Die Altstadt weint: Megafoniker rühren Fans zu Tränen

30.06.2014, 06:00 Uhr
Die Altstadt weint: Megafoniker rühren Fans zu Tränen

© Roland Huber

Das AltstadtFETZT schwelgte am Freitag in Erinnerungen mit Forchheimer Band-Legenden und gab am Samstag wilden Nachwuchsmusikern eine Chance. Nur das Wetter machte den vielen Ehrenamtlichen bei ihrer „Sommer-Partytime“ auf und neben der Kulturbühne einen Strich durch die Rechnung. Einen größeren Kontrast hätte man sich gar nicht vorstellen können. Ein lauschiger Freitagabend, auf der Bühne bereitet die Jam-Session-Gruppe „The Jamily“ um Frontsängerin Kati Ritter den Boden. Dicht gedrängt stehen rund 450 Zuhörer, um alte Erinnerungen aufleben zu lassen. Dann tauchen nach sechs Jahren Konzertpause die „Megafoniker“ wieder auf.

Zuletzt sah und hörte man die Megafon-„Hausband“ beim Annafest 2008. Dann wurde es ruhiger um Bernhard „Heizer“ Lauger (Keyboard), Simon Michael (Schlagzeug), Christian Schönfelder und Norbert „Nobbi“ Pötschl (Gitarre), Reiner „Flatter“ Hetterich (Bass), Martina Voigt (Gesang) und Robert Hübschmann. Der Megafon-Vorsitzende ist eines der Markenzeichen der Formation, weil er ABBA- und Police-Nummern mit Kopfstimme verzaubert. Und nicht nur die Bee Gees oder Prince, wo sich das anbietet. „Wir spielen nicht nur nach, sondern überraschen auch mit eigenen Cover-Arrangements.“ Viele Gäste seien zu Tränen gerührt gewesen, erzählt Ulli Raab, der als King Alladooch die „Megafoniker“ von Anfang an kennt.

Am zweiten Abend sieht es erst einmal gar nicht danach aus, als ob überhaupt ein Ton gespielt würde. Dauerregen lässt aus dem AltstadtFETZT fast ein AltstadtNÄSST werden. Trotzig übernehmen „Le Poisson“ die undankbare Aufgabe, vor fast leeren Rängen mit ihrem Melodic Rock der Wassermusik und dem Fußball-Achtelfinale etwas entgegenzusetzen. Vielleicht liegt es ja am französischen Bandnamen, der „Fisch“ bedeutet, dass Sängerin Svenja Rid und ihre Erlanger Kollegen Michael Le Noir (Gitarre), Helmut Kraus (Bass) und Chris Högn (Schlagzeug) sich wohlfühlen.

Bei ihrer Premiere in Forchheim krankt das Quartett allerdings daran, dass der Ersatzdrummer hörbar Schwierigkeiten mit der rhythmischen Präzision hat. Ein Schicksal, das „Overcrowded Elevator“ aus Erlangen nicht heimsucht. Sänger Alexander Scholta, übrigens aus Forchheim, sowie Daniel Klemann und Werner Thienemann (Gitarren), Sebastian Frank (Bass) und Joachim Borger (Drums) proben die Woche über im Keller und benutzen dabei für ihr Equipment den Fahrstuhl, was früher oder später den Bandnamen erklärt. Ihre rasanten Balladen von der Liebe und anderen Abenteuern sind sehr, sehr weit weg von Fahrstuhlmusik und lassen so langsam deutlich werden, warum es AltstadtFETZT heißt.

Einer der qualitativen Höhepunkte des AltstadtFETZTs ist der Auftritt der Nürnberger Indie-Pop-Punk- Rock-Band „My Flint“. Stephan Killermanns Stimme schlägt die Funken, mit denen das Publikum auf Betriebstemperatur gebracht wird. Marco Maccioni (Gitarre), Hannes Auerochs (Schlagzeug) und Jens Wagner (Bass) setzen rhythmisch nach und erzählen vom „Ivory Heart“, das gerade den paarweisen Nachtschwärmern gefühlvolle Minuten bereitet. Wie die Wahnsinnigen lassen „Insanity“ den Innenhof mit heftigem Hardrock und noch „harderem“ Heavy-Metal erbeben. Für Headbanging-Anhänger haben Leadsänger Michel Lindenberger (Hausen) und die irrsinnig gut aufgelegten Jungs Metallica- und Judas Priest-Juwelen mitgebracht.

Ihre laut-starken Texte schlagen aber auch Schneisen in die Zuhörermengen, die sich gerade erst vom Wetter erholt hatten. Die ekstatischen Gitarristen Benjamin Secknus (Baiersdorf) und Christian Schmidt (Kersbach), sowie Schlagzeuger Frank Paulus (Forchheim) lassen es auch ohne Gewitter ordentlich krachen.

Die 60er Jahre gefeiert

Als Headliner zum Abschluss dürfen „Beatfrog“ (Nürnberg) optisch und akustisch die 60er Jahre hochleben lassen. Nicht nur, weil Schlagzeuger Philipp Frank ein original antikes Ringo- Starr-Set vom Forchheimer Musikhaus Bartl bearbeitet. Auch Bassist Michael Sagolla und sein Bruder Tobias an der Gitarre hüpfen zu den Klängen ihres „Frog’n’Roll“, den sie mit Reggae-Elementen und Loop-Effekten aufpolstern. So wie ihr Äußeres durch Mods-artige Lederjacke oder dandyhaft-knallbunte Jacke.

Die Idee, dem Volksfest vor den Toren der Kaiserpfalz im Inneren ein konzertantes Erlebnis gegenüberzustellen, hat sich bewährt. „Wir wollten keine Begleitbands, die Hintergrundmusik spielen, sondern die volle Aufmerksamkeit des Publikums“, so Robert Hübschmann. Das ist in voller Band-Breite gelungen.

 

Keine Kommentare