Ein Heilpädagoge hilft

13.03.2011, 16:05 Uhr
Ein Heilpädagoge hilft

© Molter

Der Ratsbeschluss, mit Finanzierungshilfe des Bundes in dem Quartier zwischen Bammersdorfer Straße und Eisenbahnstrecke die heruntergekommenen Häuser dem Erdboden gleich zu machen und in drei Blöcken neue Sozialwohnungen „für ganz normale Mieter“ (Stumpf) zu schaffen, ist nicht nach jedermanns Geschmack. Die von der FBF-Rathausfraktion angeregte Versammlung lockte in erster Linie Hausbesitzer aus der Hans-Watzlik- sowie der Jean-Paul-Straße an. Die ersteren beklagten sich vor allem über „viel Kinderlärm“ aus zwei Nachbarhäusern, wo alleinerziehende Frauen mit ihren Famlien in sozial angespannten Verhältnissen leben. Diese Mütter und ihre 16 Kinder können allerdings nicht umgesiedelt werden, zum Beispiel in das Haus für Wohnungsnotfälle, das die GWS an der Fritz-Hoffmann-Straße baut und wo nur kleine Räume zur Verfügung stehen.

In der Hans-Watzlik-Straße, lange Zeit auch eine heruntergekommene Adresse, hat man schon in den 90er Jahren einen Imagewechsel vollzogen. Die GWS verkaufte da einige Häuser an Privatpersonen, die sich fortan mit „viel Aufwand und Eigenleistung“ ein schmuckes und gemütliches Eigenheim schufen. „Ich hätte da trotz des günstigen Preises nicht gebaut“, hielt eine Frau mittleren Alters dem OB vor, „hätte man die jetzigen Missstände schon damals absehen können.“ Ihre Nachbarin steht ihr bei: „Ich bin froh, dass ich eine Arbeit habe und zehn Stunden nicht in einem Wohngebiet zubringen muss, wo man verschmutzte Windeln und anderen Unrat einfach vor die Haustür kippt.“

Kritik wegen Kinderlärm

Nun befürchtet man noch mehr. Doch dass auch bei den neuen Sozialwohnungen in der Herderstraße ein ähnlich abschreckender Effekt entstehe, bestreitet der OB. „Da ziehen keine kinderreichen Familien ein.“, so Stumpf. „Wer sich eine solche Wohnung leisten will, muss gut bei Kasse sein.“ Sabine Schulenburg kennt die Probleme und verweist auf soziale Betreuung in den GWS-Häusern. „Wir halten die Leute an, ihren Dreck vor der Haustür wegzuräumen.“ Sie verspricht den Nachbarn: „Funktioniert das nicht, tun wir es.“

Ob aber Müttern und Kindern mit einer „psychologischen Anleitung“ der Stadt zur Sauberkeit geholfen ist, die in der Versammlung empfohlen wurde, lässt der OB lieber offen. Immerhin hat Otwin Schneider im Rathaus auch schon andere Vorschläge gemacht. Und zudem mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden losgelassen. Schneiders „sehr übertriebene Vorwürfe“ lösten beim OB einen Zornesausbruch aus. „Ich bin doch nicht ihr Fußabstreifer“, donnerte das Stadtoberhaupt ins Bürgerzentrum.

Bei der ganzen Aktion der Umsiedlung der Herderstraßen-Bewohner spielt Christian Koschmieder eine wichtige Rolle. Der gelernte Heilpädagoge wurde von der Arbeiterwohlfahrt als Sozialbetreuer angeheuert. Koschmieder hat auch einen Hund, der ihn auf seinen Touren durch die Nordstadt begleiten wird. „Seine Aufgabe ist es, Menschen in schwierigen Lebenssituationen den Weg zurück in die Gesellschaft zu ebnen“, betonte Awo-Geschäftsführerin und SPD-Ratsfrau Lisa Hoffmann. Um die Familien in der Hans-Watzlik-Straße kümmert sich zwar das Jugendamt. Koschmieder ist auch dort Beistand.