Auto, ade? Radfahren in Forchheim soll attraktiver werden

Ulrich Graser

Stv. Redaktionsleiter, Nordbayerische Nachrichten für Forchheim und Ebermannstadt

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27.9.2019, 06:00 Uhr
Auto, ade? Radfahren in Forchheim soll attraktiver werden

© Foto: Giulia Iannicelli

In der ersten AG-Sitzung war eine gewisse Aufbruchstimmung zu spüren. Zur AG Radverkehr waren Vertreter des Fahrradclubs ADFC gekommen, außerdem vom Verkehrsclub VCD, vom Landratsamt, der Polizei, der Stadtverwaltung und aus dem Stadtrat. Die Fraktionschefs von CSU, FGL und SPD sprachen sich unisono dafür aus, das Fahrradfahren in Forchheim attraktiver zu machen. Möglicherweise wird Forchheim der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern beitreten. Dafür braucht es aber erst einmal ein Verkehrskonzept.

Dieses Konzept ist in Auftrag gegeben beim Münchner Verkehrsplanungsbüro "Gevas — Humberg & Partner". Geschäftsführer Christoph Hessel trug vor, was "noch mindestens das ganze nächste Jahr über" geschehen wird.

Rund 10 000 Forchheimerinnen und Forchheimer werden in einer Haushaltsumfrage nach ihrem Mobilitätsverhalten befragt. 500 Kunden der Innenstadt werden interviewt. Es wird Verkehrszählungen geben, Befragungen im Straßenraum, eine Bestandsaufnahme und Bewertung der Infrastruktur, nach Verkehrsmitteln getrennt, und es wird eine Stärken-/Schwächen-Analyse erstellt, um den Handlungsbedarf kenntlich zu machen.

 

Am Ende, so Hessel, könnte die Optimierung des Öffentlichen Nahverkehrs stehen, die "Stärkung der Nahmobilität", mehr Barrierefreiheit sowie ein besseres Rad-Schnellwege-Netz zu den Nachbarn.

Sein Büro, so Hessel, habe eine "hohe Umsetzungsorientierung und einen Machbarkeitsanspruch". Soll heißen: Was wir vorschlagen, könnte auch umgesetzt werden, den politischen Willen vorausgesetzt. Am politischen Willen mangelt es derzeit nicht. Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) formulierte klare Wünsche: "Das Thema Radverkehr ist mir wichtig, ich möchte es stärker in den Mittelpunkt rücken." Er habe die Vision: "Mit dem Fahrrad muss es in Forchheim schneller gehen, von A nach B zu kommen als mit dem Auto." Es müsse "Sinn machen, mit dem Fahrrad zu fahren" und daher sei zu überlegen, "den Radlern bei Ampelschaltungen eventuell Vorrang zu geben".

Die (für Radler oft nachteilige) Ampelschaltung an Kreuzungen wie etwa am Kersbacher Kreuz stellt für die Radlerlobby des ADFC ein ständiges Ärgernis dar, wie etwa Gerhard Krahl und Manfred Fluhrer-Zumstein deutlich machten. Nun scheint das Pendel in die andere Richtung auszuschlagen, wie auch Werner Schaup vom Tiefbauamt vorschlug: "Wir haben so lange die Autofahrer privilegiert." OB Kirschstein: "Es ist ein Wertewandel, der hier stattfindet. Früher stand das Auto im Mittelpunkt der Verkehrsplanung." Verkehrsplaner Christoph Hessel: "Es gibt Kommunen, die beginnen, die Wertigkeit bei Ampelschaltungen zugunsten von Radfahrern zu verändern." Jürgen Koch vom ADFC stellte fest: "Eine Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer stünde uns als AG Radverkehr sehr gut."

Gerhard Krahl meinte, gestützt auf US-Studien: "Wir haben ein Radfahrerpotenzial von 70 Prozent der Einwohner." Es müsse nur durch eine attraktivere Infrastruktur aktiviert werden. Udo Schönfelder (CSU) sprach sich dafür aus, an geeigneten Kreuzungen mit Ampeln Aufstellflächen für Radler zu schaffen, also Wartezonen für Zweiräder direkt an der Kreuzung, vor den Autos.

Manfred Fluhrer-Zumstein schlug vor, "Countdown-Zähler" zu installieren, so dass der Radler erkennen könne, wie lange er noch zu warten habe. Auch reine Fahrradstraßen wurden ins Spiel gebracht. Annette Prechtel (FGL) sagte, auf dem Weg zur Sitzung sei sie als Radlerin an einer Ampel trotz Grünlicht von einem Auto fast überfahren worden, weil der Fahrer bei Rot noch "einfach durchgebrochen" ist: "Wir müssen ein anderes Klima für Radler schaffen." Dazu, sagte Reiner Büttner (SPD), sei es nötig, auch in der AG Radverkehr "mit einem gegenseitigen Vertrauensvorschuss" an die Aufgabe heranzugehen.

Reinhilde Steinmetz hat bereits mit der Verbesserung der Infrastruktur begonnen. Sie stellte im Rahmen eines Bundesförderprogramms den Antrag, am Bahnhof Sammelschließanlagen (für je 30 Räder) aufzustellen, die per App zu bedienen sind. Die heutigen Stellplätze seien viel zu wenige und ungesichert. Möglicherweise, so ihre Kollegin Rotraud Krüger, werden die sechs stadteigenen, blauen, absperrbaren Radboxen vom Parkhaus Kronengarten ebenfalls an den Bahnhof verlegt. Sie wurden vorwiegend entweder gar nicht oder für Müllablagerungen gebraucht. Als Teil der AG fahrradfreundliche Kommunen könne man viel von anderen lernen, sagte Reinhilde Steinmetz. ADFC-Vertreter Gerhard Krahl stimmte zu: "Ich staune nur, was woanders möglich ist."

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