Brenzlige Abwassersituation: In Hallerndorf steht die Uhr auf fünf nach zwölf
13.5.2021, 17:24 UhrLäuft alles gut, verschwindet das Abwasser einfach im Abguss, in der Toilette, in der Kanalisation. Weg ist es und auf dem Weg zur Kläranlage, ganz gleich, was mit diesem Wasser noch mit heruntergespült wird. Doch auch wenn es nicht gut läuft, kriegen die meisten Einwohner davon nichts mit. Dann ackern die Mitarbeiter der Kläranlage im Abwasserzweckverband, dass die Bakterien bei ihrer Arbeit nicht gestört werden.
+++ Hallerndorf: Die Kläranlage steht vor dem Kollaps. +++
Um die Schmutzfracht des eingeleiteten Abwassers zu bestimmen, ist der sogenannte CSB-Wert wichtig. Dieser gibt die Menge an Sauerstoff an, die benötigt wird, damit alle im Wasser enthaltenen organischen Verbindungen durch chemische Oxidation abgebaut werden können.
Probleme haben sich angestaut
Dieser Wert ist über die Jahre hinweg relativ gleich geblieben, referierte Bürgermeister Gerhard Bauer auf der außerordentlichen Sitzung des Gemeinderates zum Thema Abwasser. Als vor gut 30 Jahren der Abwasserzweckverband Eggolsheim-Hallerndorf gegründet und die gemeinsame Kläranlage des Abwasserzweckverbandes gebaut wurde, richtete sich deren Größe nach der damaligen Größe der beiden Gemeinden.
Doch in den vergangenen Jahren stauten sich – im wahrsten Sinne des Wortes – einige Probleme an. So kam es durch massiven Befall von Fadenbakterien zu einer Havarie in der Kläranlage (wir berichteten), und kurz vor Ostern konnte eine weitere Havarie gerade noch abgewendet werden. Persönlicher Zwist solle ausgeblendet werden, bat Bürgermeister Bauer die Gemeinderäte: "Jetzt ist Zeit für Sachlichkeit."
Knoten entwirren?
Es sind drei Bausteine, aus denen sich der komplexe Sachverhalt rund um die Kläranlage zusammensetzt, versuchte sich Bauer an einer Entwirrung des Knotens. Zum einen müsse die Kläranlage ausgebaut werden. An dem dafür geplanten Konzept für den Ausbau mit den geschätzten Kosten von sechs Millionen Euro wird seit gut einem Jahr gearbeitet. Gleichzeitig versuchen die beiden Gemeinden, die damit verbundenen Investitionskosten nach Schmutzfracht und anderen Parametern gerecht aufzuteilen: "Daran sind beide Gemeinden interessiert", versicherte Bauer.
+++ Was tun im Hallerndorfer Abwasserstreit? +++
Doch erst wenn eine Einigkeit über den Umlageschlüssel für die Investitionskosten erzielt ist, weiß Hallerndorf, welchen Anteil die Kommune schultern muss und welche Beiträge schließlich von den einzelnen Bürgern und Gewerbebetrieben zu zahlen sind.
"Es war nie die Rede davon, dass die Bürger alles zahlen"
Auch für die Betriebskosten steht die Einigung über den Umlageschlüssel noch aus: "Es war nie die Rede davon, dass die Bürger alles zahlen", so Bauer. Doch zuvor müsse eine neue Satzung alles genau aufschlüsseln. Ingenieur Stefan Meschke vom Ingenieurbüro Meschke liefert dafür die entsprechenden Zahlen. Sobald die Verhandlungen darüber abgeschlossen sind, welchen Anteil die jeweilige Kommune trägt, könne über Beiträge und Gebühren in der Gemeinde selbst entschieden werden. Die CSU hatte unlängst moniert, dass ein Starkeinleiter gesondert zu den Kosten herangezogen werden müsse.
Der zweite Baustein ist die Havarie selbst. Die Fadenbakterien 021N haben dafür gesorgt, dass die Biologie der Kläranlage nicht mehr funktioniert hat. Ursache dafür waren leicht abbaubare CSB und Schwefelverbindungen. Da jedoch der CSB-Wert aus Hallerndorf zwar hoch, doch recht konstant über all die Jahre hinweg war, fanden die Fachleute die Ursache dafür im angefaulten Abwasser. Das hatte sich in den Leitungen und im Kanalsystem gestaut. "Hier bestehen seit vielen Jahren Wartungsdefizite", bestätigte Gerhard Bauer. Das Leitungsnetz ist daher der dritte Baustein des gesamten Problems.
Was mit dem Spülwasser passiert
Aus einem Teilabschnitt wurden beispielsweise 15 Kubikmeter Feststoffschmutz entfernt, weitere Abschnitte müssen noch gereinigt werden. Die Entsorgung des Spülwassers lehnte der Abwasserzweckverband ab, so dass es nach Adelsdorf gebracht werden musste. An der Havarie trägt Hallerndorf mindestens eine Teilschuld, räumte der Bürgermeister ein. Überhaupt wurde in neun Sitzungen der letzten Zeit über das Thema Abwasser debattiert.
Warum der CSB-Wert in Hallerndorf so hoch sei, wollte Angelika Pfister (CSU) wissen und vermutete den sogenannten Starkverschmutzer als Verursacher. "Das Gewerbe soll dafür zahlen", fand die Gemeinderätin. Mathias Erlwein (CSU) fordert ebenfalls, dass die Verursacher stärker an der Umlage beteiligt werden sollten: "Wir können das den Bürgern nicht auflasten." CSB entstehe überall dort, wo Lebensmittel verarbeitet werden, erklärte hingegen Claudia Kraus (WG Trailsdorf). Hallerndorf solle stolz darauf sein, dass es derartige Betriebe im Gemeindegebiet gibt.
Havarie, Erweiterung und Kanalnetz: Drei unterschiedliche Themen
In der darauf folgenden Diskussion wies Robert Linz (WG Trailsdorf) noch einmal darauf hin, dass Havarie, Erweiterung der Kläranlage und das Hallerndorfer Kanalnetz drei unterschiedliche Themen seien. "Das Kanalnetz ist bestimmt in den letzten zwanzig Jahren nicht gereinigt worden", bestätigte Reinhold Ruschig (WG Schnaid/Stiebarlimbach). "CSB ist nicht giftig", erklärte Joachim Bauer (WG Hallerndorf), die guten Bakterien in der Kläranlage bräuchten es. Erst wenn das Abwasser über längere Zeit steht, beginnt es zu faulen und die Fadenbakterien wachsen. Schlussendlich waren sich alle einig: Die Gebühren müssen gerecht zwischen Hallerndorf und Eggolsheim aufgeteilt werden.
Gegen Ende der Sitzung verlas Bürgermeister Gerhard Bauer noch einen Brief des Abwasserzweckverbandes. In diesem wird die Gemeinde Hallerndorf aufgefordert, die Zulaufbelastung der Kläranlage zu verringern, um eine weitere Havarie zu vermeiden. Andernfalls bestünde die Gefahr, den biologischen Reinigungsprozess der Kläranlage zu überlasten und einen Schaden für die Umwelt zu verursachen. Die dafür gesetzte Frist für den Vollzug setzt der Abwasserzweckverband auf den 12. Mai fest – also gestern. Die Details zu dieser Diskussion wurden anschließend in der nichtöffentlichen Sitzung verhandelt.
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