelch, den die evangelische Gemeinde Baiersdorf ihren Schwestern und Brüdern im Glauben in Forchheim 1852 geschenkt hat. Damals als man noch in der Gereonskapelle betete.
Auf Grund der Archivrecherchen des Kirchenpflegers Günter Hörner weiß man inzwischen auch, warum die Johanniskirche so große Ähnlichkeit mit der Katharinenkirche in Reutlingen hat. Auch dort ragt der spitze Glockenturm des neugotischen Gotteshauses weit hinauf in den Himmel. Denn einer der großzügigen Spender für den Kirchenbau unweit des Bahnhofes war Albert Schaal, Firmenchef der benachbarten Knochenfabrik Seltsam.
Er stammte aus Reutlingen und wollte in seiner neuen Heimat Forchheim einen vertrauten Anblick um sich. Hörner ist es auch, der seinen Namensvetter Pfarrer August Friedrich Hörner spielt, den ersten Pfarrer der Johanniskirche. So erfährt man mehr über die Mühen und die Gelder, die der Kirchenbau gekostet hat.
Das Ehepaar Klaus-Dieter (geb. 1931) und Dora Lange (geb. 1930) verbindet mit der Johanniskirche eine kuriose Geschichte. Das kommt daher, dass beide aus ihrer niederschlesischen Heimat evakuiert worden sind. Dabei konnte er wegen der heranrückenden Front und der Flucht gen Westen in Neuensalz nicht mehr konfirmiert werden. Wobei sich Lange erinnert, dass er als Mitglied der Hitlerjugend am Sonntagvormittag „Dienst“ hatte. Zwei Stunden Fahnenzug und Marschmusik statt des Gottesdienstes. Sie wiederum hatte in ihrem Heimatdorf Zirkau im Kreis Sprottau überhaupt kein Gotteshaus.
Als sie im März 1945 mit dem Zug in Forchheim ankommen, werden sie im tiefkatholischen Thurn untergebracht. Hier gründen die Flüchtlinge und Vertriebenen sogar einen Gesangverein und eine Theatergruppe. Ein paar Mal geht man in die evangelische Kirche nach Hemhofen. Doch beruflich orientiert man sich nach Forchheim.
So findet beider Hochzeit 1955 auch in der Johanniskirche statt. Ihr Sohn Rainer (geb. 1955) wird sich, wie später sein Bruder Dieter (geb. 1969), dem CVJM Forchheim anschließen. Seine Begeisterung geht sogar soweit, dass er nicht mit den Eltern in Urlaub fährt, sondern mit „seinen Freunden“, einer Jugendgruppe um den Organisten Sighart Siedentop, einen Ausflug an die Ostsee unternimmt.
Freilich sind die Langes keine strenggläubigen Kirchgänger. „Ich sagte dem Pfarrer, dass er mich nicht oft zu Gesicht bekäme. Aber wenn er Hilfe bräuchte, könne er auch mich zählen.“ Als ehrenamtliche Helfer engagierte sich Klaus-Dieter Lange zwölf Jahre für den Kindergarten. „Damals war Klaus Stiegler Pfarrer, der war klasse.“
Der Seelsorger sei viel mit dem Rad unterwegs gewesen, habe sich immer Zeit für ein Gespräch genommen, so Dora Lange. „Die Gemeinde war wie eine erweiterte Familie.“ Als die Langes in Burk wohnen, tragen sie dort alle zwei Monate den Gemeindegruß aus und gratulieren den älteren Protestanten zu Geburtstagen. Dora Lange gehört zudem seit 1970 der Frauengruppe an, die sich unter der Leitung von Vera Gronenberg, Erna Bendheimer und Hildegard Haupt drei Jahrzehnte lang trifft.
Als jungen Menschen hat Klaus-Dieter Lange Kirche kaum interessiert. Doch mit 65 Jahren will er endlich die 1945 ausgefallene Konfirmation nachholen. „Als alter Mensch hast du mehr Zeit nachzudenken.“ Erst aber gilt es, die Taufe nachzuweisen. Auf Grund der Zerstörung der Kirche und der Vernichtung der Unterlagen in Neuensalz nach dem Einmarsch der Roten Armee scheint es unmöglich.
Freilich lässt Pfarrer Jürgen Dolling nicht locker. Schließlich kommt es 1996 zu einer kleinen Feierstunde, nicht etwa im Kirchenschiff, sondern in der Sakristei von St. Johannis. Nur ganz wenige Menschen sind dabei, als sich endlich der Kreis schließt. „Es war die richtige Entscheidung.“
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